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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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der Nacht zuvor hatte es geschneit, doch die brutale Kälte hatte die unteren Schichten völlig verharscht. Mit jedem Beben der Erde brachen diese härteren und festeren Eisschichten auf und schoben sich zu instabilen Platten übereinander.
    Himmel, genau so entstehen doch Lawinen! Alex sah, wie ein zerklüfteter Brocken von der Größe eines Kinderschlittens den Hang hinabrutschte. Bloß weg hier, bevor der ganze Hügel in sich zusammenbricht.
    Ein rascher Blick rundum. Der Mond ging gerade unter, sein Licht war nicht mehr neongrün, sondern von schmutzigem Silber und so schwach, dass Alex von den anderen – insgesamt sechs Veränderte einschließlich Wolf – kaum mehr als die schiefergrauen Silhouetten erkannte: Fest zusammengeschnürte Parka-Kapuzen, die Gesichter geisterhafte Ovale. Die fünf Kerle, die sie aus dem Bergwerk hochgezogen hatten, schlotterten vor Angst, was Alex als scharfes Prickeln in der Nase wahrnahm. Wolf fiel es ebenso schwer wie ihr, sich auf den Beinen zu halten. Er hatte ihr Handgelenk losgelassen und hantierte an seinem Klettergurt. Unsicher wankend machten sich die anderen Jungs an die schier aussichtslose Aufgabe, Seile aufzuwickeln und Ausrüstungsgegenstände zusammenzupacken. Einer der Veränderten fiel Alex besonders auf, denn er roch so … vertraut. Wer war das nur? Sie hob den Kopf, schnupperte. Da, am Ende der taumelnden Truppe, die sie und Wolf gerettet hatte: ein großer Junge mit Hängeschultern, dessen Gesichtszüge jetzt aus dem Halbdunkel hervortraten.
    Und sie dachte: Nein, das kann nicht sein.
    Schon während der ganzen Rettungsaktion hatte Alex sich den Kopf zerbrochen: Sollte sie weglaufen, falls sie es bis nach oben schaffte, oder bei ihnen bleiben? Ihr Knöchel war verletzt, aber sie kam klar. Dank Kincaid und ihrer Trekkingerfahrung wusste sie, wie sie zur Not eine Schiene anlegen konnte. Ein viel größeres Problem war allerdings, dass sie klatschnass war. Ihre Hose begann bereits steif zu werden, sie zitterte und kühlte immer mehr aus. Was sie brauchte, war Wärme, und das bedeutete: ein Feuer, trockene Klamotten, etwas Heißes zu trinken. Aber so durchnässt, wie sie war, ohne Vorräte und nur mit Leopards Messer und der Glock 19 ausgerüstet, hätte sie ebenso gut das Seil loslassen und Wolf die Mühe ersparen können, sie aus dem Schacht zu retten. Wenn sie jetzt fortlief, würde sie höchstwahrscheinlich sterben.
    Andererseits war Wolf ihretwegen zurückgekommen. Weil er sie wollte. Oder vielleicht … brauchte? Sollte sie also mit ihm mitgehen? Den rechten Augenblick abwarten? Mein Gott, das wäre wieder genau wie in Rule und wahrscheinlich auch genauso dumm, aber sie hatte sich schon fast dazu durchgerungen.
    Bis zu diesem Augenblick, denn sie kannte den Jungen, der gerade auf sie zukam. Sie kannte ihn vom Sehen und von seinem Geruch her: Ben Stiemke.
    Pickel. Er hatte zu Wolfs alter Bande gehört, bevor Spinne und Leopard das Kommando übernahmen. Die Tatsache, dass Pickel hier war, an der Oberfläche, erschreckte sie nicht minder als diese albtraumhafte Welt. Doch jeder Irrtum war ausgeschlossen. Pickel hatte es aus dem Bergwerk geschafft. Hatte er sich schon vor dem Angriff und den Explosionen abgesetzt? Vielleicht hatte er sich davongeschlichen, als alle anderen ins Bergwerk stapften, weil er kurz zuvor Wolf gerochen hatte – so wie ja auch Alex Spinne und Leopard an ihrem Geruch erkannt hatte. Sie würde es nie erfahren. Doch was zählte, war, dass sich Pickel Wolf wieder angeschlossen hatte. Und das hieß, dass möglicherweise auch andere – Spinne, Schmissie – es nach draußen geschafft hatten.
    Damit war es beschlossene Sache. Sie würde das nicht noch einmal durchmachen.
    Ihr Blick fiel auf den bebenden Schnee. Zu ihrer Linken, knapp zwanzig Meter entfernt, entdeckte sie einen Haufen Langlaufskier mit Stöcken – und Gewehre. Eines lag neben einem Paar Skiern, das in den Schnee gerammt war, und sie fasste es genauer ins Auge: ein Kammerverschluss-Modell mit Zielfernrohr und Tragegurt. Ohne Zeit zu verschwenden, wandte sie sich blitzartig nach links, sprang mit dem schmerzenden rechten Fuß ab und rannte auf die Waffe zu. Wolf fuhr hoch und die anderen versuchten, sie zu schnappen; einer mit langen Dreadlocks, der Größte der sechs, fasste nach ihr, streifte mit den Fingern ihr Haar …
    »Nein!«, keuchte sie und schlug einen Haken. Bei der abrupten Drehung schoss ihr ein so heftiger Schmerz vom Sprunggelenk bis in die Kniescheibe, dass

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