Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)

Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)

Titel: Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wunder
Vom Netzwerk:
werde ich mir umgehend einen langen Nagel geben lassen. Den Rest kannst du dir dann in schillernden Farben ausmalen. Und nun tut eure Pflicht und bringt mich zu einem wirklichen Herrn. Der Fürst weiß schließlich, wie man sich gegenüber einer hohen Dame wie mir zu benehmen hat.«
    Die vermeintliche Gräfin wurde nun von zwei Soldaten flankiert und der Wachhabende ging voraus. Sein drittes Auge war irgendwie auf die Hinterseite des Geschwürs gewandert, sodass es die Dunkle immer beobachten konnte. Auch glaubte Ari nun ein kleines zusätzliches Ohr am Hals des Soldaten bemerkt zu haben. Sie vermied Blickkontakt, verzog von Zeit zu Zeit gekünstelt angewidert das Gesicht und rümpfte die Nase über den üblen Gestank, der von den Gardisten ausging. Sie vergaß es auch nicht, sich lautstark über diese »ungebildeten, ungewaschenen, selten dummen Idioten« zu beschweren. Das Auge schien mit ihrem Verhalten zufrieden zu sein, denn nach einer Weile Fußmarsch durch den Hof und endlose Gänge schloss es sich. Der kleine Spaziergang endete vor einer großen Flügeltür im Hauptgebäude der Burg. Nach dreimaligem Klopfen schwang sie fast geräuschlos nach innen auf.
    Gerüche verschiedenster Art schlugen Ari entgegen. Es war eine ekelhafte Mischung aus Gebratenem, diversen Körperflüssigkeiten und Ausdünstungen, auch Noten verschiedener pflanzlicher Rauschmittel konnte sie identifizieren. Die Luft war schwülwarm und der Lärm fast ohrenbetäubend. Gegröle, Gelächter und Gestöhne brachen sich an den Wänden der gewaltigen Halle, die sich vor ihr erstreckte. Vereinzelte Schreie mischten sich darunter, man konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob es Laute der Lust oder des Schmerzes waren – wahrscheinlich beides.
    Die kleine Gruppe betrat den riesigen Saal. An den Wänden konnte Ari verschiedene Banner erkennen, die einst den mächtigsten Regimentern der Nordmänner voranflatterten. Jetzt waren sie mit obszönen Zeichen und blasphemischen Runen beschmiert. Mitten im Raum stand eine große Tafel, auf der Berge von Speisen aufgetürmt waren. Die Dunkle erkannte Schwein, Fasan, Ochse und noch einige seltenere Köstlichkeiten aus Tiros Speisekammern. Eine Fleischsorte jedoch war ihr bis jetzt völlig unbekannt und auch von der Form der Stücke konnte sie nicht auf das vermeintliche Tier schließen, jedoch nahm sie mit ihrer überaus feinen Nase einen süßlichen Geruch wahr, der davon ausging. Seltsam, bisher war ihr dieser charakteristische Geruch immer nur nach großen Schlachten aufgefallen.
    Ein dicker, in eine Seidentoga gehüllter Mann schob sich schwankend an die Tafel. Offensichtlich war er sturzbetrunken. Er schaufelte sich eine gehörige Portion von der nicht näher definierbaren Speise auf seinen goldenen Teller und brachte dadurch den gesamten Berg zum Einsturz. Von der großen Platte rollten zwei faustgroße Kugeln auf den Tisch. Ari erstarrte. Das waren keine Kugeln, das waren Köpfe von Elfenkindern. Sie erkannte es an den für die Rasse typischen spitzen Ohren. In ihr baute sich eine unbändige Wut auf. Sie mahnte sich zur Ruhe, nichts durfte ihren Auftrag jetzt noch gefährden. Sie war so weit gekommen und Anzbacher musste hier irgendwo sein.
    Sie musterte weiter die Halle, um ihr Ziel auszumachen. Überall lagen große Kissen herum, auf denen sich betrunkene Hofschranzen, Neureiche und Emporkömmlinge rekelten. Sie waren nur spärlich bekleidet oder ganz nackt. Hier und da waren Lustsklavinnen zu sehen, die die »hohe« Herrschaft »bedienen« mussten. Bei manchen der blutjungen Mädchen sah man den Ekel in ihren unschuldigen Gesichtern, als sie brutal zu Praktiken gezwungen wurden, die in einer verzweifelten Wanderhure Abscheu hervorgerufen hätten. Bei einigen der »Dienerinnen« war sich Ari sicher, dass es sich nach menschlichen Maßstäben nur um Kinder handeln konnte. Eines der armen Geschöpfe wurde gleich von zwei beleibten Männern gleichzeitig penetriert, während eine ältere Frau dem Kind ihre Scham ins Gesicht drückte und dabei grunzende Laute der Lust ausstieß.
    Am liebsten hätte Ari ihre Maskerade sofort beendet und wäre wie ein Racheengel unter diese verkommenen Subjekte gefahren, um sie alle zur Hölle zu schicken, aber es waren selbst für eine gut ausgebildete Assassine zu viele. Gut einhundert Personen jeden Alters »vergnügten« sich hier, die Wachen, die mit starrem Blick an den Wänden standen, nicht mitgerechnet. Sie wurde weiter durch dieses Kabinett des Wahnsinns geführt.

Weitere Kostenlose Bücher