Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
Menschen verdienten es nicht anders. Sie hatten sich Narrond geöffnet und ihn in ihre Herzen und Seelen gelassen. Der Preis, den die Bewohner von Donnerstein für das, was sie getan hatten, bezahlten, war in Aris Augen auch noch nicht hoch genug.
Vor einer schweren Eichentür blieb Sai unvermittelt stehen. »Ich glaube, wir sind unten. Hinter dieser Tür müsste der Burghof sein«, wandte er sich an seine Begleiter.
Die Dunkle blickte in die Runde. Die beiden Elfen waren ausgezehrt, aber sie erkannte in ihren Gesichtern den Willen und die Entschlossenheit, zu leben. Sai dagegen war bleich und seine Züge glichen mehr einem Raubtier alseinem stolzen Drakter. Ari wusste, dass er bald trinken musste, sonst würde ihn sein Durst übermannen. Das war in dieser Situation nicht wünschenswert, denn dann würde Sai alle Vorsicht vergessen und sich mitten ins Getümmel stürzen, auf der Suche nach Blut. Die Dunkle ergriff das Wort und damit die Initiative. »Gut, Freunde, wir müssen die gegenüberliegende Mauer erreichen, dort liegen die Tore zu den Ställen. Vermeidet jeden unnötigen Kampf. Einfach in die Stallungen und die Türen verriegeln. Wir brauchen Zeit, denn ich weiß nicht genau, wo der Tunnel ist, der uns hier herausbringt. Also los!«
Ohne eine Antwort abzuwarten, trat Ari die Pforte auf und stürmte ins Freie. Dichtes Schneetreiben empfing alle. Auf der anderen Mauerseite waren schemenhaft zwei Gestalten auszumachen, die an einem Tor standen. Einer der Elfen hatte sich mit zwei Schwertern bewaffnet und beschleunigte seinen Schritt, sprang auf die Soldaten zu und warf seine Klingen. Sie fanden ihr Ziel mit einer Genauigkeit, die Ari fast neidisch machte. Beide Wachen fielen lautlos in den Schnee und erst dann berührten die Stiefel des Elfen wieder den Boden. Rasch eilte er zu den Leichen und bemächtigte sich wieder seiner Waffen. Sai öffnete derweil eine kleinere Tür, die in dem großen Tor eingelassen war, und schlüpfte hinein. Pferdegewieher war zu vernehmen. Ein Lächeln huschte über Aris Gesicht. Sie half dem anderen Elfen, der mittlerweile sehr blass aussah, durch die Tür. Der Schwertkämpfer war der Letzte, der hindurchschlüpfte und sie hinter sich ins Schloss krachen ließ.
Sie fanden einen dicken Holzbalken, mit dem sie die Tür von innen blockierten. Einen Moment lang konnten sie sich nun umsehen. Es roch nach Mist, Heu und geöltem Leder. Links waren die Boxen der Kavalleriepferde aneinandergereiht. Ari schätzte, dass die Ställe für mehr als hundert Pferde Platz boten. Die ersten zwanzig Boxen waren leer, anscheinend waren die Rösser mit ihren Besitzern in den Straßen Donnersteins unterwegs, um das vermeintliche Heer aufzuspüren, das die Stadt augenscheinlich unter Beschuss nahm.
Die Mitglieder der kleinen Schicksalsgemeinschaft atmeten schwer, doch sie mussten weiter. Sie hetzten los. Ari fiel ein, dass Wolfgar noch dort draußen sein musste. Sein Ablenkungsmanöver war einzigartig gewesen. Sie hoffte, dass sie den dicklichen Wirt wiedersehen konnte, denn sie hätte ihn zu gern nach dem Geheimnis dieses Spektakels gefragt. Sie liefen nun an den besetzten Boxen vorbei. Selbst die Pferde trugen Anzeichen der Seuche, nur dass man den Tieren ansah, dass sie sie langsam umbrachte. Einige konnten sich kaum noch auf den Beinen halten, während andere versuchten, die Eiterbeulen an den Holzplanken aufzuscheuern. Ari sah aus dem Augenwinkel etwas Ungewöhnliches und blieb stehen, die anderen rannten weiter.
Sie stand vor einer Box, die komplett leer und sauber war. Kein Stroh auf dem Boden, keine Anzeichen, dass ein Pferd hier gehalten wurde. Seltsamwar allerdings, dass Sattel- und Zaumzeug an den dafür vorgesehenen Haken an der Wand hingen. Die Dunkle wurde stutzig, bedeutete ihren Kameraden herzukommen und begab sich zur Futterkiste an der hinteren Wand. Sie riss sie auf und erblickte Hafer. »Warum Futter in einer Box lagern, in der kein Pferd steht?«, fragte sich die Enrai.
Sai war mittlerweile an ihrer Seite aufgetaucht und erkundigte sich, was los wäre. Ari erzählte ihm von ihrem Verdacht, dass sie hier den Fluchttunnel vermutete. Sai stocherte mit seiner Waffe im Hafer und traf nach einem halben Schritt auf Holz. »Hier ist nichts. Suchen wir die Wände ab.« Alle bis auf den schwächlich wirkenden Elfen klopften die Begrenzungen und das Mauerwerk ab. Sie zogen und drückten an allem, was nur im Entferntesten an einen Hebel oder Knopf erinnerte.
Der bleiche Elf, der sich auf
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