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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Arme um ihn schlang, und dann kamen noch mehr Männer, noch mehr Hände, die ihn auf dem kalten Steinboden festhielten, während Greg wild um sich schlug. »Nein, nein, nein!«
    Und in all diesem Chaos geschah noch etwas: Der alte Tattergreis Henry stapfte zum Altar hinauf und starrte auf den veränderten Jungen hinab, der wundersamerweise noch lebte.
    »Herr im Himmel«, piepste Henry mit seiner hohen Stimme, die das Gebrabbel übertönte. »Das ist ja Ben Stiemke.«

52
    »Was?« Zuerst war sich Greg nicht sicher, ob diese ton- und ausdruckslose Stimme wirklich seine war. Noch immer auf dem kalten, blutverschmierten Boden, in Kincaids Arme gekauert, fühlte sich Greg wie ein Achtjähriger, der darauf wartete, dass seine Eltern alles in Ordnung brachten, und nie hatte er seinen Vater so sehr vermisst wie jetzt. »Stiemke? Wie der vom Rat?«
    »Heilige Scheiße, verarscht ihr mich?« Pru hatte das Gewehr immer noch auf den sterbenden Jungen gerichtet. »Ich dachte, die Kinder von Rule wären alle tot.«
    »O Gott«, stöhnte Kincaid halblaut. Sein Gesicht war aschfahl. »Ihr Dreckskerle, ihr habt es getan. Ihr habt es wirklich getan.«
    »Was denn?«, fragte Greg, während Sarah durch die Menge auf sie zuwankte. Ihr rechtes Hosenbein war klatschnass, und in das verkrustete Blut an ihren Wangen hatten sich Tränenspuren gegraben. »Doc, wovon redest du?«
    Ehe Kincaid antworten konnte, sagte Henry mit seiner durchdringenden Fistelstimme: »Japp, das ist Ben, eindeutig. Ich kannte ihn schon, da war er noch so .« Dabei hielt er die Handfläche auf Kniehöhe. »Den würde ich jederzeit erkennen, wegen seiner schlimmen Akne.« Henry schaute den Gang hinunter zu den Ratsmitgliedern, die sich durch die in den Altarraum strömende Menge nach vorn drängten. Keiner aus dem Rat trug seine Robe, und Yeager ging zwar voran, aber nur der große, stattlich gebaute Ernst, der trotz der Rationierungen immer noch einen beachtlichen Bauch hatte, strahlte einen Rest von Autorität aus. Stiemke, ein hutzeliges Männchen, das auf einem Auge blind war, duckte sich halb hinter Ernst. Greg war sich nicht sicher, ob der Mann unter Schock stand oder sich zu verstecken versuchte.
    »Mr Stiemke?«, rief Henry. »Das ist doch Ihr Enkel, nicht wahr?«
    Yeager ergriff das Wort für den angstschlotternden Alten. »Ja, das ist Ben.« Auch wenn Yeager in gefasstem Ton sprach, war er so bleich, dass sein kahler Schädel an eine weiße Billardkugel erinnerte. Ohne seine Robe sah Yeager mit seinen verschiedenfarbigen Socken, der ausgeleierten Hose und diesem rot karierten Flanellhemd wie ein Obdachloser aus. Seine sonst so schlau und berechnend wirkenden Augen schauten jetzt nur verstohlen und ein bisschen erschrocken drein, wie die einer Maus, die nicht recht weiß, ob sie vor der Katze wegrennen soll oder ob sie dann nur noch schneller gefangen wird. »Offenbar ist Ben geflohen, wovon wir aber keinerlei Kenntnis hatten.«
    »Offenbar? Geflohen? Keinerlei Kenntnis?« Mit erhobenem Gewehr zwängte sich Jarvis an den anderen vorbei und baute sich mitten im Gang auf. Jede Ähnlichkeit mit einem Truthahn war verschwunden. Er erinnerte jetzt eher an einen Bussard. »In dieser Stadt habt ihr seit Jahrzehnten das Sagen, trefft sämtliche Entscheidungen. Ihr erwartet von uns, von erwachsenen Männern, wir sollen den Befehlen von Kindern gehorchen«, – Jarvis machte eine Kopfbewegung zu Greg hinunter –, »und wir tun es, weil wir treu und gottesfürchtig sind. Und dann behauptet ihr, ihr hättet nicht gewusst, dass dieser Junge geflohen ist?«
    Peter. Die Erkenntnis traf Greg wie ein Schwall eiskaltes Wasser. Er hat gesagt, sie hätten alle Veränderten umzingelt und erschossen, und keiner sei entkommen. Gregs Blick fiel auf den sterbenden Jungen. Also muss Peter gewusst haben, dass Ben nicht tot war.
    »Dort, wo ich her bin – bevor ich nach Rule kam –, sind die Jugendlichen immer wieder zurückgekommen«, meldete sich jemand aus der Menge. Bestätigendes Gemurmel wurde unter den Übrigen laut. Jetzt erst erkannte Greg, dass sich auch eine ganze Reihe von Frauen hereingedrängt hatte, bewaffnet mit Baseballschlägern und Schrotflinten, wie der Dorfpöbel in einem alten Schwarz-Weiß-Horrorfilm. Besonders fiel ihm eine Frau mit einem wilden grauen Haarschopf auf – Travers? –, die eine Feldhacke mit einem ziemlich spitz zulaufenden Stahlblatt in Händen hielt. »Viele von denen jagen in Gruppen. Und bei euch, hieß es, sind wir auch deswegen

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