Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)
ist kein Geschäft«, entgegnete Tom. »Es ist, als würde man ein Konzentrationslager stürmen.«
»Herrgott«, schnaubte Weller.
»Nein, Weller«, entgegnete Mellie. »Da hat er recht. Aber, Tom, diese Leute sind zum Tode verurteilt. Wenn wir Erfolg haben, können vielleicht ein paar überleben. Viele werden es nicht sein, aber wir haben keine andere Wahl. Du bist Soldat. Erzähl mir nicht, dass du nie auf feindliche Stellungen geschossen hast, obwohl Zivilisten in der Nähe waren.«
Jedenfalls nicht als Mittel der Wahl. So lautete der Befehl, obwohl der Captain eine andere Tonart anschlug, nachdem sein Sergeant durch einen Hinterhalt getötet und ein zweiter verwundet worden war. Tom hatte die Panzerabwehrrakete nicht abgefeuert, das war nicht seine Aufgabe. Aber er hatte gesehen, wie das Haus einstürzte, und später die drei in blutige Laken eingewickelten toten Kinder. Der Vater war auch tot, ebenso wie die vier Taliban, die sich dort verschanzt hatten. Von diesem Haus aus würde niemand mehr schießen.
Jetzt sagte er: »Bei solchen Angriffen hatte ich nicht das Kommando, aber in diesem Fall schon. Wenn wir das durchziehen, bin ich verantwortlich.«
»Wir sind im Krieg«, sagte Weller, als wäre das Erklärung genug. »Wir gegen die Chuckies. Wir gegen Rule. Dieses Bergwerk zu sprengen ist der erste Schritt.«
Harte Entscheidungen. Kollateralschaden. Mellie und Weller hatten eine Schwäche für Schlagwörter. »Was ist mit den Leuten, die keiner fragt? Die im Bergwerk gefangen sind und nicht rauskönnen?«
Weller fluchte, dann schüttete er den Kaffeesatz in den Schnee. »Ich diskutiere darüber nicht mehr. Du leitest diese Operation nicht.«
»Du bist aber auch nicht mein Vorgesetzter«, entgegnete Tom.
»Da hab ich aber Schwein gehabt, der dürfte nämlich tot sein, stimmt’s? Ich wette, deine ganze Brigade gibt’s nicht mehr?«
Jedes Wort traf wie ein Hammerschlag. »Was hat das mit irgendwas zu tun?«
»Weil wir als Einzige noch übrig sind. Ich war schon in Vietnam, da haben deine Eltern noch in die Windeln gemacht. Wenn es um Krieg geht, gibt’s nichts, was ich nicht weiß. Du willst Alex wiedersehen? Das ist der Weg dahin.«
»Weller.« Mellie legte dem Alten die Hand auf die Brust. »Wir müssen das zusammen durchziehen.«
»Macht euch meinetwegen keine Sorgen«, sagte Tom beiläufig. Später, wenn er allein war, würde er wahrscheinlich seine Wut irgendwie rauslassen, aber im Augenblick ging es nur um Alex. »Ich mache meinen Job.«
»Dann ist ja gut.« Weller bewegte die Lippen, als würde er am liebsten ausspucken. »Ich nehm’s dir nicht krumm.«
Lügner. Aber Tom hielt den Mund. Er hatte sein Bestes getan. Im Moment wäre jedes weitere Wort, das er hätte sagen können, ein Fehler gewesen.
»Ach, Tom«, sagte Mellie. Sie streckte die Hand nach ihm aus, aber er machte einen Schritt zur Seite, sodass sie ins Leere griff. Für einen Augenblick schwand der Ausdruck des Mitgefühls in ihrem Gesicht, und danach, als sie sich wieder gefangen hatte, wirkte es nicht mehr ganz so überzeugend, als sie fortfuhr: »Wir sitzen doch alle im selben Boot.«
»Klar«, erwiderte er.
68
C indi drehte am Fokussierrad ihres Präzisionsfernglases. »Hm.«
»Was ist?«, fragte Luke.
»Ich glaube … « Ja, jetzt war sie sicher. Die Sonne war noch nicht hinterm Horizont verschwunden, und sie hatte das Licht im Rücken, also konnte sie ziemlich gut sehen. Das Bild gewann an Schärfe. »Weißt du noch, das Chucky-Rudel, die mit den Wolfspelzen? Die sind wieder da.«
»Wirklich? Woher willst du das wissen?«
»Komm her.« Sie wartete, bis er auf dem Bauch herübergerobbt war und durch das Fernglas auf dem Stativ spähte. »Weil da was flattert. Der Wolfspelz ist lose und bewegt sich im Wind. Todsicheres Zeichen. Es ist auch dasselbe Mädchen, nur der Typ neben ihr ist neu.«
»Okay, jetzt sehe ich’s … Wow«, sagte Luke. »Was ist denn mit ihrem Gesicht los?«
»Keine Ahnung.« Entweder hatte das Mädchen den schlimmsten Pickel der Welt oder ein drittes Auge auf der Wange. Und wer war der neue Kerl? Was war mit dem alten passiert? Vielleicht tot. Mann, das wäre voll okay. Je mehr Chuckies ins Gras bissen, desto besser. Außerdem waren diese Wolfsleute doch alle völlig durchgeknallt, so à la Mad Max, mit ihren Wolfshäuten.
»Da sind eine ganze Menge Neue bei den Wolfsleuten«, stellte Luke fest. »Schau mal, was die alles an Waffen haben.«
»Ja, hab ich gesehen.« Schwere Feuerwaffen:
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