Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)
sich um den Griff und zerrten daran, während er ihr mit der anderen Hand den Stoß verpasste, der sie rückwärts zu Boden warf.
Ich bin total durchgeknallt. Keuchend und mit zitternden Händen hielt er den Revolver fest. Die Magnum bebte. Das Ding war eine echte Kanone. Selbst wenn er das ganze Magazin leer schoss, würde er wahrscheinlich kein Ziel damit treffen. Und ihm wurde klar, dass er, hätte sie die Waffe nicht an der gegenüberliegenden Hüfte getragen, jetzt vermutlich ein Loch im Kopf hätte. Nein, zwei: vorne und hinten, und ein Großteil seines Schädels wäre weg.
»Gib mir die Schlüssel, Mellie.« Sein Magen krampfte sich zusammen, als er den Revolver entsicherte. »Bitte. Ich will dir nichts tun, aber … «
»Du willst mich erschießen, Luke?« Sie starrte ihn aus so farblosen und kalten Augen an, dass ihn fröstelte. »Das wirst du nicht. Du bist kein Mörder.«
»Aber warum tust du das? Warum willst du nicht kämpfen?«
»Das ist kein Kampf, den wir gewinnen können … «
»Aber es ist besser, als einfach zu sterben!«
»Du wirst nicht sterben, Luke«, entgegnete sie.
Ihre Ruhe, diese tödliche Sicherheit, verstörten ihn noch mehr. »Was hast du vor, Mellie, was hast du vor? Gib mir die Schlüssel, bitte, gib mir … «
Zum Hämmern seines Herzens gesellte sich ein neues Geräusch: ein stetiges, unaufhaltsames Sch-sch-sch, als würden hundert Schlangen über Sand kriechen. Er schaute zur Anhöhe. Die erste Welle der Chuckies ergoss sich über den Hang. Manche trugen Keulen oder Baseballschläger, und die Sonne spiegelte sich in ein paar Macheten. Die meisten hatten jedoch keine Waffen. Nur ihre Zähne und ihre Klauen. Er sah es vor sich: Chuckies, die sich auf ihre Opfer stürzten, kleine Kinder zerfetzten, ihnen Arme und Beine abrissen wie die Keulen und Flügel eines zarten Hühnchens.
Links von ihm bewegte sich etwas, lautlos erhob sich Mellie aus dem Schnee. Verblüfft schrie Luke auf: » Mel…«
Er erinnerte sich nicht, den Abzug gedrückt zu haben. Wahrscheinlich war er nur zusammengezuckt. Der Schuss war wie ein Donnerschlag, der Rückschlag lähmte seine Handgelenke. Selbst in der Nachmittagssonne leuchtete das Mündungsfeuer grell auf.
Und er verfehlte sie. Na klar. Die Pistole war viel zu groß für ihn, und er war nicht geübt. Eine Sekunde später traf ihn Mellies Faust in der Magengrube. Röchelnd und würgend ging er in die Knie; die Pistole fiel ihm aus der Hand.
»Du kannst von Glück reden, dass dein Hirn noch im Schädel ist.« Mellie steckte die Magnum wieder ins Holster. »Versuch das nicht noch mal, Luke.«
»Me- Mellie … « Er rang nach Luft. » W-w arum bist du … «
Nun bellten die Hunde wie verrückt. Die drei noch lebenden Tiere stürmten an Colin und dem zertrampelten Labrador vorbei den Hang hinauf. Ein schlanker Border Collie namens Tess hatte sich an die Spitze gesetzt. Entsetzt sah Luke, wie sich Tess auf ein Mädchen mit wehendem blondem Haar stürzte, das erbarmungslos mit dem Baseballschläger zuschlug. Luke bezweifelte, dass der arme Hund den Hieb überhaupt kommen sah. Sie mussten mindestens drei Footballfelder entfernt sein, trotzdem hörte er den dumpfen Schlag. Blut spritzte hoch, als Tess’ Kopf zerbarst.
In diesem Moment drehten die anderen Hunde ab. Ein rot-weißer Pitbull mit Schlappohren rannte nach links und jaulte auf, als ein Chucky seine Machete wie eine Axt auf ihn niedersausen ließ. Der dritte, ein kräftiger Elchhund, begriff, was los war. Abrupt machte er kehrt, rannte den Hang hinunter, hetzte am Stall und am Pferch vorbei Richtung Norden zur Straße und jenseits davon in den Schutz des Waldes. Diesen Hund hatte Luke immer schon für verdammt schlau gehalten.
Hinter den anrückenden Chuckies sah er jetzt deutlicher als zuvor die Männer zu Pferd – und einen in ihrer Mitte, ganz in Schwarz, auf einem Rappen.
»Nein«, sagte er mit gebrochener Stimme. Das Klicken, das er gehört hatte, die Detonation und jetzt das … »Nein, nein, nein. Was hast du getan, Mellie? Was hast du getan?«
»Was getan werden musste«, sagte Mellie, »um uns auf den Weg nach Rule zu bringen.«
32
» W o ist Penny?« Peter suchte mit panischem Blick das Rettungsfloß ab. »Wo ist sie, wo … ?«
»I…i…« Chris zitterte. Eiskaltes Wasser troff ihm aus den nassen Haaren auf den Hals. Er war taub vor Kälte und fühlte seine Füße nicht mehr. Bei einem Blick nach links überraschte es ihn gar nicht, dort Jess zu sehen,
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