Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
Vom Netzwerk:
gegangen waren. Nach der Größe der Schädel zu urteilen, waren manche sehr jung gewesen, Kinder, auch ein paar Babys. Viele waren schon eine ganze Weile tot, ihre Gerippe hoben sich wie Elfenbein vom Schnee ab. Aber seltsamerweise hatten mehrere noch Fleisch auf den Knochen, steinhart gefroren, und das machte ihn stutzig. Ein bitterkalter Winter hieß, dass es jede Menge hungrige Tiere gab. Wer lange genug nagte, hatte seine Mahlzeit. Anscheinend mochten Aasfresser die Überreste der Chuckies nicht.
    Was ihn aber noch weitaus mehr beunruhigte: Man hätte die Knochen nicht sehen dürfen. Noch vor Kurzem hatte es hier einen Schneesturm gegeben, aber Tom sah deutliche Fußspuren, die sogar die Machart der Stiefel erkennen ließen.
    Anscheinend kommen sie immer wieder zu denselben Futterplätzen. Bei dieser Erkenntnis verschlug es ihm den Atem. Die Chuckies waren wie Tiere, die in ihre Höhle zurückkehren, wie Hunde, die unter einem bestimmten Baum Knochen vergraben – und sie waren im Wald unterwegs, so wie er.
    Tja, dachte Tom, ich kann’s nicht ändern. Muss einfach auf der Hut sein.
    In dieser furchtbaren Nacht am Odd Lake hatte der Hund ihm das Leben gerettet, hatte ihn immer wieder mit der Pfote und der Schnauze angestupst, bis er aus seiner Ohnmacht erwacht war. Es dauerte eine Weile, aber irgendwann hatte er sich umgedreht und war auf dem Bauch rutschend übers Eis gekrochen, hatte das Messer als Pickel benutzt, und bei jedem Knacken und Knirschen klopfte ihm das Herz bis zum Hals. Als er den Propellerschlitten erreichte, waren seine Kleider hart wie Bretter, und im Fell des Hundes hingen Eiszapfen. Er zog sich an Ort und Stelle um, schlüpfte aus den gefrorenen Jeans und Socken, dem Hemd und der Thermounterwäsche. Sein Parka lag mit dem alten Kopfgeldjäger auf dem Grund des Sees. Über seine Ersatz-Thermowäsche zog er nun praktisch alle Kleidungsstücke, die er besaß. Zuletzt schüttelte er einen schwarzen Bauschuttsack aus und schnitt in das kräftige Plastikgewebe sorgfältig ein Loch, durch das sein Kopf passte. Jetzt fehlte nur noch der Einkaufswagen, dann hätte er als einer der Obdachlosen durchgehen können, die sich unter Brücken um Mülltonnenfeuer versammelten – was der Wahrheit ziemlich nahe kam.
    Der Hund und er hatten die Nacht zusammengekuschelt in seinem Biwak in einer Grube im Schnee verbracht, wo es windgeschützt war. Ein Feuer zu machen oder den Kocher zu benutzen wollte er nicht riskieren, aber er bereitete sich eine heiße Schokolade aus einer Einmannpackung zu, verwendete Schmelzwasser für das Hitzepack und gab dem Hund warmes Wasser zu trinken. Sie konnten sogar schlafen.
    Der Jäger kam bei Tagesanbruch, wie Tom es geahnt hatte. Er hätte es genauso gemacht. Der Jäger umrundete die eisfreie Stelle zu Fuß, stand dann eine ganze Weile da, suchte das gegenüberliegende Ufer mit dem Fernglas ab, drehte sich in alle Richtungen. Tom und der Hund hockten ein ganzes Stück entfernt in den Schlafsack gewickelt hinter Bäumen. Auf dem Eis konnte Tom den zigarrenförmigen Propellerschlitten ausmachen, der noch da lag, wo er ihn stehen gelassen hatte, und dahinter die dunkle Stelle, das Loch im Eis. Wenn er Glück hatte, würde der Jäger denken, er, Tom, sei auch eingebrochen.
    Schließlich zog der Kopfgeldjäger ab. Jeds Timex zufolge wartete Tom noch eine Stunde. Er hörte nichts außer dem Wispern des Windes, und sehen konnte er auch nichts. Schließlich entschied er sich, es einfach zu riskieren.
    Erst versteckte er den Propellerschlitten, er zog das Gefährt vom Eis und dann lange, lange durch den Wald, bis er zu einem Felshaufen am Fuß eines Wallbergs kam. Die Steine bildeten eine Höhle. Er drehte den Spitfire auf die Seite und schob das Boot durch die keilförmige Öffnung, bis ihm – zu spät – einfiel, dass es in der Gegend ja Schwarzbären gab. Aber niemand kam heraus, um ihn zu fressen. Vielleicht ein gutes Omen.
    Wenn der Jäger zurückkehrte – was er sicher tun würde, denn der Schlitten war etwas wert – , würde er auf den ersten Blick wissen, dass Tom noch lebte. Ein Vabanquespiel, aber Tom musste sich darauf einlassen. Man wusste nie, wann und ob der Schlitten noch mal gebraucht wurde, daher wollte er ihn in einem sicheren Versteck haben, wo er ihn gegebenenfalls auch wiederfinden würde.
    Und er wollte Jed keinesfalls den Aasfressern oder, schlimmer noch, irgendwelchen durchziehenden Chuckies überlassen. Mochte es auch dumm sein und Zeitverschwendung, weil

Weitere Kostenlose Bücher