Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
die Geschichte Tiros aufzuzeichnen. Natürlich nur die wichtigen Dinge, die im Land vor sich gehen. Manchmal sind sie für Jahrhunderte inaktiv und dann wieder füllt sich ein ganzes Fenster in einem Jahr. Wenn kein Platz mehr vorhanden ist, erscheint einfach ein neues in der Mauer und ihre Anordnung verändert sich, damit keine Disharmonie entsteht. So viel mein Volk weiß, wurden sie von einem mächtigen Magier namens Argo erschaffen. Er war einer der ersten Hofmagier am Kaiserhof und man munkelt, dass er einst den Orden dieser verdammten Rubinfalken ins Leben rief. Er stand bei den Völkern Tiros für Weisheit und Ausgleich. Die Rubinfalken sollten in seinem Namen auf das Gleichgewicht der Kräfte achten, und wenn eine Seite zu stark wurde, dann trat er für die andere ein. Die Legende erzählt auch, dass er ein großer Freund der Dunklenwar und er seine Leibwächter und Meuchler von ihnen rekrutierte. Ja, meine Liebe, er benutzte Mörder, um an seine Ziele zu gelangen. Aber was soll’s; wir haben alle unsere kleinen Geheimnisse, um das zu bekommen, was wir wollen.« Die Am Ri berührte Ari bei diesem Satz wie beiläufig an der Hüfte und sah ihr tief in die Augen. Ohne groß darauf einzugehen, fuhr sie lächelnd fort: »Verschwunden ist Argo, als er dem damaligen Kaiser zu mächtig wurde. Die Orkstämme im Donnergebirge waren zu meinem Herrn, Narrond, übergelaufen und Argo sollte sie auslöschen, bevor sie weiter erstarkten und größeren Schaden anrichten konnten. Er sollte die XIII. Legion nach Norden führen, dort die Stämme unterwerfen und einen Außenposten errichten. Diesen Ort nannte er Donnerstein und auf diese Zeit gehen auch die magischen Fenster zurück. Die XIII. Legion war aber auch etwas Besonderes. Sie bestand nicht nur aus Menschen. Viele Völker, wie Elfen, Zwerge, Menschen, Enrai, die Völker aus dem Süden und Osten, einige Drakter und sogar Orks, dienten in ihr. Sie war ein Schmelztiegel der Völker. Schon alleine die Elfen und Zwerge gleichzeitig, ohne eigenes Blutvergießen, zu kommandieren, war eine wahre Meisterleistung. Aber die XIII. Legion zu führen, hieß immer auf der Hut zu sein. Die Gefahr für tödliche Zwistigkeiten zwischen den einzelnen Regimentern war groß und konnte im Desaster enden.«
Ari wurde ungeduldig, vor allem, weil sich vorne am Kamin etwas tat. Einige Wachsoldaten schleppten Kinderleichen zum Feuer und warfen sie hinein. Einige Am Ri intonierten gleichzeitig einen tiefen Singsang, der in den Ohren schmerzte. Ari wandte sich an ihre Begleiterin. »Jetzt scheint die Feier dem Höhepunkt entgegen zu gehen, aber erzählt mir noch, was aus Argo geworden ist, und dann lasst uns zu den anderen zurückkehren, um Narrond und Fürst Anzbacher die Ehre zu erweisen.«
Die Am Ri freute sich sichtlich, der schönen Gräfin zu Diensten zu sein, und fuhr eifrig fort: »Natürlich, wie Ihr wollt. Argo rückte mit der ganzen Legion aus, um den letzten Orkstamm tief im Gebirge zu unterwerfen, und ab da sind sich die Geschichtsschreiber uneins, aber anscheinend erhoben sich die Hauptmänner der verschiedenen Völker gegen ihn, als sie weit genug vom Außenposten entfernt waren. Die einzelnen Regimenter sollen sich gegenseitig abgeschlachtet haben. Die wenigen Überlebenden wurden dann von den Bergorks ermordet und aufgefressen. Argo selbst wurde von jedem seiner Hauptleute einmal verwundet. Über den Verrat entsetzt und zutiefst enttäuscht, dass sich die Völker auch nicht unter seiner Führung und einem gemeinsamen Ziel vereinigen ließen, verwandelte er sich angeblich selbst in Stein. Nun ja, da niemals eine Leiche oder wenigstens ein Ausrüstungsteil der Legion gefunden wurde, geschweige denn Argos Statue, gehört das wohl ins Reich der Legenden. Sicher ist jedenfalls, dass die Expedition gescheitertist und niemand zurückkehrte. Die Orks überschwemmten das Land und plünderten alles im Namen Narronds. Einen Fehler machten diese primitiven Schlammhäute dann doch: Sie weckten in ihrer Gier die Drachen aus dem Schlaf und diese beendeten dann den Orksturm mit loderndem Feuer.«
Ari und ihre dämonische Begleitung gingen Richtung Kamin, wo sich mittlerweile der Hauptteil der Gäste versammelt hatte. Anzbacher schob sich durch die Masse und blieb schwer atmend vor dem Kamin stehen, dann hob er die Hände und sprach ein Wort der Macht. Es öffnete sich über dem Feuer ein grün leuchtendes Portal. Erst war nichts außer wirbelnde Farben zu erkennen, doch dann erschien eine Art
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