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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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besprechen hatte, oder vielleicht sogar eine E-Mail zu schreiben, ließ er sie zu sich zitieren. Weil sie ja nichts Besseres zu tun hatte, als diese Treppe hinauf- und hinunterzulaufen. Einmal hatte er sie von einer Telefonkonferenz weggeholt, nur um sie zu fragen, ob ihr die Farbe seiner neuen Krawatte gefiel. Einen dieser Tage würde jemand Paul mit einem gelben Kanzleiblock erschlagen.
    Trotzdem hatte seine ekelhafte Kleinlichkeit etwas Tröstliches. Ihr ganzes Leben konnte aus den Fugen geraten, aber hier drehte sich die Welt weiterhin ganz normal um ihre unverrückbare sadistische Achse.
    Clemmie schnappte sich einen gelben Block. Prima. Paul würde ihr Unmengen Arbeit aufhalsen, und sie konnte sich wieder über alltägliche Dinge aufregen, Dinge, an denen sie etwas ändern konnte. Das war genau das, was sie brauchte, ein paar Nächte im Büro mit Resten vom letzten Take-out unter dem Schreibtisch und halbvollen weißen Pappbechern, aus denen kalter Kaffee auf ihre Papier tropfte.
    «Soll ich die PharmaNet-Unterlagen mitbringen?», fragte sie, bevor sie auflegte.
    «Nein.» Joans Stimme hörte sich merkwürdig bedrückt an. «Kommen Sie einfach so.»

Kapitel  22
Kenia, 1927
    D raußen im Busch brüllte ein Tier. Addie hatte keine Ahnung, was für eins es war. Aber es schien ganz in der Nähe zu sein. Und hungrig.
    Sie kroch aus ihrem Zelt und sah sich nach den anderen um. Überall waren Dienstboten, eine absurde Anzahl Dienstboten für sechs Leute, und Budgie, ihr Safariführer, der am Feuer sein Gewehr putzte. Aber das war alles. Gott sei Dank. Die Stimmung im Lager wurde immer schlechter, die Spannungen drohten in offene Feindseligkeiten auszuarten.
    Vaughn machte sich einen Spaß daraus, Raoul de Fontaine zu provozieren, der seinerseits Bea keinen Schritt von der Seite wich, was sie ihm damit vergalt, dass sie ungeniert mit Vaughn flirtete. Am Abend zuvor wäre es beinahe zum offenen Streit gekommen. De Fontaine war erbost. Frederick in sich gekehrt. Vaughn unerträglich. Addie kreuzunglücklich. Bea war als Einzige glänzender Laune, von einer Ausgelassenheit, die, da war Addie sich ziemlich sicher, mit dem kleinen Porzellandöschen zu tun hatte, das Vaughn immer bei sich trug. Doch Addie war überzeugt, dass selbst das Fassade war. Sie hatte bemerkt, dass Bea Frederick heimlich beobachtete. Frederick … und Addie.
    Es war sinnlos, mit Bea darüber zu sprechen. Sie ging geschickt allen persönlichen Gesprächen aus dem Weg und wimmelte Addie, wenn es ihr wirklich einmal gelang, Bea zu stellen, mit einem oberflächlichen
Versuch einfach, dich zu amüsieren, Darling
ab.
    Fröstelnd zog Addie ihren Umhang fester um sich. Sobald die Sonne unterging, wurde es kalt. Und sie ging hier sehr schnell unter. Zu schnell. Draußen im Dunkeln …
    Wenn man Val Vaughn glauben konnte, brauchten die Tiere nicht länger als zwei Stunden, um einen Kadaver restlos aufzufressen. Eine schauerliche Vorstellung, dass die sterbliche Hülle eines Menschen in der Zeit einer gemütlichen Teestunde restlos von der Erde getilgt werden konnte. Sie hätte Vaughns Behauptung für Effekthascherei gehalten, doch Budgie, ihr Führer, hatte sie bestätigt.
    Einer der Träger pfiff, langgezogen und leise. Er drehte sich um und rief Budgie zu: «Sigilisi.» Von dem rasenden Wortschwall auf Swahili, der darauf folgte, verstand Addie nichts, trotz aller Stunden, die sie genommen hatte. Ihr lückenhaftes Küchenswahili half ihr hier draußen in der Wildnis nicht weiter.
    «Was ist los?» Sie gesellte sich zu Budgie an den Rand des Feuers. In seiner Nähe fühlte sie sich sicherer. Zwar hatte er einen Drink in der Hand, aber sein Gewehr war in Reichweite, die Munition in den zwei großen Taschen vorn auf seiner Weste jederzeit greifbar. Harte und weiche Patronen, hatte er ihr erklärt. Harte Munition für das Großwild, weiche für Löwen, Leoparden und andere Bestien, die in der Nacht ihre Zähne fletschten.
    «Was hat er gesagt?»
    Budgie machte ihr bereitwillig auf der Kiste Platz, die ihm als Hocker diente. «Er hat gesagt, dass Simba heute Nacht hungrig ist.» Die Sonne war gerade erst untergegangen, doch Budgies Atem roch bereits durchdringend nach Gin. Er behauptete, nur so die Malaria in Schach halten zu können. «Das ist ein Löwe. Da ist er wieder. Hören Sie es?»
    «Nein», sagte Addie. Für sie verschmolzen alle Geräusche des Buschs zu einem einzigen bedrohlichen Raunen, die Schreie der Tiere, das Knistern der Blätter im Wind,

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