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Asperger - Leben in zwei Welten

Asperger - Leben in zwei Welten

Titel: Asperger - Leben in zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Preißmann
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Information zukommen lassen und wem nicht.
    Freunde und Bekannte reagierten positiv auf die Mitteilung der Diagnose
    Bei unseren Bekannten durften Martin und ich nach der Information in Bezug auf mein Asperger-Syndrom dabei weitaus bessere Erfahrungen machen als ursprünglich erwartet. Sämtliche Freunde und Bekannte sagten hierzu sofort übereinstimmend, dass das doch überhaupt nichts ändere, ich doch immer schon so gewesen sei, ein wenig anders eben, und damit bliebe doch natürlich alles so wie gehabt. Trotz der positiven Erfahrungen möchte ich hier aber auch gerne anraten, die Freunde nicht immer mit allzu vielen Informationen zu konfrontieren, denn ich habe gemerkt, dass bei manchen Leuten nicht unbedingt das Interesse besteht, sich alles bis ins kleinste Detail anzuhören. Denn gerade in der heutigen Zeit sind etliche Menschen mit den eigenen Problemen häufig so sehr belastet, dass das Aufnahmekontingent für länger anhaltende persönliche Vorträge recht schnell ausgeschöpft ist.
    Um es genauer zu sagen: Es wurde mir von ein paar Seiten auch ganz direkt zugetragen, dass man ja nun Bescheid wüsste und das Thema allmählich zu langatmig würde. Im ersten Moment war ich tief getroffen, weil ich nicht immer in der Lage bin, zwischen einer persönlichen Abwertung und der Kritik eines Sachverhaltes sofort zu differenzieren, was übrigens für autistische Menschen typisch ist. Erst nach einer Weile konnte ich erkennen, dass diese Äußerungen berechtigt und nicht gegen mich als Person gerichtet waren. Im Nachhinein
war ich den Freunden sogar ein wenig dankbar dafür gewesen, denn durch gut gemeinte Rückmeldungen anderer Menschen kann ich mein eigenes Verhalten oft ein Stück weit korrigieren. Ich denke, diese Offenheit ist definitiv besser, als wenn hinterrücks gesagt würde, ich hätte ja nur Interesse für meine eigenen Belange.
    Gespräche über Spezialinteressen kontra Small Talk
    Aus diesen Gründen habe ich mir auch schon vor einiger Zeit weitgehend abgewöhnt, andere Menschen mit den für Autisten typischen Spezialinteressen zu unterhalten. Ich neige dann nämlich tatsächlich zu längeren Monologen, die andere Menschen nicht immer so wirklich interessieren, jedenfalls nicht in dem Ausmaß, wie ich mitunter gerne davon zu berichten weiß. Im Laufe der Zeit bemerkte ich, dass viele Menschen gerne Small Talk führen, anstatt sich in lange Diskussionen zu vertiefen. Auch für Martin mit seiner Schwerhörigkeit sind solche Unterhaltungen im Kreise mehrerer Menschen wesentlich unkomplizierter. Daher versuche ich, mich der Situation entsprechend anzupassen, aber es ist oft sehr schwer, denn für mich selbst ist Small Talk eher mühsam. Doch wenn Martin und ich allein sind, führen wir oft längere Gespräche und finden immer wieder Themenbereiche, die uns beide interessieren. Dabei passiert es allerdings gelegentlich, dass ich manche Punkte zum wiederholten Male ausführe, aber das sagt Martin mir dann einfach, und damit ist das Thema in der Regel erledigt. Mit Martins Kritik kann ich überhaupt gut umgehen, und umgekehrt ist das genauso. Wir können über alles sprechen und sind beide der Meinung, dass dies ein ganz wesentlicher Bestandteil einer gut funktionierenden Partnerschaft darstellt.
    Entscheidungen zu treffen, fällt mir schwer
    Schwierig wird es für mich aber immer dann, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen. Das fängt bei Kleinigkeiten an, etwa der Essensauswahl auf der Speisekarte beim gelegentlichen Lokalbesuch mit Freunden, und geht bis hin zu größeren Anschaffungen, die für die Wohnung oder den Garten getätigt werden müssen. Dabei benötige ich oft Martins Unterstützung; es fällt mir schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen, weil ich Probleme damit habe, vorausschauend zu planen und zu organisieren.
    Ohnehin ergänzen Martin und ich uns im täglichen Leben in vielerlei Hinsicht, wie ich bereits erwähnt habe. Als Schwerhöriger kann Martin nicht gut telefonieren, daher übernehme ich dies in sämtlichen Alltagssituationen. Mit privaten Telefongesprächen habe ich im Allgemeinen auch keine nennenswerten Schwierigkeiten. Wenn es allerdings um organisatorische Details geht, die am Telefon mit fremden Leuten wie Handwerkern oder Versicherungsvertretern geklärt werden müssen, kostet mich jeder Anruf eine ziemliche Überwindung,

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