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Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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konnte sich eben auf bizarre Weise in die Veränderten einfühlen – als hätte sie einen sechsten Sinn, der immer stärker wurde.
    Weil sie sich veränderte?
    Nein. Noch während sie das dachte, schob ihr Verstand die Vorstellung weit von sich. Nein, es ist zu lange her, und Tom hatte erzählt, dass sein Freund Jim, als seine Veränderung begann, verwirrt war und vieles vergessen hat.
    Allerdings wusste sie bereits, dass kleine Kinder und ältere Leute von der Veränderung verschont geblieben waren und dass sich die Jugendlichen nicht alle gleich schnell verändert hatten. Bei manchen war es sofort passiert, binnen Minuten nach dem Blitz, während es bei anderen Tage gedauert hatte. Möglicherweise war also, wie man sich veränderte, davon abhängig, wer man war. Ein Junge hatte nicht dieselben Hormone wie ein Mädchen; das Gehirn eines Kindes war nicht dasselbe wie das eines Vierzehnjährigen. Und ihr eigener durcheinandergeratener Verstand hatte mit dem eines Normalmenschen so viel gemein wie eine Katze mit einem Orang-Utan.
    Oder der Blitz hatte etwas in dem Monster ausgelöst. Kincaid meinte, man könnte nicht sagen, ob das Monster tot war oder schlief – oder noch lebte, aber sich verwandelte, vielleicht sogar entwickelte. Sich organisierte, so hatte Kincaid es ausgedrückt.
    Aber, mein Gott. Bei der Vorstellung, dass es ein selbstständiges Ding wurde, bekam sie Gänsehaut auf den Armen, und ein kalter Schauer kroch ihr über den Rücken. Wenn das mal nicht unheimlich war. Aber es konnte passieren. Nach ihrer Diagnose hatte sie alles darüber gelesen, was ihr in die Finger kam. Die Bücher von Oliver Sacks waren ihre Bibel gewesen. Deshalb wusste sie, dass bestimmte Tumoren aus für Ärzte unbegreiflichen Gründen zu Wesen wurden: Sie entwickelten Zähne und Haut, bekamen Haare und Knorpelgewebe und Augen, wie kleine Klone des eigenen Ich. Daran zu denken machte sie wahnsinnig.
    Krebsgeschwulste verursachten auch Anfälle, vor allem, wenn immer größere Teile des Gehirns von dem Tumor übernommen, zerquetscht, verdrängt oder weggeschoben wurden. Anfälle konnten außerkörperliche Erfahrungen auslösen, also genau das, was sie erlebt hatte.
    Also bedeuteten ihre verrückten Erfahrungen womöglich nur, dass das Monster eine kleine rote Leuchtkugel abschoss, die das Ende dieses Spiels signalisierte: Noch zwei Minuten, Schätzchen. Was hieß, dass ihr genau dieselben Möglichkeiten offenstanden wie vor dem Beginn dieses Albtraums, als sie im Oktober nach Waucamaw geflüchtet war: Sie konnte im fahrenden Zug bleiben – bis zum Ende der Strecke, wo die Gleise aufhörten – oder abspringen.
    »Aber ich habe gehört, dass es passiert«, fuhr Sharon fort.
    »Was?« Alex war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie mühsam den Gesprächsfaden suchen musste. Wie sie bald merkte, hatte sie keine Ahnung, wovon Sharon sprach. »Was passiert?«
    »Dass Kinderbanden gegen diese Ungeheuer kämpfen. Leuchtet ein, wenn man es recht bedenkt. Die Kinder, die sich nicht verändert haben, sind als Einzige fit genug, um die Chuckies aufzuspüren. Versteh mich nicht falsch – ich kann auch zielen und schießen, aber bei Schnee losziehen, Ski fahren und zelten … « Ihre Lippen verzogen sich zu einem wehmütigen, selbstironischen Grinsen, während sie an einem schlaffen Hautlappen an ihrem Hals zupfte, sodass sich das Muster des Spinnwebentattoos verzog. »Ein bisschen zu viel Fleisch auf den Knochen und viel zu viele Jahre auf dem Buckel.«
    »Was ist mit deiner Gruppe, die Leute, mit denen du gelebt hast?«, fragte Alex. »Haben welche von euch gekämpft? Hattet ihr Kinder bei euch?«
    Sharon richtete den Blick auf die Beschriftung eines anderen Fertiggerichts. »Nicht wirklich. Unsere Kinder – na ja, Enkel vor allem – haben sich alle verändert. Die drei, die es nicht taten, waren praktisch noch Babys. Und wir übrigen waren voll und ganz damit beschäftigt, Essen zu organisieren und Holz zu machen, da haben wir ans Kämpfen nicht gedacht.«
    Unsere Kinder haben sich alle verändert. Sie unterdrückte den heftigen Wunsch, die alte Frau auszufragen, wie genau das vor sich gegangen war und was für Anzeichen es gegeben hatte. Wie mochte es sein, wenn man mit ansah, wie sich die eigenen Enkel veränderten? Was würdest du tun? Sie umbringen? Bestimmt gab es Erwachsene, die es nicht fertigbrachten abzudrücken oder die Hoffnung nicht aufgeben wollten. Wahrscheinlich war es so, wie Larry vor tausend Jahren im Waucamaw

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