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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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exorbitanten Ignoranz», sagte er.
    Seine verführerische Stimme machte aus der Beleidigung fast eine Liebkosung. Trotzdem tat sie weh. In letzter Zeit wurde ihr ihre Unwissenheit von allen Seiten vor Augen geführt. Sie hatte keine Ahnung von Kaffeeanbau oder Krankenpflege. Sie konnte keine Dichter und keine Philosophen zitieren.
    Der gestrige Abend war entsetzlich gewesen. Schlimm genug, untätig dabeizustehen, während Addie diesen Jungen zusammenflickte, doch die wahre Tortur war das Abendessen gewesen. Addie erzählte kühl von ihrer Arbeit, ihrer Wohnung und ihren Freunden, lauter Leuten, die Bea überhaupt nicht kannte, die nicht im
Debrett’s
standen, Leute, die von ihrer Hände Arbeit lebten. Die neue Ordnung.
    Wann hatte sich alles so verändert? Es war noch gar nicht lange her, da war sie Addies Vorbild gewesen, und nicht nur Addies. Die Debütantinnen einer ganzen Ballsaison hatten zu Bea aufgeschaut, ihre Kleider kopiert, ihre Frisuren übernommen. Wenn sie eine Diamantspange trug, tauchten hundert Diamantspangen in London auf. Ein göttliches Spiel war das gewesen. Manchmal hatte sie absichtlich etwas völlig Blödsinniges getan, nur um sich darüber zu amüsieren, wie die anderen es nachäfften.
    Doch das war alles vorbei.
    Eine ohnmächtige Wut auf ihre Mutter packte sie plötzlich, die sie vollkommen unvorbereitet ins Leben hinausgestoßen hatte. Nichts, was sie ihr beigebracht hatte, war in dieser fremden neuen Welt von Belang. Wen interessierte es, dass sie ein Essen für achtzig Leute mit der perfekten Tischordnung arrangieren oder die Ehefrau irgendeines Parvenüs brüskieren konnte, ohne auch nur ein Wort sagen zu müssen? Das, worauf es wirklich ankam, hatte sie nie gelernt. Sie hätte sich in Krankenpflege ausbilden lassen sollen wie Addie; sich wie Addie durch die Bibliothek in Ashford lesen, Konzerte und Vorträge besuchen sollen.
    Ach, zum Teufel mit Addie. Und zum Teufel mit Val.
    «Ich wusste gar nicht, dass dich mein Geist interessiert», sagte sie. «Wenn du einen Blaustrumpf suchst, dann schau dich doch in Oxford oder Cambridge um. Ihr werdet euch mit euren geistreichen Zitaten sicher zu Tode amüsieren.»
    Val gähnte ungerührt. Er hatte das dickste Fell von allen, die sie kannte. Es brauchte vermutlich mindestens ein angriffslustiges Nashorn, um ein Loch in diesen Panzer zu schlagen. «Das war Donne, du kleine Barbarin. ‹Gestatte Freiheit meinen Händen und lass sie schweifen …›» Er schwang die Beine über die Seite und glitt zum Boden hinunter. «Aber du bist heute nicht in Stimmung, irgendwelche Freiheiten zu gestatten, hm?»
    «Gestatte du mir lieber endlich eine Flugstunde», versetzte sie gereizt. «Es geht um meinen Pilotenschein. Du sollst mir das Fliegen beibringen.»
    Er lehnte sich mit verschränkten Armen an die Seite der Maschine. «Tu ich das denn nicht?» In der Sonne bekam sein schwarzes Haar einen Stich ins Bläuliche.
    «So nicht. Ich bekomme meinen A  1 -Schein nie, wenn ich diese Kiste nicht hochkriege.»
    «Beleidige die Moth nicht.» Val streichelte die silberne Seite des Flugzeugs mit einer Hingabe, die er ihr nie gönnte. «Sonst fliegt sie dich nie zur Sonne.»
    «Dir ist dieses Flugzeug wichtiger als jeder Mensch.»
    «Natürlich. Die Menschen sind so anstrengend mit ihren Ansprüchen und Erwartungen und ihrem ewigen Gejammer. Die Moth verlangt nichts weiter als regelmäßig mit Benzin versorgt zu werden.» Val sah sie an und zog eine Augenbraue hoch. «Also, spielst du mit, Süße, oder soll ich dich in dein hübsches kleines Automobil setzen und zu deiner Familie zurückschicken.»
    «Niemand schickt mich irgendwohin.» Sie sah seine Augen aufblitzen und erkannte, dass er sie nur provozieren wollte. Und es war ihm gelungen. «Du verdammter Kerl.»
    «Aber, aber. Vergeudete Worte, mein Engel. Ich war schon ein Verdammter, bevor ich dir begegnet bin.» Mit spöttischer Galanterie zog er ihre Hand an seine Lippen. «Nicht dass du einen Abstecher in die Hölle nicht wert wärst, aber ich fürchte, du wirst dich hinten anstellen müssen.»
    Es reichte. Außerdem wurde die Zeit knapp. Sie hatte vor dem Mittagessen zurück sein wollen, und jetzt ging es schon auf zehn. Dazu noch eine Stunde in der Luft, das würde sehr knapp werden.
    «Flieg mit mir», befahl sie. «Oder ich fahre nach Hause.»
    «Gut», sagte er. Sie hätte wissen müssen, dass immer, wenn er gar so entgegenkommend war, die größte Gefahr drohte. Er drehte ihre Hand in der seinen. Ein

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