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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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das Rascheln der Schlangen im hohen, dürren Gras. Sie hasste Schlangen.
    «Man muss seine Ohren darauf einstellen.» Budgie trank einen Schluck aus der Taschenflasche an seinem Gürtel. Er bot sie Addie an, die den Kopf schüttelte. Gin pur war nicht ihre Sache. «Er ist ganz in der Nähe.»
    Addie zog instinktiv ihre Füße näher zu sich heran. «Ist es gefährlich?»
    Budgie zeigte grinsend seine Zahnlücken. «Es ist immer gefährlich. Wozu wären wir sonst hier?» Er sah sie mit seinen ständig feuchten Augen an. «Hier draußen erlebt man die merkwürdigsten Dinge. Bei den Nandi erzählen sie sich von einem Wesen, das nichts mit irgendwas gemein hat, was man sich vorstellen kann. Es ist halb Mensch, halb Vogel, und trotzdem ganz anders. Es nährt sich von Gehirnen aus den aufgebrochenen Schädeln der Tiere, die es umbringt. Die Unglücklichen, die ihm schon einmal begegnet sind, behaupten, dass sein Maul im Dunkeln rot leuchtet wie das Höllenfeuer selbst.»
    Funken sprangen knisternd aus dem Feuer auf, und Addie zuckte unwillkürlich zusammen. «Das klingt ziemlich scheußlich», sagte sie. «Wie nennen sie dieses Ungeheuer?»
    Budgie stärkte sich aus der Flasche. «Wenn sie von ihm reden, nennen sie es Chemosit. Es haben allerdings nur wenige lang genug gelebt, um darüber berichten zu können.»
    «Nicht diese alte Kamelle.» Dürres Gras knackte, als Frederick zu ihnen trat. Abgestoßene Stiefel, Khakihose und die Schließe eines alten braunen Gürtels, mehr sah sie im ersten Moment nicht.
    «Die Geschichte ist älter als wir alle», sagte Budgie und neigte sich auf der Kiste etwas nach hinten. «Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde und so weiter und so fort.»
    «Nichts als ausgemachter Quatsch», entgegnete Frederick unfreundlich. «Eine Schauergeschichte, um kleine Kinder zu erschrecken.»
    «Würden Sie das auch über das Monster vom Loch Ness sagen?», erkundigte sich Budgie, der sich königlich amüsierte.
    «Das sag ich Ihnen, wenn ich ihm begegnet bin», erwiderte Frederick.
    «In Ordnung.» Budgie hievte sich von der Kiste und griff sich sein Gewehr. «Ich geh jetzt mal die Truppe zusammenscheuchen», sagte er. «Es ist längst Zeit für die Cocktailstunde.»
    «Komisch», murmelte Frederick oberhalb von Addie. «Ich hätte schwören können, dass er sie schon eingeläutet hat. Oder war das sein Toilettenwasser?»
    Addie schaute zu ihm hinauf. «Sei doch nicht so unfreundlich zu dem armen Budgie.»
    «Armer Budgie? Dass ich nicht lache», sagte Frederick erbarmungslos. «Er erzählt doch diese Chemosit-Geschichte nur, um Frauen vor Schreck in sein Bett zu kriegen. Und es klappt nicht schlecht.»
    «Budgie?» Addie musste lachen. Fünfzig und kein Jahr jünger, mit Hängebauch und Hängekinn. Budgie war eher ein netter versoffener Onkel als ein Casanova. «Mit Val Vaughn kann er es sicher nicht aufnehmen.»
    «Du würdest dich wundern.» Doch Fredericks Stimmung hellte sich auf. Das war immer das Schwerste, sich von der Zärtlichkeit in seinen Augen abzuwenden. Warum konnte er nicht der Schuft sein, für den sie ihn einmal gehalten hatte? Warum musste er so sehr Frederick sein? «Tut mir leid, ich bin gerade ein Spielverderber, nicht?»
    «Ja», sagte sie. «Bist du.»
    Er bot ihr die Hand, und sie ergriff sie wider besseres Wissen, um sich von ihm auf die Beine helfen zu lassen. Daraus bestanden jetzt ihre Tage, aus Dutzenden kleiner Versuchungen und Prüfungen. Es war zermürbend, sich ständig zurückhalten zu müssen, damit er ihr nicht zu nahe kam.
    Frederick hielt ihre Hand einen Moment zu lang fest. Was er sagte, war ein Echo ihrer eigenen Gedanken. «Wir können so nicht weitermachen.»
    Addie krampfte ihre Hände ineinander. «Ich weiß.»
    Von der anderen Seite des Lagers hörten sie den dumpfen Ton, mit dem die Grammophonnadel auf eine Schallplatte gesetzt wurde. Die ihnen mittlerweile mehr als zur Genüge bekannten Klänge des Klarinettenkonzerts in A-Dur von Mozart entluden sich in voller Lautstärke in die Wildnis. Es war Budgies Lieblingsplatte, und er spielte sie Abend für Abend immer wieder ab. Sie hatte einen Sprung, wodurch immer ein paar Takte verlorengingen, doch das störte Budgie nicht.
    Frederick fluchte. «Ich wollte, jemand würde dieses verdammte Ding endlich in Stücke schlagen. Wenn es sonst keiner tut, tu ich es.»
    «Nicht.» Sie sprach nicht von der Schallplatte.
    Frederick senkte den Kopf und atmete tief durch die Nase ein. «Es ist entsetzlich. Diese ganze

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