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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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ein hörbares Knirschen, Blut spritzte ihm in den Mund, und dann mahlten seine Kiefer, und seine Zähne sägten sich durch Haut und straffe Sehnen bis zu den Gelenken durch. Knochen krachten, als Segelohr aufschrie und Peter mit der freien Faust ins Gesicht schlug. » Zieh ihn weg, weg, weg! «
    Peter spie die Überreste zweier Finger aus und stand vom Boden auf. Mit der Linken hatte er den Mann bereits an der Gurgel, mit der Rechten hob er das Lineal auf. Segelohr gab ein gequältes » Gah!« von sich, als Peter mit dem rechten Ellbogen zustieß und ihm dann blitzschnell das Lineal in den Mund rammte. Segelohr zuckte und strampelte wie verrückt. Ein mächtiger Schwall heißes Blut schoss heraus und spritzte Peter ins Gesicht und auf die Hand. Durch das Holz spürte er den harten Knochen hinten im Rachen des Mannes. Segelohrs Augen quollen hervor; seine Hände umklammerten Peters Handgelenk und versuchten, das Lineal herauszuziehen, Fingernägel und die Knochensplitter der abgebissenen Finger gruben sich in Peters Arm. Da fuhr Peter hoch, warf Segelohr auf den Rücken, stieß das Lineal wie einen Spieß in seinen Hals hinein und brüllte: »Friss es, friss es, friss es!«
    Wieder krachte ein Knochen, diesmal etwas leiser, gedämpft von schäumendem Blut. Segelohr bäumte sich krampfartig auf, warf die Arme hoch, als hätte er einen nassen Finger in die Steckdose gesteckt, und plötzlich war die Verbindung zwischen Hirn und Rumpf unterbrochen, als sich das Lineal in einen Wirbel bohrte und das empfindliche Rückenmark durchtrennte.
    Das alles dauerte keine fünf Sekunden. Danach fuhr Peter sofort zu dem alten Kauz herum, der nur ein, zwei Meter zurückgewichen war, bis er rücklings an die Gitterstäbe von Peters Zelle stieß. Seine knotigen Finger tasteten nach der Pistole, aber als Peters Schatten über seinen Körper kroch, schrie er nur: »N-n-neiiin!« In einem Moment der Klarheit wurde Peter bewusst, wie er auf diesen alten Mann mit der schreckensbleichen Miene wirken musste: nackt, blutbeschmiert, das zottelige Haar wie die Schlangenhaare der Medusa, unerbittlich wie das Schicksal. Ein fleischgewordener Albtraum, eine Ausgeburt der Hölle.
    »Sch-schau m-mich nicht s-s-so an!«, schrie der alte Kauz. »Ich h-hab … hab dir nie w-was getan!«
    »Stimmt«, sagte Peter. »Aber du hast mir auch nie geholfen.«
    Wenige Minuten später steckte er sich den linken Augapfel des alten Kauzes in den Mund und stand an der Tür. Das Messer des Wachmanns hatte er sich an den linken Oberschenkel geschnallt, sonst aber nichts genommen. Keine Kleider, keinen Mantel, keine Stiefel oder Handschuhe. Er brauchte nichts davon.
    Aber es ist kalt, Peter . Das war der noch gesunde, zu einem winzigen Überrest geschrumpfte Teil seines Verstandes. Die anderen sind in der Überzahl. Meinst du nicht, dass du ein Gewehr und ein paar Klamotten brauchst?
    »Klamotten hab ich nicht nötig.« Er schluckte etwas weiche Augenmasse hinunter, schob die Linse zwischen den Zähnen herum und zerkaute sie dann. Sie hatte ungefähr die Konsistenz eines alten Tic-Tac, ohne den Minzgeschmack. Der milchigen Farbe nach zu urteilen, hätte der alte Kauz bald einen grauen Star bekommen.
    Er spürte die Blicke der Veränderten in seinem Rücken, drehte sich aber nicht um. Obwohl er durchaus mit dem Gedanken gespielt hatte, sie freizulassen – Fliegt, meine Äffchen, fliegt! – und dafür die rehäugige Kate gleich hier auf dem dreckigen Betonboden zu nehmen. Aber mochte er auch verrückt sein, geisteskrank war er nicht. Trotz der Kraft, die er jetzt in sich spürte, würde wohl nicht einmal er einen Kampf mit so vielen Veränderten durchstehen.
    Stattdessen legte er den Kopf schräg und lauschte mit seinem superempfindlichen Gehör, ob sich Lang oder andere Wachen in der Nähe aufhielten. Doch da war nichts außer dem Rauschen des Windes. Die eiskalte Luft war scharf wie ein Rasiermesser und überlagerte den säuerlichen Gestank seines Körpers.
    Ich möchte sauber sein . Und schon sprang er zur Tür hinaus, mit dem Kopf voran in einen Schneehaufen. Sein Herz setzte beinah aus, es war wie eine Taufe erst mit Eis, dann mit Feuer, als seine Haut vor Kälte brannte. Nach der endlosen Zeit im Gefängnis war es das Wunderbarste, was er je erlebt hatte. Keuchend wälzte er sich einmal, zweimal herum und blieb auf dem Rücken liegen. Schnee hing in seinen Haaren, und er spürte Eisklümpchen an den Wimpern. Dann brach er in Gelächter aus, das eher einem

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