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Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Ashes Bd. 1 Brennendes Herz

Titel: Ashes Bd. 1 Brennendes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Bescheid sagen.«
    Nathans Miene war abzulesen, dass sie hier mit Argumenten nicht weiterkam. Aber warum hatte Kincaid sie nicht gerufen? Wollte er nicht, dass sie sah, wen er aufgab? Wen er sterben ließ?
    Der Weihnachtsmorgen war eine trübselige Angelegenheit. Die einzigen Geschenke waren die Socken, die Jess für jede von ihnen gestrickt hatte, alles andere wäre Verschwendung gewesen, und Jess meinte, sie sollten sich vielmehr dankbar zeigen, dass sie überhaupt noch lebten. Einerseits fand Alex das echt öde, andererseits war sie auch froh, denn was schenkte man beispielsweise jemandem wie Lena? Vielleicht einen Maulkorb …
    Wegen all der Aufregung hatte man den Kirchgang auf den Nachmittag verschoben, der große Gottesdienst wurde auf dem Kirchplatz abgehalten. Alex schaute, ob sie irgendwo Kincaid entdecken konnte, aber der Arzt war nirgends zu sehen. Auf der Kirchentreppe stand Yeager und hielt eine lange Predigt über unsere Männer von Rule , als wären sie auf einem heiligen Kreuzzug gewesen.
    » Versammelt mir meine Frommen, so spricht der Herr«, rief Yeager, und eine Atemwolke ballte sich in der Winterluft. Er starrte hinunter auf die Reihen der Männer, die in der Nacht zuvor gekämpft hatten und vorne auf Klappstühlen saßen, und dort erspähte Alex auch Chris, Peter und Greg mit einem unförmigen Verband um den linken Bizeps. Es saßen noch etliche andere Jungen da, die überdeutlich von den alten Männern neben ihnen abstachen. » Ich habe meine Starken gerufen, meine hochgemuten, jauchzenden Helden, damit sie meinen Zorn vollstrecken. Ist das nicht die Beschreibung der Männer von Rule? Wir sind die Hüter der Rechtschaffenheit! Die Anhänger des Satans sind zu wilden Tieren geworden, sie tragen das Mal des Kain und den Fluch des Ismael, dennoch bleiben wir die zerschmetternde Rechte des Herrn!«
    Da sie hier in Michigan waren, gab es keine Halleluja-Rufe oder Jubelgesänge, aber Alex sah, wie nicht wenige zustimmend nickten. Dann rief Yeager die Männer zum Segen, und sie fühlte beinahe eine Art heißen Besitzerstolz, als Yeager die Hände auf Chris’ Schulter legte. Als würde Chris in irgendeiner Weise ihr gehören und deshalb sein Sieg auch ihrer sein. Als Chris dann aufstand und sich umdrehte, glitt sein Blick über die Menge, er traf sich mit ihrem – und hielt ihn fest.
    Einen Augenblick war es, als hätte die Erde aufgehört sich zu drehen, als löse sich jeder neben ihr einfach auf. Die Schatten, die Chris umhüllten, verflüchtigten sich, es blieb nur sein unverstelltes Gesicht und der Blick, den sie tauschten. Und war es nur Einbildung oder wurde der Geruch süßer, knackiger Äpfel plötzlich wirklich so intensiv, dass er alles andere überlagerte?
    Den Blick von ihm abzuwenden erforderte große Anstrengung, war beinahe ein körperlicher Schmerz – denn sie wollte ihn einfach nur immer weiter ansehen. Plötzlich glänzte ihr Gesicht vor Schweiß, ihre Halsschlagader pochte. Was geschah da mit ihr? Sie konnte solche Gefühle nicht haben. Klar, Chris war okay, er war ein netter Kerl. Aber er war nicht Tom. Sie konnte sich nichts aus Chris machen. Wenn sie sich darauf einließ, war Tom wirklich für immer fort – und sie war nicht bereit, Tom aufzugeben.
    »Bitte«, murmelte Alex tonlos, »bitte, Tom, verlass mich nicht.« Sogar sie selbst konnte die Worte kaum hören, sie waren nur ein Hauch wie das Wölkchen vor ihrem Mund, doch wieder spürte sie Augen auf sich ruhen – diesmal nicht die von Chris. Sie sah nach links und kreuzte Jess’ Blick.
    Alex erstarrte. Hatte Jess sie gehört? Nein, das war unmöglich, sie hatte die Worte ja eigentlich nur mit den Lippen geformt. Trotzdem musterte Jess sie mit demselben prüfenden Blick wie heute Morgen. Der Geruch der älteren Frau verriet nichts, und wieder ging Alex durch den Sinn, dass Jess in dieser Hinsicht Yeager ähnelte, aber: nicht beschlagenes Glas. Einfach … nichts. Ihr Geruch war ein großes leeres Nichts, wie der weiße Fleck, der Chris’ Mutter für ihn war.
    »He.« Sarah zupfte sie am Ärmel. »Alles in Ordnung?«
    Da brach Jess den Blickkontakt ab und schaute wieder nach vorne. Alex sah kurz zu Sarah. »Danke, ja«, erwiderte sie und zwang sich zu einem flüchtigen Lächeln. »Ich bin nur ein bisschen müde.«
    Danach hörte sie nichts mehr und bewegte nur die Lippen zu den Kirchenliedern mit. Zwar schaute Jess nicht mehr zu ihr, aber Alex wusste, was sie gesehen hatte, auch wenn Jess’ Geruch nichts verriet. Als

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