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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Apartment drang, und versuchte, die Eindrücke des vergangenen Tages zu verarbeiten, die Informationen, die sie von Schwester Bernadine bekommen hatte. Sie versuchte, eine Theorie zu entwickeln, ein Muster zu erkennen. Sie war nach dem Mittagessen in die Geheimen Archive zurückgekehrt, aber in Gedanken hatte sie sich weiter mit der Liste der Toten beschäftigt, und mit dem einen Mann, der möglicherweise noch lebte. Val mußte eine Verbindung zwischen den fünf Morden gesehen haben, irgendein Schema erkannt haben, das deutlich genug gewesen war, um der Liste einen sechsten Namen hinzufügen zu können. Oder anders ausgedrückt: einen sechsten Mord vorherzusagen. Aber wer war Erich Kessler? Warum sollte er das nächste Opfer sein? Was verband ihn mit den Ermordeten? Und überhaupt – was hatten diese fünf Männer gemein? Eine Gemeinsamkeit, die sie das Leben gekostet hatte. Und es stellte sich zudem die zwangsläufige Frage: Waren auch Vals und Lockhardts und Heffernans Namen dieser Liste des Todes hinzugefügt worden? Val hatte herausgefunden, daß bereits fünf Menschen ermordet worden waren … Curtis Lockhardt war Vals Geliebter gewesen … Heffernan war mit Curtis befreundet gewesen … war dies der Verbindungsstrang? Elizabeth konnte nicht schlafen. Sie streifte sich ihren Morgenmantel über und trat hinaus auf den Balkon, sah tief unten die Lichterkette der Autos auf der noch immer belebten Straße, blickte auf das flimmernde, funkelnde spätabendliche Rom. Der Wind war kalt, schneidend. Sie zog den Morgenmantel enger um den Körper, und plötzlich wurde ihr die Einsamkeit bewußt, die sie nicht abschütteln konnte; sie erinnerte sich an das kleine Mädchen im Flugzeug, und an Valentine … Mein Gott, wie sehr sie Val vermißte. Was, fragte sie sich, würde Ben Driskill wohl zu der Namensliste sagen? Welche Schlüsse würde er daraus ziehen? Ben, das spürte sie, war der einzige Mensch, mit dem sie offen über das alles reden konnte, und er war fast so weit weg wie Val. Wieder einmal wünschte sie sich sehnlichst, sich Ben gegenüber nicht so dumm und abweisend verhalten zu haben. Wie konnte sie den Schaden wiedergutmachen? Oder würde sie gar keine Gelegenheit mehr dazu bekommen? Sie fragte sich, ob ihm inzwischen klar geworden war, auf was er sich eingelassen hatte … und ob er die Jagd auf den Mörder auch mit dem Wissen um Vals Todesliste fortgesetzt hätte.
    An den folgenden Tagen verdrängte Elizabeth die Sorgen um Ben Driskill und das Gefühl der Einsamkeit und Trostlosigkeit, das sie beim Gedanken an Val überkam, und versuchte, sich ganz auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Sie vertiefte sich wieder in den fondo über die Nuntiatur von Venedig, versuchte, etwas wiederzufinden, das ihr schon am ersten oder zweiten Tag, den sie hier in den Archiven verbracht hatte, aufgefallen war. Es war ein ärgerliches Unterfangen, noch einmal die Unterlagen durchzusehen, die sie bereits kannte. Was war es gewesen? Was hatte sie gesehen – und übersehen? Denn es war ihr damals unwichtig erschienen, eine Randnotiz, nichts Besonderes; ihre Augen waren einfach darüber hinweggehuscht. Und dennoch. Irgendwie hatte es sich in ihr Gedächtnis eingeprägt. Was, in drei Teufels Namen? Nach dem Mittagessen und dem Gespräch mit Schwester Bernadine erschien es ihr plötzlich ungeheuer wichtig. Sie mußte es finden, doch es war im Wust der Akten und Notizen und Briefe verschwunden.
    Als sie es vorerst leid war, ging sie zum Cola-Automaten, der in dieser Umgebung wie eine Requisite aus einem Science-Fiction-Film aussah, zog sich eine Dose und trat damit hinaus auf den Hof. In einer Ecke saßen zwei Priester auf einer Bank, rauchten, unterhielten sich angeregt und ließen die warme Sonne auf ihre blassen Gesichter scheinen. Elizabeth trug Hosen und eine bunte Bluse. Die beiden Geistlichen konnten unmöglich erkennen, daß sie eine Nonne war. Sie betrachteten Elizabeth, lächelten, und sie nickte ihnen zu. Seit sie in den Geheimen Archiven ihre Arbeit aufgenommen hatte, war ihr noch keine andere Frau über den Weg gelaufen. Eine Männerwelt. Und dennoch war eins der Mordopfer eine Nonne – sieben Männer, eine Frau.
    Zurück an ihrem Schreibtisch, nahm sie die Arbeit wieder auf. Doch sie wußte, daß ihre Suche zu scheitern drohte. Nein, sie würde niemals herausfinden, auf welches Geheimnis Val gestoßen war. Sie würde sich niemals daran erinnern, was ihr am ersten oder zweiten Tag ihrer Nachforschungen aufgefallen war und

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