Ashford Park
sie auch noch dankbar sein. Wofür? Dafür, dass sie ihm zwei Jahre lang in den Hintern gekrochen war? Nie Urlaub genommen hatte? Ihren Geburtstag damit verbracht hatte, zweiundzwanzig Stunden lang stupide Aktendurchsicht zu machen und die restlichen zwei Stunden unter ihrem Schreibtisch zwischen welken Salatblättern von dem Snack des vorigen Abends zu schlafen?
Clemmie sprang auf. Der gelbe Kanzleiblock rutschte auf den falschen Aubusson-Teppich hinunter, der den strapazierfähigen grünen Spannteppich bedeckte.
«Clementine?» Paul unterbrach sich verwirrt.
Ihre Knie zitterten. Sie holte tief Atem und richtete sich gerade auf. Sie hatte das nicht mehr nötig. Zum Teufel mit Paul. Zum Teufel mit CPM .
«Clementine!»
Clemmie tat, was sie schon vor Jahren hätte tun sollen. Sie machte kehrt und ging.
Kenia, 1927
W ann haben Sie Mrs. Deborough zuletzt gesehen?»
«Am Mittwochabend. An die genaue Zeit erinnere ich mich nicht.» Addie saß mit gekreuzten Füßen und auf dem Schoß gefalteten Händen auf der Kante eines schmalen Metallstuhls in einem Zelt, das vorübergehend zum Büro des Superintendenten der Kriminalpolizei von Chania umfunktioniert worden war.
Budgie hatte schließlich über Funk die Polizei gerufen, als die erste Suche nach Bea ergebnislos verlaufen war.
Wir haben nicht genug Leute
, hatte er gesagt, als Raoul wissen wollte, warum. Frederick hatte nur schweigend auf den Schal gestarrt, diesen Schal mit den verdächtigen Flecken. Und Val Vaughn, bei dem wusste kein Mensch, was in ihm vorging. Er war zu dem kleinen Behelfsflugfeld gegangen, um seine Maschine flottzumachen. Für einen Erkundungsflug, sagte er, obwohl Addie nicht glaubte, dass eine einzelne Frau aus der Luft so leicht zu entdecken war wie eine Herde Elefanten. Das waren entschieden andere Dimensionen.
Vielleicht half es ihm, etwas zu tun, dachte sie, egal, was. Das tatenlose Herumsitzen machte einen fast verrückt. Addie wusste nicht, ob sie Angst haben oder sich ärgern sollte. Angst um Bea, die ganz allein dort draußen im Busch war, Ärger auf sich selbst, weil sie sich überhaupt in diese Situation gebracht hatte. Es war Bea zuzutrauen, dass sie in ihrer Wut hinausgestürmt war, um ihnen allen eine Lektion zu erteilen, indem sie verschwand und sich erst wieder blicken ließ, wenn sie sich ernsthaft Sorgen um sie machten. Sie hatte etwas Ähnliches getan, als sie noch klein gewesen waren und sie sich wegen irgendeiner lächerlichen kleinen Kränkung an Nanny rächen wollte. Nach Einbruch der Dunkelheit war sie fröhlich wieder ins Haus spaziert. Sie hatte den Nachmittag beim Tee mit dem Jagdaufseher verbracht, während das ganze Haus kopfgestanden hatte. Danach waren sie alle ohne Abendessen zu Bett geschickt worden.
Was den Schal anging, so hatten die schrecklichsten Bilder Addie fast in den Wahnsinn getrieben, bis ihr dieses laute splitternde Geräusch in der Nacht im Zelt eingefallen war. Bea hatte sich wahrscheinlich an einer Scherbe geschnitten und sich den Schal um die Hand gewickelt, um die Blutung zu stillen. Natürlich, das war alles absolut einleuchtend, und gleich würde Bea mit einem nonchalanten
Na, habt ihr mich vermisst?
wieder auftauchen.
Aber sie war nicht wieder aufgetaucht.
Der Superintendent war am Donnerstag mit einer Truppe Askaris, eingeborenen Polizeibeamten, eingetroffen. Sie waren zu einer großen Suchaktion ausgeschwärmt, doch Bea war trotz all ihrer vereinten Bemühungen immer noch wie vom Erdboden verschluckt. Sie hatten nichts als ein kleines Häufchen Dinge, die jetzt auf einem wackligen Tisch im Polizeizelt lagen, etikettiert wie Ausstellungsstücke in einem Museum. Artikel: eine Diamantspange, von Mrs. Frederick Desborough an der Schulter ihres Kleides getragen; Artikel: ein Chiffonschal, befleckt. Artikel: ein Abendschuh aus blauer Seide.
Wie der Schal hatte auch der Schuh hässliche dunkle Flecken. Er war ungefähr fünf Meter von dem Schal entfernt gefunden worden, an der Böschung eines schmalen Bachs. Als hätte Bea auf der Flucht zuerst ihren Schal und dann ihren Schuh verloren. Ein Askari hatte die Brosche gefunden, die ganz in der Nähe auf dem Boden glitzerte.
Der Schuh machte Addie zu schaffen. Sie hätte schwören können, dass Bea an dem Abend Grün getragen hatte, nicht Blau. In Blau hatte Addie sie seit dem schrecklichen Fest nicht mehr gesehen, als Val Vaughn die Idee mit der Safari gehabt hatte, die nun zu diesem Fiasko geführt hatte. Bea achtete stets sorgsam auf
Weitere Kostenlose Bücher