Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
herzuckte, atmete stoßweise ein und aus, sodass sich seine Nüstern blähten. Die Schmerzen in seiner leeren Augenhöhle waren unerträglich, aber mithilfe seiner eigenen Magie konnte er sie lindern. Ithtar stand hinter Rugor und studierte die Szene. Seine Meinung behielt er für sich und sprach kein Wort, obwohl er als Hauptmann der Leibgarde den Eid nicht einhalten musste.
Die Anwesenden waren sich über eines einig: Sie mussten einen Ausfall wagen. Nur um das Wie stritten sie unerbittlich. Rugor wollte das feindliche Heer aus der Luft angreifen, unterstützt von Mandrax und den Ordensmagiern. Sai und Wolfgar wollten die Situation auf herkömmliche Art regeln und es auf eine reine Feldschlacht ankommen lassen. Sie vertraten die Ansicht, dass man mithilfe der neuen Truppen das Wagnis eingehen konnte, denn schließlich wusste der Feind nicht, was ihn erwartete. Der Überraschungsmoment konnte das Zünglein an der Waage sein. Eriel und Yasden bevorzugten eine Mischung aus beidem und der Hauptmann der Eidritter schwankte zwischen den drei Lagern. Der Großmeister sah sich das Treiben mit stoischer Ruhe und Gelassenheit an, bis er eine seiner Pranken auf den uralten Steinboden krachen ließ. Splitter fegten in alle Richtungen. »Genug!«, schallte es gebieterisch in den Köpfen der Anwesenden. Alle verstummten gleichzeitig.
Nun benutzte der Drache wieder seine richtige Stimme. Sie klang rauchig und warm. »Ihr habt alle unrecht, aber gleichzeitig liegt ihr auch alle richtig. Wenn wir eure Pläne zu einem einzigen zusammenfassen, dann werden wir das Überraschungsmoment nutzen und uns gegen die erdrückende Übermacht behaupten können. Wir sollten uns nichts vormachen, trotz unserer Verstärkungsind wir immer noch mindestens eins zu sechs unterlegen, denn auch der Feind hat frische Truppen herangeschafft. Anzbacher will den Orden unter allen Umständen vernichten. Er weiß, was auf dem Spiel steht. Schließlich hat er das gesamte Wissen Narronds in sich aufgenommen. Wenn er die Rubinfalken zerschlägt, wird der Widerstand der anderen Völker brechen wie ein dürrer Zweig im Sturmwind. Hört meinen Vorschlag und entscheidet dann, wie wir vorgehen.« Mandrax schob seinen massigen Körper näher an den im Gegensatz zu seinem Körper geradezu winzig wirkenden Tisch heran und die Anwesenden bildeten einen Halbkreis, um den Plan mitzuverfolgen. Die Schwanzspitze des Großmeisters fuhr wie ein großer, fleischiger Finger über die Karte. Alle waren gespannt auf die List, die ihnen offenbart werden sollte.
Mandrax’ Haupt senkte sich, er öffnete seinen Geist für die Anwesenden und ließ sie an seinen Gedanken teilhaben, in denen er das Vorhaben zusammenfasste. Die beiden Zugangsbrücken erschienen vor ihrem inneren Auge. Massen an Truppen strömten darüber. Falken und Lindwürmer bekämpften sich in der Luft. Alle am Kriegsrat Beteiligten nahmen an der Schlacht am Osttor teil. Sie drängten die feindlichen Verbände über die Brücke. Die Betrachter sahen, wie Rugor den Befehl zum Rückzug gab und alle Soldaten sich hinter den Mauern neu formierten. Die Tore wurden dabei nicht geschlossen, der Feind fiel also wie eine Horde Heuschrecken in den Rubinhorst ein und traf auf unerwarteten Widerstand. Die Vision veränderte sich und in Gedanken flogen sie über die östliche Brücke. Sie sahen, wie das gesamte Heerlager des Feindes in Bewegung geraten war und auf das Osttor zudrängte, dann verschwamm die Sicht und die Realität rund um den Tisch hatte sie wieder. Verwunderte Gesichter starrten den Drachen an.
Mandrax ließ sich zu einem Lächeln hinreißen und sagte: »Mehr müsst ihr im Moment nicht wissen. Wichtig ist nur, dass ihr diesen Plan genauso ausführt, wie ich es euch gezeigt habe. Ich weiß, es gehört viel Mut dazu, und ich bitte euch, mir diesen und euer Vertrauen entgegenzubringen. Der Plan kann nur funktionieren, wenn er exakt so durchgeführt wird. Rugor, warte auf mein Zeichen, bevor du den Befehl zum Rückzug gibst.« Zögerliches Nicken von allen Beteiligten. Nur die beiden Vampire machten einen gefassten und sicheren Eindruck. Mandrax sah sie alle der Reihe nach an und las in ihren Augen, ob sie ihrer Sache sicher waren, dann erhob er sich: »Nun geht. Teilt euren Offizieren mit, was zu tun ist. Die Generäle werde ich persönlich unterrichten. Möge das Glück uns gewogen sein und der Segen aller bekannten Götter auf uns ruhen.« Nachdem der Drache geendet hatte, hellten sich die Mienen der Zuschauer
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