Ashford Park
doch Addie hielt den Kopf gesenkt.
«Ja.» Addie nestelte am Verschluss ihres Armbands, ebenfalls eine Leihgabe von Bea. «Ich bin schon viel zu lange geblieben. Sechs Monate, so lang ist es mir gar nicht vorgekommen.»
«Sie können unmöglich abreisen, bevor Sie auf Safari waren», sagte Val mit einer Unschuldsmiene, die Bea sofort verriet, dass er etwas plante.
Addie schüttelte den Kopf. «Dazu wird die Zeit nicht reichen. Leider. Ich bin ohnehin schon viel zu lange von England weg.»
«Ich höre zum ersten Mal von deiner Abreise», sagte Bea so neutral wie möglich und sah sich auf der Terrasse nach ihrem Mann um. Irgendetwas war zwischen den beiden passiert. Sie hätte es kommen sehen müssen, aber sie war so beschäftigt gewesen mit Val, Val und Raoul …
«Möchten Sie denn nicht ein weiches Fell für Ihr Bett?», fragte Val. «Nichts fühlt sich auf der Haut angenehmer an als ein Tigerfell. Stimmt’s nicht, Bea?»
«Wenn jemand dir ein Fell schießt, dann bin ich das», sagte Raoul zu Bea. «Dieser Mensch würde ja nicht einmal die Katze im Sack treffen.»
«Warum sollte ich auf eine Katze im Sack schießen?» Val streckte sich, geschmeidig wie ein Panther. «Wo bleibt da die Herausforderung? Da kann man ebenso gut gelangweilte Ehefrauen verführen.»
Val verstand es, ihr das Gefühl zu geben, sie sei nur ein billiger Zeitvertreib. Aber war sie das nicht auch? Zweimal ausrangiert wie ein Ladenhüter, erst vom einen und jetzt vom anderen Ehemann. «Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich einmal für etwas plädieren hören würde, was Anstrengung verlangt», sagte sie.
Val lächelte träge. «Von mir, meinst du? Nie im Leben. Aber es macht mir immer Spaß zuzusehen, wie andere sich anstrengen. Ich bin sicher, unsere Safari wird mir da einiges zu bieten haben.»
«Es gibt keine Safari», erklärte Addie. «Jedenfalls nicht für mich. Ich lasse die Tiere lieber in Frieden, solange sie mich in Frieden lassen.»
Raoul war verwirrt. «Sie haben Mitgefühl mit wilden Tieren?»
«Nein», sagte Addie freimütig. «Aber ich habe etwas dagegen, von wilden Tieren zerrissen zu werden.» Sie sah Bea an. «Empfindest du das nicht auch so?»
«Unsinn.» Bea sah Val nicht an, und auch Addie nicht. Erste Umrisse eines Plans gingen ihr durch den Kopf, oder weniger eines Plans als verschiedener aussichtsreicher Möglichkeiten. Sagte nicht Addie immer, man habe sein Schicksal selbst in der Hand. Bea hatte es satt, herumgeschubst zu werden. «Du kannst Afrika unmöglich verlassen, ohne auf Safari gewesen zu sein. Was würden denn da die Leute sagen? Nein. Val hat recht. Wir müssen etwas organisieren.»
«In dem Fall», kündigte Raoul streitlustig an, «gehe ich auch auf Safari.»
Bea sah ihn freundlich an, aber in Gedanken war sie ganz woanders, fieberhaft damit beschäftigt, Möglichkeiten zu erwägen und zu verwerfen. «Du hast doch nicht geglaubt, ich würde ohne dich gehen», gurrte sie.
«Großartig», sagte Val kühl. «Ich rede mit Budgie. Er hat für den nächsten Monat keine Buchungen.»
Addie trat zwischen sie. «Sie brauchen wirklich nicht …»
«Doch», widersprach Bea. «So wird es gemacht. Wir kommen alle mit. Du, ich, Val, Raoul und Budgie, ja, und Frederick.»
Sein Name bedeutete ihr nichts mehr. Er gehörte der Vergangenheit an. Er war fertig mit ihr – und sie mit ihm. So viel war klar.
Addie schaute sich unruhig um, während sie nach Vorwänden suchte. «Aber was ist mit den Mädchen? Sollte nicht jemand bei ihnen bleiben?»
Mit einem kühlen Lächeln sagte Bea: «Dafür haben wir ein Kindermädchen.»
Addie grapschte nach dem letzten Strohhalm. «Aber Safaris sind doch sicher wahnsinnig gefährlich?»
Bea hob ihr Glas, in dem sich das Feuer widerspiegelte. «Genau darum geht es, Darling.»
New York, 2000
A m Montag ging Clemmie wieder in die Kanzlei.
In den zwei Wochen ihrer Abwesenheit hatte sich nichts verändert, und trotzdem stimmte irgendwie nichts mehr. Die beigen Wände schienen enger zusammengerückt, die moosgrünen Teppichböden dunkler, die langen braunen Schreibtische, an denen die Sekretärinnen saßen, höher als gewöhnlich. Als wäre sie in ein Spiegelkabinett geraten. Ihr Posteingangskorb, der vor dem Arbeitsplatz ihrer Sekretärin stand, war voll bis oben hin.
Monate und Jahre war Clemmie täglich durch diese Räume gegangen, aber es war, als sähe sie sie mit den Augen einer Fremden. Alles war irgendwie verdreht und fremd.
Helen, ihre Sekretärin, legte die
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