Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
diesmal den Sieg davontragen?«
Ithtar wägte seine Worte sorgfältig ab. »Nun ja, ich denke, dass wir eine sehr harte Nuss zu knacken haben. Der geschickteste Schachzug des Finsteren war, sich diesmal die Menschen für seine zerstörerischen Zwecke auszuwählen. Sie sind sehr zahlreich und nicht so dumm wie die Orks. Ihre Gier nach Macht und Gold lässt sie alles vergessen und macht sie zu willigen Werkzeugen. Das Heer vor unseren Toren beweist, wie durchdacht sein Plan ist. Ich denke aber, wir können hier lange genug Widerstand leisten, bis unsere Verstärkung aus dem Norden eintrifft. Vielleicht haben wir dann die Möglichkeit, auszubrechen und den Kessel zu sprengen. Was allerdings danach kommt, wissen vielleicht nicht einmal die Götter. Der faulige Atem Narronds liegt bereits über ganz Tiro. Täglich werden mehr Menschen von der Seuche infiziert und die restlichen Völker können sich nicht einen. Alle haben genügend damit zu tun, nicht für immer ausgerottet zu werden. Es steht um die Elfen und Zwerge sehr schlecht. Zu Tausenden wurden sie abgeschlachtet. Ihre Städte brennen. Sie haben zwar auch den Menschen einen hohen Blutzoll abverlangt, aber die wachsen schneller nach als die alten Völker. Ich fürchte, wenn nicht ein Wunder geschieht, wird diesmal alles verloren sein und die Menschen werden bald alleine in Tiro herrschen. Und das meine ich wortwörtlich.«
Der Baron nickte vor sich hin und steuerte auf den Balkon zu. »Komm mit mir, alter Freund, wir wollen ein bisschen die Kühle der Nacht genießen.«
Rugor und sein Hauptmann traten auf den Marmorbalkon hinaus. Die Nachtsicht der beiden Vampire machte es möglich, dass sie auch in der Dunkelheit fast so gut sehen konnten wie am Tage. Der Anblick, der sich ihnen bot, war in seiner Grausamkeit atemberaubend. Tausende Feuer vor der Burg bestätigten es nun endgültig: Der Kessel war geschlossen worden. Nicht einmal eine Maus konnte noch ungesehen aus der Festung entkommen, geschweige denn hineingelangen.
Ithtar stellte sich neben seinen Freund und blickte besorgt über das Land. Der Baron stützte sich auf das Geländer und schaute in die Tiefe. Der Rubinhorst war eine Festung, die bis heute noch nie eingenommen worden war. Sie stand auf einem schmalen Tafelberg, der nur über zwei breite, lange Brücken erreicht werden konnte. Die Berge fielen auf allen Seiten mehrere hundert Schritt steil ab. Ein Erklettern war ausgeschlossen. Auch Untertunneln war unmöglich, denn das harte Granitgestein zu überwinden, würde Hunderte von Wintern dauern. Geschützt wurde die Feste von einer dicken Hauptmauer und zwei weiteren Verteidigungsringen. Diese waren so angeordnet, dass die zweite Mauer die vor ihr liegende überragte, um den Bogenschützen bessere Ziele zu liefern, wenn es dem Feind gelang, den ersten Ring zu sprengen. Der Zwinger selbst war ein kompaktes Bollwerk mit allerlei versteckten Mechanismen, um Eindringlingen das Leben schwer zu machen. Aus ihm entsprang auch der hohe, schlanke Turm, auf dessen oberstem Balkon die beiden Freunde nun standen.
Geschäftiges Treiben war überall in der Burg zu beobachten. Die Wachen patrouillierten auf den Wehrgängen und die Handwerker gingen ununterbrochen ihrer Arbeit nach, um genügend Waffen und Rüstungen zu stellen. In einigen Abständen waren auf den Mauern Kriegsmaschinen platziert. Der äußere Hauptring war mit »Seeschlangen« bestückt. Diese besaßen die Form einer großen Armbrust und konnten lange Speere oder auch viele kleine Steinkugeln verschießen, besonders gegen Infanterie eine tödliche Erfindung. Auf dem zweiten Ring standen große Katapulte, diese konnten Kugeln mit alchemistischem Feuer in die Reihen der Gegner werfen. Bei einem Aufprall zerbrachen diese und setzten ein brennendes Gebräu frei, das ein großes Gebiet in alles verzehrende Flammen hüllen konnte. Der letzte Ring vor dem Zwinger wurde von großen Trebuchets beherrscht, massigen Gerätschaften, die einen mannshohen Felsbrocken über eine sehr weite Entfernung schleudern konnten. Nicht sehr zielgenau, aber der Wucht dieser Geschosse widerstand kein Lebewesen und sogar ein Riese konnte von einem Volltreffer getötet oder zumindest schwer verletzt werden. Der Zwinger selbst war durch einenbreiten Graben geschützt, der bei Bedarf mit einer ätzenden Flüssigkeit angefüllt werden konnte. Die unzähligen Schießscharten machten es dem Gegner schwer, überhaupt in die Nähe der Brücke und der Haupttore zu kommen. Da die
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