Ashford Park
Baumschule und von den Tücken des Kaffeeanbaus sprach, betrachtete sie ihn. Er war älter geworden, gewiss, aber er wirkte auch gefestigter. Der grüblerische Rochester, den sie in London zu lieben geglaubt hatte, existierte nicht: Es war, als hätte er diesen Teil seiner Persönlichkeit mit London zurückgelassen. Sie sah ihn vor sich, von Rauchschwaden umgeben, im unnatürlichen Dämmerlicht eines schummrigen Klubs. Der Mann von damals, welterfahren und zynisch, hatte nichts mit diesem Mann gemein, der ihr hier mit so viel Enthusiasmus einen Vortrag über Pflanztechniken hielt.
Die Erkenntnis bereitete ihr Unbehagen. Sie hatte gewusst, oder wusste es zumindest jetzt, wie sie mit dem Mann von damals umgehen musste. Wie sie diesem hier begegnen sollte, das wusste sie allerdings nicht. Sie konnte diesen Frederick nicht mit dem früheren in Einklang bringen. Es war, als wäre eine fotografische Aufnahme auf eine andere belichtet worden, sodass die Bilder miteinander verschwammen und keins von ihnen ganz zutreffend war.
«Entschuldige», sagte er. «Ich langweile dich. Du bist ja nicht hierhergekommen, um dir Referate über Kaffeekultivierung anzuhören.»
«Tut mir vielleicht ganz gut», meinte sie. «Es ist ja eigentlich eine Schande. Ich trinke seit Jahren Kaffee und habe keine Ahnung, woher er kommt. Ist das dort Kaffee? Ich habe mir die Bohnen nie rot vorgestellt. Ich dachte immer, sie wären braun.»
«Wir nennen sie Kaffeekirschen», sagte er. «Sie werden dann braun, wenn sie geröstet sind.»
Addie überlegte krampfhaft, worüber sie noch sprechen könnte, irgendetwas gefahrlos Unpersönliches. «Warum arbeiten nur Frauen auf den Feldern?»
Frederick blieb neben ihr stehen und blickte zu den Feldern hinaus. «Wir haben anfangs versucht, auch Männer anzuwerben, aber das hat nicht geklappt. Die Bodenbearbeitung, das Umgraben und Pflügen, da sind sie tüchtig, aber wenn die Pflanzen gesetzt sind, müssen die Frauen übernehmen. Jäten und Pflücken ist Frauensache. Es ist hier alles anders», sagte er, genau wie Bea am Abend zuvor.
«Ja, das sehe ich.» Addie hielt ihr Gesicht in die Sonne. Auf den Kaffeefeldern sangen die Frauen bei der Arbeit. Weit drüben auf der linken Seite konnte sie die bläulichen Schatten der Berge erkennen. «Aber schön.»
«Ja, nicht wahr?» Frederick ließ den Blick über sein Reich schweifen. Auf seinem Gesicht war ähnlich wie zuvor, als er seine kleine Tochter betrachtet hatte, Liebe und Stolz zu sehen. Auf seinen Stock gestützt, drehte er sich um und sah Addie an. «Ich habe dir noch gar nicht dafür gedankt, dass du Njombo gestern Abend so kompetent verarztet hast. Das war wirklich eine große Hilfe.»
«Jede andere mit etwas Ahnung von Krankenpflege hätte das Gleiche getan», erwiderte sie schnell. «Ich habe Schlimmeres gesehen damals, im … du weißt schon.»
Frederick blickte wieder zu den Kaffeefeldern und den Bergen hinaus. «Hier draußen scheint einem der Krieg weit, weit weg zu sein.» Er schüttelte den Kopf. «Er
ist
weit weg. Es wundert mich, dass du dich an das alles noch erinnerst.»
Addie schob ihre Haare hinter die Ohren. «Ich arbeite einmal in der Woche ehrenamtlich in einem Armenkrankenhaus im East End. Auf der Entbindungsstation», fügte sie hinzu. «Es ist also nicht ganz das richtige Fach. Aber Spritzen und Äther werden dort auch gebraucht.»
«Du solltest dich mal mit Joanie Grigg unterhalten, Lady Grigg sollte ich sagen. Sie ist die Frau des Gouverneurs. Sie hat gerade eine Kampagne zur Einrichtung einer Entbindungsklinik in Nairobi gestartet. Sie wäre sicher froh, noch jemanden mit Erfahrung dabeizuhaben.»
«Ich wäre …» Addie besann sich gerade noch rechtzeitig. Was dachte sie sich denn? Sie war nur zu Besuch hier, um Bea zu sehen. «Ich glaube nicht, dass ich lange genug bleiben werde, um mich da zu engagieren.»
«Natürlich», sagte er. «Du wirst zurückwollen zu deinem … Wie heißt er noch einmal?»
«David.» Sie wollte nicht über David reden, schon gar nicht mit Frederick. Es wäre ihr illoyal vorgekommen, wenn sie auch nicht genau sagen konnte, wem gegenüber.
Frederick packte seinen Stock fester und ging weiter, viel schneller plötzlich. «Würde es dir etwas ausmachen, wenn wir unseren Rundgang abkürzen?», fragte er. «Ich muss mich noch um ein paar Abrechnungen kümmern. Das ist der einzige Wermutstropfen, die Buchhaltung. Na ja, die Buchhaltung und die Heuschrecken, wobei die Buchhaltung das größere
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