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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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weil Rom Rom war und sie dort sein wollte. Jon, seit zwei Jahren Wirtschaftsberater, war geschäftlich in der Stadt gewesen. Nach unzähligen Gläsern Grappa war kaum noch etwas klar. Sie hatte ihn unbedingt beeindrucken, ihm mit ihrem Italienisch imponieren, ihm zeigen wollen, wie gewandt und selbständig sie war. Stattdessen hatte sie sich so fürchterlich betrunken, dass sie ihm auf seine neuen italienischen Slipper gekotzt hatte.
    Sie hatte ihn in ihr Zimmer mitgenommen, damit er sich säubern konnte, beide kichernd und ausgelassen, immer noch betrunken. Was hatten sie damals immer gesagt? Auskotzen und neuen Anlauf nehmen. Genau das hatte sie getan, sich ausgekotzt und neuen Anlauf genommen, direkt ins Bett mit ihm.
    Es war, na ja, das, woran sie sich noch erinnerte, trieb ihr noch Jahre später das Blut in die Wangen. Wirre Bilder von seinen Händen und seinem Mund, die Musik von Depeche Mode im Hintergrund auf ihrem Kassettenrecorder. Sie war total fertig gewesen am nächsten Morgen. Und doppelt fertig, als er mit einem
Wir reden später, okay?
sang- und klanglos verschwunden war.
    Aber sie hatten nie geredet.
    Clemmie stellte ihr Glas weg. «Du hattest nicht mal den Mumm, mich hinterher anzurufen. Du hast dich einfach davongeschlichen wie …» Ihr fiel kein passender Vergleich ein. «Wie ein feiger Schleicher.»
    Jon setzte sich auf, die Flasche in der Hand, die Brille verrutscht, die Haare zerzaust. «Du hast überhaupt nichts mitbekommen, oder? Na schön, lassen wir’s einfach.»
    «Nein. Nein. Wir lassen es gar nicht.» Sie war es satt, immer alles unausgesprochen zu lassen. Sie war es satt, dass alle immer um alles herumredeten und Geheimnisse vor ihr hatten. «Scheiße, Jon. Ich weiß, du warst groß und erwachsen und wichtig, und ich war nur eine kleine Studentin, aber hättest du nicht wenigstens anrufen können?»
    «Um dir was zu sagen? Dass ich mich total mies gefühlt habe, weil ich die Situation ausgenutzt hatte?»
    Und hatte sie etwa kein Anteil an der Sache gehabt? Wie selbstverständlich er sich zum Verantwortlichen erklärte, ärgerte sie. «Na ja, du musstest dich mir ja nicht gerade aufzwingen.»
    «Du warst betrunken», sagte Jon kurz. «So wollte ich es nicht.»
    «Vielleicht wollte ich es aber.» Vielleicht war man mit einundzwanzig einfach ein bisschen blöd. Vielleicht war sie besonders blöd gewesen. Sie wusste noch ganz genau, wie sie den Grappa in sich hineingeschüttet hatte, um sich Mut zu machen, weil sie unbedingt wollte, dass etwas passierte. Sie hatte eigens ihre Glücksunterwäsche getragen, blassrosa mit kleinen Röschen. «Wenn ich gewusst hätte, was danach kam, hätte ich es mir allerdings verkniffen.»
    Jon stellte die Flasche krachend auf den Boden. Sie schwankte gefährlich. «Wenn du es unbedingt wissen musst», sagte er, «ich bin verwarnt worden. Ich wurde ins Arbeitszimmer zitiert und zur Ordnung gerufen.»
    «Was redest du da für einen Quatsch?» Nicht nur hatte er angefangen zu nuscheln, ihr blieb auch der Sinn der genuschelten Worte verschlossen.
    «Deine Granny Addie», erklärte er, jetzt sehr deutlich und klar in seiner Rede, «hat mich abgemahnt. Sie hat mich, wie gesagt, ins Arbeitszimmer zitiert und gefragt, was zwischen uns läuft.»
    «Woher hat sie davon gewusst? Du hast ihr doch nichts erzählt?» Die Vorstellung war mehr als unangenehm. «Du hast ihr doch nichts von Rom gesagt?»
    «Natürlich nicht. Davon ganz bestimmt nichts. Wenn du’s genau wissen willst, ich habe meine Absichten erklärt.»
    Clemmie sah ihn entgeistert an. «Deine Absichten?»
    Seine Absicht, sie nie wieder anzurufen? Seine Absicht, aus ihrem Leben zu verschwinden? Seine Absicht, diese unsympathische Caitlin zu heiraten? Nein, Caitlin war erst später gekommen, viel später. Clemmie hatte sich schon mit einem anderen getröstet, mit diversen anderen. Sie erinnerte sich nicht einmal mehr an die Namen. Sie hatte streng darauf geachtet, nie ohne Begleitung bei Familienfeiern zu erscheinen.
    «Ich wollte es schön altmodisch machen, ganz der Mann von Welt.» Er schnitt eine Grimasse bei der Erinnerung. «Ich habe ihr gesagt, dass ich dich liebe, aber bereit wäre zu warten, bis du mit dem Studium fertig bist, bevor ich dir einen Antrag machen würde, bla, bla, bla. Gott, ich kam mir so wichtig vor.»
    Er wollte was? Clemmie musste sich kneifen, um richtig wach zu werden, um vernünftig denken zu können. Das war nicht die Geschichte, die sie sich zusammengereimt hatte.
    Jon

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