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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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wie die Melodie eines Lieblingslieds, an das er sich nur dunkel erinnerte. »Wir haben unsere eigenen Bienenstöcke. Moment …« Sie rutschte weg, zog vorsichtig ihren Arm zurück. »Chris, was machst du hier draußen? Woher kommst du?«
    »Ich wollte …« Er fühlte sich besser, beinahe friedlich. »Wollte nach … nach O-Oren. Und die …« Wieder leckte er sich die Lippen. »Die Siedlung finden.«
    »Eine Siedlung in Oren.« Ihr Tonfall verriet nichts. »Warum?«
    »Mmm.« Eine seltsame, aber nicht unwillkommene Schläfrigkeit überkam ihn. Er spürte, wie sich seine Muskeln entspannten. »K-komme aus R-Rule …«
    »Rule.« Das Wort klang hart und spröde. »Warum? Und warum diese Route? Das ist nicht gerade die schnellste, eher ein Umweg.«
    »G-geflohen.«
    »Du bist geflohen?« Als er nickte, sprach sie weiter. »Wurdet ihr verfolgt?«
    »G-glaub nicht. Waren lange … unterwegs.«
    »Verstehe.« Wieder hielt sie ihm das Mundstück hin. »Trink.«
    Das Wasser, immer noch wunderbar feucht, schmeckte diesmal ein bisschen verdorben. Neben dem Honig- und Hefearoma hatte es einen irgendwie seltsamen, brackigen Nachgeschmack.
    »Warst du schon mal in Oren?«, fragte sie.
    »M-hm.« Das Atmen fiel ihm schwer, sodass er die Worte nur abgehackt hervorbrachte. Wieder wurde ihm die Brust eng. »Hab K-Kinder geholt.«
    »Ja, jeder weiß, dass die aus Rule das tun.«
    »N-nicht was du denkst«, sagte er. »Kranke Kinder.«
    Eine Pause. »Das warst du? Du bist dieser Junge?« Ihre Stimme klang überrascht. Wieder eine Pause. »Sag mir, wie du sie gefunden hast.«
    War das ein Test? »Die … die Zeichnungen, auf den Scheunen.« Seine Lippen kribbelten, als hätte er zu viele gefüllte Chilischoten gegessen. »So hab ich … so hab ich …« Er suchte nach dem Gedanken, fand ihn nicht.
    »Ja, das stimmt«, sagte sie, als würde sie sich selbst etwas bestätigen. »Was machst du hier, Chris? Du bist noch nie aus dieser Richtung gekommen.«
    »Weggelaufen. Wollte zu …« Zu wem wollte er? Wen wollte er suchen? Vielleicht lag es am Licht, aber er sah ihr Gesicht nur noch verschwommen. Müde. Wie merkwürdig sich das alles anfühlte. Wie eine Sprungfeder, die am Ende ihres einst nützlichen Daseins alle Spannung verliert. Sein Herzschlag verlangsamte sich. Die Lider wollten ihm zufallen. Ich will schlafen. »Hunter.«
    Um ihre Mundwinkel spielte ein harter Zug. »Was willst du von Isaac?«
    Isaac. »Du … du kennst ihn?«
    »Was willst du von ihm?«, wiederholte sie.
    »M-muss …« In seinem Kopf begann alles durcheinanderzuwirbeln. Er wusste nicht mehr, was er hier eigentlich wollte. Ihm wurde wieder kalt, die sonnige Wärme in seiner Brust verflüchtigte sich, aber er fing nicht mehr an zu zittern wie vorhin. »Er soll …«
    »Was soll Isaac tun?« Sie tätschelte seine Wange. »Chris?«
    Ihre Finger spürte er kaum noch. Zwar hatte er das Gefühl, dass ihre grauen Augen ihn ganz genau beobachteten, doch sein eigener Blick wurde unstet, allmählich entglitt ihm das Bewusstsein. Wieder trieben seine Gedanken davon, die Schnur, die den tanzenden Ballon seines Geistes mit dem Hier und Jetzt verband, begann sich zu lösen. Er konnte nicht denken, sich an nichts erinnern. In seiner Brust breitete sich eine Schwärze aus, ein Gifthauch, erst als Faust und dann als träge, heimtückische Hand, deren geschmeidige Finger sich ausstreckten, sich durch seine Lunge wanden, seinen Adern folgten: eine kalte, dunkle Hand, die nach seinem Hirn griff, seinen Verstand umklammerte und seine Gedanken erstickte. Auslöschte, wer er war und wo er sich befand.
    Ellie. Ein winziger Funken flackerte in ihm auf. Ellie war empört gewesen, und dann hatte man sie weggeschickt. Als Hannah um die Flasche bat …
    Da begriff er.
    Sie retteten ihn nicht.
    Sie töteten ihn.

17
    »Wah?« Chris wusste selbst nicht, ob er was oder warum meinte, aber es war eigentlich auch egal. Seine Augen glitten in ihren Höhlen hin und her wie in einem geölten Kugellager. Wenn er sich doch nur irgendwo festhalten könnte … Dunkel, so dunkel, wie meine Brust … nicht gut. »Ha… uhh«, stöhnte er. Hatte sie ihn allein gelassen? War sie fort? Warum war es so dunkel? »Was …?«
    Aber was immer er sagen wollte, verflüchtigte sich auf seiner Zunge, als ihm klar wurde: Es war dunkel, weil er völlig blind war.
    Kann nichts sehen … und abermals trieb er davon, die Welt löste sich auf, sein Verstand – dieser tänzelnde Ballon – schwebte empor

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