Asperger - Leben in zwei Welten
rauswerfe), bemerke ich immer, wenn irgendetwas nicht an seinem Platz steht. Schon Kleinigkeiten wie Duschgel und Shampoo sind in der Lage, mich komplett zu verunsichern, wenn sie nicht an ihrem Ort stehen. Früher gab es wegen eines »falsch« eingeordneten Kühlschranks und der »anders« hängenden Handtücher immer Streit und gegenseitige Vorwürfe. Heute wissen beide Seiten, dass dies zu meinen Besonderheiten gehört, und wir versuchen, uns darauf einzustellen. Ich bemühe mich â zumindest solange jemand bei mir zu Besuch ist â meine Verunsicherung wegen des zunehmenden Chaosâ in der Wohnung möglichst nicht zu offensichtlich werden zu lassen. Andererseits versucht mein Freund, die gröbsten »Fehler« zu vermeiden und zumindest nicht alles zu verräumen. Dies ist ein Mittelweg, der für beide Seiten und zumindest für eine begrenzte Zeit funktioniert. Dann muss sicherlich wieder eine Ruhe- und Aufräumphase kommen, in der ich alleine bin und alles so machen kann, wie ich es brauche, um zur Ruhe zu kommen.
Wenn mich jemand besucht, bedeutet es immer sehr viel Stress für mich, und ich habe noch keinen Weg gefunden, ein guter und entspannter Gastgeber zu sein.
Andere Menschen kommen nur sehr selten zu mir. Wenn mich aber jemand besucht, bedeutet es immer sehr viel Stress für mich, und ich habe noch keinen Weg gefunden, ein guter und entspannter Gastgeber zu sein. Ich bin aber überzeugt davon, dass auch Autisten die Fähigkeit haben, soziales Miteinander zu leben. Nur brauchen wir selbst Geduld und jemanden, der den Mut hat, auch ein etwas unkonventionelles Vorgehen auszuprobieren.
Mein Umfeld kennen zu lernen, kostet mich sehr viel Energie
Ein netter Nachbar, der die Probleme versteht, ist sicher wünschenswert. Vielleicht kann er einen mit zum Einkaufen nehmen? Vermutlich würde ich ab und zu einen Sportverein oder ein Schwimmbad besuchen, wenn ich eines in der Nähe kennen würde. Leider bleibt neben dem Job kaum Zeit dafür. Und bisher konnte ich den Energieaufwand nicht aufbringen, mir so etwas anzuschauen. In einer Stadt, in der man Familie oder Freunde hat, ist es einfacher, denn sie haben meist gute Tipps und können beim ersten Besuch vielleicht auch ihre Begleitung anbieten. Oft sind Informationen zu Eintrittspreisen, notwendigen Ausweisen oder Mitgliedsanträgen sowie Kleidervorschriften sehr wertvoll, um nicht gleich beim Kennenlernen in Fettnäpfe zu treten.
Es ist auch praktisch, wenn Hausarzt und Zahnarzt in Reichweite sind und man Wege und Telefonnummern kennt. Wenn es einem nicht gut geht, fällt es umsoschwerer, all dies herauszufinden. Hierfür sind Tipps von Nachbarn oder Freunden wertvoll. Beim Umzug in eine neue Stadt sollte man sich nach und nach das Umfeld aufbauen. Leider habe ich all dies nicht beachtet und erst nach mehreren Jahren bemerkt, dass ich nur gearbeitet habe, ohne wesentliche Dinge meines Umfeldes zu kennen.
Geldangelegenheiten und Behördengänge
Es wäre gut, wenn ein gewisses Budget für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung steht (z. B. pro Woche). Sowohl zu viel als auch zu wenig Geld auszugeben kann zum Problem werden. Vielleicht kann auch hierfür ein Plan nötig sein. Das Erstellen eines solchen Planes ist vermutlich mit der Hilfe eines Nichtautisten einfacher. Allerdings finde ich, dass viele Menschen zu viel Sinnloses kaufen, was ich nicht verstehen kann. Am besten wäre ein guter Freund für solche Fragestellungen.
Mir ist es häufig passiert, dass ich Verträge unterschrieben habe, deren Sinn ich nicht verstand, nur um schnell von dem erdrückenden Gespräch erlöst zu werden.
Für Behördengänge und das Ausfüllen von Anträgen ist es gut, jemanden als Ansprechpartner mitzunehmen. Mir ist es häufig passiert, dass ich Verträge unterschrieben habe, deren Sinn ich nicht verstand. Oft geschah dies einfach, um schnell von dem erdrückenden Gespräch erlöst zu werden. Es ist besser, wenn man sich vor solchen Terminen eine Strategie zurechtlegt und am besten gleich jemanden mitnimmt. Man kann sich die Verträge aushändigen oder gar zusenden lassen, um sie dann in Ruhe zu Hause zu überdenken und noch die Option zu haben, Fragen zu stellen. Dies halte ich für eine dringend notwendige Vorkehrung, um sich nicht durch ein Feststecken in endlosen Verträgen unglücklich zu machen. Ich habe bemerkt, dass ich bei
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