Ashford Park
Urlaub», sagte er in diesem künstlich herzlichen Ton, den er anschlug, wenn er kumpelhaft sein wollte.
Clemmie starrte ihn nur an. Meinte er das ernst? Er wusste doch, dass ihre Großmutter gestorben war. Schließlich hatte er sich hinreichend darüber aufgeregt, dass Clemmie sich deshalb freigenommen hatte.
Sie verkniff sich den schnippischen Kommentar, der ihr auf der Zunge lag, und ging zu dem Sessel vor Pauls Schreibtisch. Tief atmen und hinunterschlucken. Nur so konnte man sich gegen Paul wappnen. In ein oder zwei Tagen würden die neuen Partner bekanntgegeben werden, und dann würde sie nie wieder vor Leuten wie Paul kuschen müssen. Sie würde beim Mittagessen mit ihm an dem Tisch sitzen, der den Partnern vorbehalten war, und er würde es wohl oder übel schlucken müssen.
Ja, ein gutes Bild. Das würde sie sich merken. Wenn man einmal Partner war, konnte das nicht wieder rückgängig gemacht werden. Sie konnte zu Paul so schnippisch sein, wie sie wollte, und er würde nichts dagegen tun können. Die Vorstellung war unheimlich erleichternd.
Den gelben Block unsicher auf dem glatten Polyester ihres Nadelstreifenrocks, sagte Clemmie: «Joan sagte, Sie wollten mich sprechen?»
Paul hatte einen Plastikfootball auf dem Schreibtisch liegen, reiner Schnickschnack. Er war neu. Er warf ihn in die Luft und fing ihn wieder auf «Ja.»
Und noch einmal flog der Football in die Höhe. Und fiel wieder herunter. Clemmie wartete. Und wartete. Und das BlackBerry an ihrem Rockbund brummte dazu. Pausenlos.
«Sie sind wahrscheinlich neugierig, warum ich Sie sprechen möchte», sagte Paul.
Clemmie setzte sich gerader in ihrem Sessel, einer Louis-quatorze-Imitation mit rutschigem Satinbezug. «Falls es um PharmaNet geht, ich habe alles mit Harold abgestimmt, während ich nicht da war», sagte sie rasch. «Ich habe die Kopien der letzten internen Berichte sowie eine mit Stichwortverzeichnis versehene Mappe mit Auszügen der relevanten Zeugenaussagen.»
Zwei Anwaltsgehilfen hatten dafür ihren Silvesterabend geopfert.
«Nein, nein.» Paul runzelte die Stirn. «Obwohl … jetzt, wo Sie es erwähnen. Joan!»
«Ja?» Das verdächtig gleichmäßige Klappern des Computerkeyboards brach ab, und Joan schaute zur Tür herein.
Clemmie bewunderte sie. Seit fast fünf Jahren schluckte Joan mit Anstand ihre tägliche Dosis Paul. Nur einmal, bei der Weihnachtsfeier im vergangenen Jahr, hatte sie sich ordentlich die Kante gegeben und dann anhand von zwei Cocktailwürstchen drastisch demonstriert, was sie mit Paul machen würde, wenn er sie noch ein einziges Mal seine beschissenen Schriftsätze neu tippen ließ. Niemand hatte die Würstchen danach noch essen wollen.
Paul neigte sich über die Armlehne seines Sessels zur Seite. «Sagen Sie Harold, ich will ihn sprechen, sobald ich hier mit Clementine fertig bin. In etwa fünf Minuten.»
«In Ordnung.» Joan verschwand hinter der Tür.
Paul ließ sich wieder in seinen Sessel sinken. «Wo waren wir stehengeblieben?»
Clemmie hatte keine Ahnung. Sie wusste nur, dass sie dringend einen Kaffee brauchte. «Bei PharmaNet?»
Paul legte die Fingerspitzen seiner beiden Hände aneinander. «Ja, man könnte vielleicht sagen, dass die Sache hier mit PharmaNet zu tun hat», sagte er nachdenklich. «Sie wissen wohl, dass Sie uns in London in eine heikle Situation gebracht haben, als Sie ohne jede Vorwarnung abgereist sind.»
«Ich habe Ihnen Bescheid gesagt, sobald ich …»
«Hm.» Paul brachte sie mit einer kurzen Geste zum Schweigen. «Das hat sich gar nicht gut gemacht. Gordon war nicht erfreut. Wir hatten ihm eine erfahrene Mitarbeiterin versprochen und sind stattdessen mit einem Anfänger angetanzt. Übel.»
«Es war ganz sicher nicht meine Absicht.»
«Es war eine äußerst peinliche Situation», fuhr Paul fort. «Das entspricht nicht dem Image, das wir gern vermitteln möchten.»
Peinlich? Für sie war es verdammt viel schlimmer als ‹peinlich› gewesen.
«Meine Großmutter lag im Sterben», sagte Clemmie kurz.
«Ja, das hatten Sie erwähnt.» Paul fegte die Erklärung mit einer Handbewegung vom Tisch. «Aber auch vorher schon waren einige Ihrer Kommentare über die Marketingpraktiken von PharmaNet bedenklich. Ich weiß, sie waren nur für unsere Ohren bestimmt, Clementine, aber man weiß nie, wer mithört. Das war sehr unklug von Ihnen.»
Clemmie versuchte, sich zu erinnern. Bekam sie das jetzt alles nur deshalb zu hören, weil sie die Art der Vermarktung ihres Medikaments an
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