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Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)

Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)

Titel: Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wunder
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Sie spürte, wie sie mit neuem Leben erfüllt wurde. Mit einem Mal wurde sie sich wieder bewusst, dass sie nicht alleine war. Sie drehte sich um, um nach ihrem Begleiter zu sehen. Der Hüter stand hinter ihr im schwarzen Sand, aber seine Kutte war jetzt grau. »Bist du noch derselbe oder ein anderer?«, fragte Ari.
    Wieder ein leises Kichern. Darin war aber kein Hohn oder Verachtung, sondern echtes Amüsement. »Ich bin noch derselbe und doch ein anderer, aber das zu erklären, würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Den ersten Schritt hast du getan, nun lass uns ein Stück gehen, denn auch ich mag diesen Ort sehr. Du hast eine gute Wahl getroffen. Ich kann deutlich spüren, dass du dich mit meiner Anwesenheit etwas schwer tust, und da dir auch noch niemand von mir erzählt hat, möchte ich es dir etwas einfacher machen und dir einige Fragen stellen. Vielleicht erkennst du dann, warum du mich gerufen hast.«
    Ari nickte kaum merklich und starrte beim Laufen auf den schwarzen Sand, der immer wieder von den Wellen verändert wurde.
    »Was glaubst du? Warum wurden die Rubinfalken ins Leben gerufen?« Ari dachte kurz nach, sie rief sich alle Geschichten ins Gedächtnis, die sie gehört hatte, und teilte sie dem Hüter mit. Es fiel ihr auf, dass immer wieder die Worte »Ausgleich« und »Balance« in ihrem Bericht vorkamen.
    Der Berobte nickte sacht, bevor er zu sprechen begann. »Das ist richtig. Siewurden ursprünglich geschaffen, um das Gleichgewicht der Kräfte zu gewährleisten. Wurde ein Volk zu mächtig oder drohte ein Krieg aus den Bahnen zu geraten und alles zu verbrennen, griffen die Rubinfalken ein. Manchmal mit einem einzigen Attentäter, aber auch mit ganzen Heeren. Sie sind der natürliche Gegenpol zu Narrond oder dem Bösen, ganz wie du es nennen willst. Du erzähltest mir auch, dass du glaubst, der mächtige Magier Argo habe den Orden ins Leben gerufen. Leider muss ich dich enttäuschen. Sein Ursprung liegt sehr viel weiter in der Zeit zurück. Damals waren die heute ältesten Völker noch jung. Sie wurden nur nach und nach vom Großmeister eingeweiht und nur wenige wissen heute noch um seine Existenz. Aber lass uns zu den Anfängen zurückkehren. Die ältesten Geschöpfe Tiros waren seit jeher die Drachen. Sie wurden im selben Atemzug mit Tiro erschaffen. Ihr Auftauchen veränderte die Welt bereits zu Anfang. Sie fingen an, Strukturen der Macht zu bilden und sich gegenseitig zu bekriegen. Mit dem Tag der Geburt wächst etwas in jedem Lebewesen, es ist etwas Dunkles und Bedrohliches, etwas, das ganze Welten verschlingen kann. Manche können diesem Gefühl widerstehen, andere erliegen ihm völlig. Letztere sind die Schwächsten von allen, sie sind Sklaven ihrer Sucht nach Macht, Reichtum und den sonstigen unwichtigen Begleiterscheinungen des Lebens. Manchmal glaube ich, dass die Götter bei ihnen völlig versagt haben.«
    Wieder kicherte es unter der Kutte. Während die beiden Wanderer eine der kleineren Säulen umrundeten, schwieg der Hüter. Ari nutzte die Pause und fragte ihn, was das für eine dunkle Bedrohung sei, die in den Geschöpfen wohnt.
    Der Hüter nickte und fuhr mit seinen Ausführungen fort: »Du kennst es auch, nur ist es in dir erloschen. Es ist nicht tot, niemand kann es für immer bezwingen, aber man kann sich ihm widersetzen. Es ist ein ewiger Kampf um die Vorherrschaft im Inneren einer Seele. Es ist die Gier!« Das Wort hallte wie Donner durch die Landschaft und wurde in einem tausendfachen Echo von den nicht sichtbaren Wänden zurückgeworfen. Der Berobte war bei dem Wort kurz stehen geblieben und ging nun weiter, als wäre nichts geschehen. »Die Gier ist die Wurzel allen Übels. Sie verhindert das Notwendige und Richtige und bringt den Völkern nichts als Hunger, Not und letztlich einen qualvollen Tod. Es wird immer wieder in Geist, Seele und Charakter Schwache geben, die ihr völlig erliegen. Sie müssen immer mehr haben als die anderen. Sie können nicht aufhören, sie mehren ihren Besitz, ihre scheinbare Macht und ihr Wissen auf Kosten anderer, nur um sich für die kurze Spanne ihres Daseins von den anderen abzuheben. Wie kleinlich und beschränkt doch ihre geistlose Sichtweise ist! Manchmal quält sie ihr verkümmertes Gewissen dann doch so sehr, dass sie einem Bettler ein Kupferstück hinwerfen oder eine Mahlzeit spendieren, aber die meisten reut ihre Tat, kaum dass sie es getan haben, dennwas sie geben, haben sie ja nicht mehr. Die anderen rechnen sich bereits vorher aus, wie

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