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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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Zuneigung zu zeigen. Wo sich andere Paare küssen, ist es vielleicht eher so, dass ich in der Zeit, in der mein Freund auf der Arbeit ist, seine meist sehr chaotische Wohnung aufräume. Er wusste dies schon immer zu schätzen und wunderte sich nie über seine nach Farbe und Größe (statt nach Inhalt) sortierten Bücher. Dies ist meine Art, ihm zu zeigen, dass ich ihn liebe, die er schon immer verstand.
    Wenn wir gemeinsam in der Wohnung sind, macht oft jeder seine eigenen Dinge. Wenn ich ein Bild male, bastelt er an seinem PC, wenn ich joggen gehe, hört mein Freund seine Musik. Aber wir machen auch vieles gemeinsam. So ist es für uns einfacher, zusammen einkaufen zu gehen, Behördengänge zu erledigen oder Familienbesuche zu absolvieren. Hierbei bringt jeder seine Fähigkeiten ein und kann somit die Schwächen des anderen ausgleichen.
    Sexualität und Körperkontakt sind ein kompliziertes Thema
    Mein Freund und ich haben seit mehreren Jahren und vielen Verunsicherungen einen Weg gefunden, der für den Moment passt. Obwohl Autisten den Rufhaben, Berührungen nicht zu mögen, trifft dies für mich und viele mir bekannte Autisten nicht zu. Ich werde gerne berührt, aber nur auf bestimmte Art. Zum Beispiel mag ich ein leichtes, zögerliches Berühren nur mit den Fingerspitzen gar nicht. Es löst bei mir Gänsehaut und ein sehr ungutes Gefühl aus. Im Gegensatz dazu gefällt es mir sehr, wenn ich mit festem Griff angefasst werde. Am liebsten mag ich einfach ein Festhalten ohne Bewegung. Ich habe kein Problem damit, jemandem die Hand zu geben, beispielsweise zur Begrüßung, allerdings finde ich es unangenehm, wenn mein Gegenüber dann nur leicht die Fingerspitzen statt die ganze Hand reicht.
    Mit meinem Partner dauerte es einige Zeit, bis wir herausfanden, in welcher Form Körperkontakt angenehm ist und wann es zu Stress oder gar Abwehr kommt. Somit kann ich diesbezüglich keine allgemeinen Tipps geben. Es macht Sinn, einfach auszuprobieren, und ich denke, jeder findet seine Lösungen. Auch verändern sich diese Bedürfnisse mit der Zeit und ein Anpassen an die aktuellen Bedürfnisse kann eine Beziehung spannend halten.
    Für mich ist es wichtig, meinen Freund zur Zuflucht zu haben in dieser Welt und einer Umgebung, in der ich mich die meiste Zeit unverstanden und minderwertig fühle.
    Für mich ist es wichtig, meinen Freund zur Zuflucht zu haben in dieser Welt und einer Umgebung, in der ich mich die meiste Zeit unverstanden und minderwertig fühle. In unserer Beziehung spielt Sexualität im Vergleich zum Austausch von Meinungen und Erlebnissen nur eine untergeordnete Rolle. Gegen meine häufige Einsamkeit hilft es mir, zumindest bei meinem Freund für eine gewisse Zeit ich selbst sein zu dürfen und das Schauspielern zu reduzieren. Draußen in der »richtigen Welt« und der nicht autistischen Realität ist es für mich sehr anstrengend und mühsam, und mein Partner und unsere Beziehung geben mir ein Gefühl des »Zuhauseseins«. Leider schaffen wir es immer nur für eine begrenzte Zeit, gemeinsam an einem Ort zu sein. Meist fühle ich mich nach ein paar Tagen eingeengt und überfordert und fahre dann wieder in meine Wohnung, wo ich Zeit für mich alleine brauche. Dies finde ich komisch und auch sehr schade, denn ich weiß noch immer nicht, ob es uns je möglich sein wird, eine richtige gemeinsame Beziehung zu führen. Vielleicht ist aber diese Partnerschaft mit gewisser räumlicher Distanz zumindest eine Möglichkeit für Autisten, Gemeinsamkeit zu erleben. Ich selbst bin dafür sehr dankbar.
    Ich wünsche mir sehr eigene Kinder, habe aber auch Angst davor
    Seit ich mit meinem Partner zusammen bin, beschäftigt uns die Frage nach eigenen Kindern. Ich wünsche mir schon immer zwei oder drei Kinder. Sogar die möglichen Namen habe ich mir schon vor vielen Jahren notiert.
    Für mein Kind wäre es ein unnormales Leben, denn eine schwerbehinderte autistische Mutter zu haben, ist vermutlich auch in der nächsten Generation noch eine komplexe Herausforderung.
    Zunächst war ich sehr zögerlich, denn mir war immer klar, dass man Kindern eine gewisse Basis bieten muss. Unter anderem aus diesem Grund kämpfte ichsehr um einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Diese Basis war irgendwann geschaffen, dennoch blieben Zweifel, die aber eher von meinen Gefühlen als vom Verstand geprägt

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