Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
Gassen sehr eng gehalten waren, war es möglich, mit wenigen Kriegern auch eine noch so große Streitmacht aufzuhalten, da nur maximal fünf Soldaten nebeneinander kämpfen konnten. Die großen Plätze mit den Häusern der Handwerker wurden im Ernstfall sofort aufgegeben, und wenn ein Ring fiel, wurde sich sofort in den nächsten zurückgezogen. Wenige Tapfere konnten in den Engstellen die benötigte Zeit dafür erkaufen.
Der Baron spürte die Magie, die in den uralten Mauern steckte. Alte und neue Bannsprüche vereinten dort ihre schützende Kraft und unterstützten sich gegenseitig. Kein Zauberer, der außerhalb der Feste stand, konnte seine Magie hinter die Mauern wirken lassen. Das war sehr wichtig, damit sich keine Portale öffneten und so keine Invasion von innen stattfand. Auch verhinderten Runen, dass ein fremder Magier Sprüche wirken konnte. Das Netz der Abwehrmagie war so gewoben, dass es die Zauber des Ordens und seiner Angehörigen erkannte und nur ihnen gestattete, ihre Künste auszuüben. Damit war einem eventuellen Eindringling eine entscheidende Waffe geraubt worden. Rugor erblickte Zauberkundige, die die Mauern weiterhin abschritten und kleinere Lücken in der magischen Verteidigung schlossen. Er war sehr stolz auf seine Ordensbrüder und -schwestern. Sie hatten in den letzten Wintern Großes geleistet, damit der Rubinhorst wieder in altem Glanz erstrahlte.
Hoch über sich bemerkte er Schatten, die ihre Bahnen zogen. Kriegsfalken und ihre Reiter schützten die Feste vor Angriffen aus der Luft. Unterstützt von Kriegsmaschinen auf den Mauern und dem Zwinger, die nur gegen Angriffe aus der Luft konzipiert worden waren, schien auch dieses Element ausreichend gesichert. Der Baron wusste gar nicht, warum er sich so viele Sorgen machte. Die Verteidigung war gut organisiert und stand. Jeder Krieger kannte seinen Platz und seine Aufgabe, sie würden alle bis zum letzten Atemzug kämpfen, wenn der Sturm begann.
Rugor fiel schlagartig wieder ein, was ihm Sorge bereitete, dabei musste er lächeln, denn er hatte Ari in seinem Brief geschrieben, dass sie sich die Zeit nehmen sollte, die sie brauchte. Er wollte sie nicht unter Druck setzen und somit Flüchtigkeitsfehler provozieren, dafür war ihre Aufgabe zu wichtig – ein Scheitern bedeutete für viele Völker den Tod. Sie war die einzige Hoffnung, das Gleichgewicht der Kräfte in diesem Krieg wiederherzustellen. Rugor wandte sich an Ithtar, der mit wachsamen Augen über das Land blickte. »Gut, dass du gekommen bist. Berichte mir von der Sabotageaktion in der letzten Nacht. Was habt ihr herausgefunden?«
Der Hauptmann straffte sich wieder, seine Stimme klang nun sehr sachlich.»Herr, unsere Befürchtungen haben sich bestätigt. Ein Teil unserer Vorräte wurde vergiftet und verschiedene Brunnen zum Einsturz gebracht.«
Der Baron unterbrach den Gerüsteten mit einer knappen Handbewegung. »Wie viel Zeit haben wir verloren?«
»Ich fürchte, es ist schlimmer, als wir anfangs dachten. Doch wenn wir sofort anfangen, die Nahrungsmittel zu rationieren, bleiben uns vielleicht noch sechs Monate, eher weniger.«
Rugor zog die Mundwinkel leicht nach unten und nickte kaum merklich. »Das ist nicht sehr lange, ich hoffe aber, dass er schon vorher eine Entscheidung sucht. Wenn er es nicht tut, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als anzugreifen, aber das mögen alle Götter verhindern. Lass mich bitte allein, wir reden später weiter.«
Ithtar verbeugte sich knapp und verließ wortlos den Baron, der plötzlich um Jahre gealtert schien.
Als die Tür ins Schloss fiel, hämmerte der Baron vor Wut auf das Geländer ein, schwang sich über die Brüstung und sprang in die Tiefe. Der steinige Untergrund raste auf ihn zu. Er erkannte, wie Ordensmitglieder und Tiere immer größer wurden. Die Details der Handwerksbetriebe, Werkzeuge, halb fertige Rohlinge, Eisen- und Stahlbarren waren immer deutlicher zu erkennen. Mit jedem Augenblick, den er fiel, wurde sein Blick schärfer und die Zeit schien langsamer zu vergehen. Es war so weit, der Boden schien greifbar nahe. Rugor schloss die Augen. Kurz bevor sein Körper aufschlug, zerfaserte er. Die Konturen wurden unscharf und er löste sich in weißem Nebel auf. Durch die Geschwindigkeit, die der Vampir bei seinem Fall aufgebaut hatte, wallte die Wolke in alle Richtungen davon, als sie auf festen Grund traf. Ein in Gedanken versunkener Feuermagier des Ordens, erkennbar an den Brandflecken in seiner reich verzierten
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