Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
drängten sich eine Menge Kinder um das Lagerfeuer. Alle Hunde waren zur Anhöhe hinter dem Pferdestall gelaufen und bellten gemeinschaftlich, wuff-wuff-wuff. In der allerletzten Sekunde, bevor alles zusammenbrach, dachte er noch: He, was ist denn in die gefahren …
Es gab eine gewaltige Explosion:kein Krachen, sondern ein gewaltiges KABUMMM , eine Erschütterung, die so heftig war, dass rings um ihn die Luft erzitterte. Die Druckwelle prallte an den Gebäuden ab, brach sich als Echo. Keuchend, mit rasendem Puls, wirbelte Luke herum und schaute nach Norden.
Eine Rauchwolke, ein dichter grauschwarzer Pilz, blähte sich und stieg über den Bäumen auf. Das Plappern der Kinder war verstummt. Eine Sekunde lang schwiegen sogar die Hunde, und Luke vergaß Mellie und ihre seltsamen codierten Klicks.
Denn das Einzige, das dort draußen gesprengt werden konnte, war die Kirche.
30
D ie Kirche. Luke gefror das Blut in den Adern. Cindi war auf Spähposten, zusammen mit Chad – und Weller war vor einer Stunde dorthin aufgebrochen, nachdem … nachdem …
»Nein.« Es war mehr ein Schmerzenslaut als ein Wort, und dann fing er wieder an zu laufen, unbeholfen, hektisch, er hörte, wie Mellie ihm hinterherschrie, wie eine Tür schlug, und sah Jasper mit kreidebleichem Gesicht aus dem Geräteschuppen taumeln. Andere Kinder rannten auf ihn zu, liefen ihm nach, weil er der Älteste war, und wenn er meinte, dass es da draußen etwas Sehenswertes gäbe … »Nein, nein. Cindi, Cindi! Tom! «
»Was ist passiert?« Jaspers Ruf war wie ein Nadelstich. »Was ist passiert, was … «
Ganz plötzlich schlugen die Hunde wieder an, doch das unablässige Wuff-wuff-wuff klang jetzt klagend: ein fieberhaftes Stakkato, schrill wie eine Alarmglocke. Das Bellen durchstieß die Blase seiner hellen Panik – des Cindi, Cindi, Cindi, TOM – , in die er eingeschlossen war, und er blieb so abrupt stehen, dass er beinah gestolpert und auf die Knie gefallen wäre. Luke drehte sich um, fragte sich, was für die Hunde wohl noch verstörender sein konnte als die Bombe, die gerade die Kirche zerstört und seine Freunde getötet hatte.
Von Osten, ein ganzes Stück jenseits des Pferdestalls, stürmten zwei Pferde über den Abhang, vertrieben die Hunde bis auf einen – ein tollpatschiger, schokobrauner Labrador, der einfach nicht schnell genug war. Man hörte seinen fast menschlichen Schrei, als eines der Pferde ihn überrannte, und einen zweiten, noch längeren Schrei, als das Pferd stolperte. Das Tier ging in die Knie, schlug einen Salto. Kreischend flog der Reiter – sandbraune Haare, etwa zwölf Jahre alt, wahrscheinlich Colin, dachte Luke – über den Kopf seines Pferdes hinweg, das sich gerade wieder aufrappelte. Der andere Reiter lenkte sein Tier scharf nach links, sodass er den Jungen bei dem halsbrecherischen Galopp den Hang hinunter knapp verfehlte.
Was zum Teufel ist da los? Colin lag noch auf dem Schnee, versuchte, auf die Beine zu kommen, aber sein Pferd bekam Panik, stieg. »Colin, steh auf! Pass auf!«, brüllte Luke, als der Junge den Arm hob. »Steh auf, lauf, lau…«
Die Hufe des Pferdes donnerten nieder, und Colin verstummte abrupt.
Nein. Luke schlug die Hände vor den Mund und unterdrückte einen Schrei. Colin und der Hund waren nur noch rote Flecken, wie zerquetschte Moskitos. Luke kämpfte sich den Hang hinauf – ob Mellie ihn ertappt hatte oder nicht, war ihm inzwischen egal – , er lief so lange bergauf, bis er einen freien Blick nach Osten hatte, die Richtung, aus der die Späher gekommen waren. Er wollte wissen, was sie so erschreckt hatte.
Und dann sah er sie in der Ferne.
Monster, die auf sie zuhielten.
31
» I n den Stall!« Luke drehte sich um und scheuchte die Kinder zurück. »Geht in den Stall! Jasper, alle in den Stall, und verbarrikadiert die Türen. Los, los! «
Jasper machte augenblicklich kehrt und flitzte zum Pferch. Andere Kinder, die Luke nachgelaufen waren, änderten abrupt die Laufrichtung und stießen mit denen hinter ihnen zusammen. Panische Rufe erfüllten die Luft, und Luke hörte, wie die Pferde in ihren Boxen ängstlich wieherten. Kinder stoben in alle Richtungen davon wie Billardkugeln beim Anstoß. Manche – die kleinsten – fielen hin, und Luke beobachtete entsetzt, wie zwei andere über einen gestürzten Jungen trampelten, bis ein drittes Kind den Kleinen hastig aufhob. Manche liefen zum Stall, andere rannten nach Norden, am Geräteschuppen vorbei zur Straße hinunter und auf
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