Assassini
Bischof, außerdem ein Mann mit Charisma, geradezu verschwenderisch in seiner Gastfreundschaft, außerordentlich gebildet, klug und redegewandt. Und seine Ansichten, was die Kirche betraf, fielen bei nicht wenigen Menschen auf fruchtbaren Boden. Obwohl nur wenige seiner Briefe und Schriften über die Kirche erhalten geblieben waren, ging aus den Unterlagen doch hervor, daß seine Lehren vom toskanischen Adel sowie von vielen Geistlichen, Mönchen und Nonnen zwar als abgrundtief ketzerisch, aber nichtsdestoweniger als begründet und einleuchtend betrachtet worden waren.
Da er zu der Überzeugung gelangt war, daß die Kirche dringend einer ständig in Bereitschaft stehenden Killertruppe bedürfe, überfiel er das Kloster San Lorenzo und ließ all jene töten, die sich ihm nicht anschließen wollten. Das Kloster wurde ein Stützpunkt seiner toskanischen Assassini. Sie waren zwar loyal gegenüber dem Bischof und Herzog Sebastiano, aber dennoch von jedermann gegen entsprechende Bezahlung für Mordaufträge zu gewinnen.
Der Papst wußte von den Aktivitäten des Herzog-Bischofs, zeigte aber kein sonderliches Interesse, ihm Einhalt zu gebieten. Der Papst war der Meinung, es sei einfach klüger, Sebastiano nach Gutdünken schalten und walten zu lassen: Einer der Assassini würde ihn früher oder später beseitigen und seinen Umtrieben ein Ende setzen. Auf einem vom Papst einberufenen Tribunal wurde die Frage erhoben: Was hatte Sebastiano denn eigentlich getan? War es denn so schlimm gewesen? Er hatte sich eines halb verfallenen, primitiven Klosters bemächtigt; er hatte ein paar ungebildete Mönche beseitigen lassen und einige Nonnen vergewaltigt, die nun wirklich von keinerlei Bedeutung für die Kirche waren. Er hatte sich – vermutlich – in schwarzer Magie versucht, und falls das überhaupt zutraf, hatte er sicherlich nur versucht, sein Sexualleben ein wenig zu würzen. Und er befehligte sowohl ein eigenes Söldnerheer als auch eine eigene Truppe der berüchtigten, unberechenbaren Assassini. Es war darum besser, Sebastiano gewähren zu lassen.
Doch es kam, wie es bei einem derart arroganten Größenwahnsinnigen wie Sebastiano kommen mußte: Er überschritt sogar die Grenzen der schier unendlichen Toleranz des Papstes. Ihm war eine Bemerkung zu Ohren gekommen, die ein Kardinal – und Neffe des Papstes –, ein neunundzwanzig Jahre alter Bonvivant aus Florenz, Sebastianos Schwester Celestina gegenüber gemacht hatte; ein anstößiges Angebot, genauer gesagt – ein Angebot, das Celestina nur zu bereitwillig angenommen hatte. Und das wiederum hatte sich anschließend weit herumgesprochen.
Weil er ein sehr praktisch veranlagter Verrückter war, forderte der Herzog-Bischof eine Tributzahlung, die, jedenfalls seiner Meinung nach, in ihrer Höhe dem entsprach, was von der ohnehin schon arg lädierten Ehre seiner Schwester noch übrig gewesen war, als sie dem Drängen des Kardinals nachgegeben hatte. Sebastiano schlug vor, ihn durch ein Reiterstandbild seiner selbst aus massivem Gold zu entschädigen. Der Kardinal wies diesen Vorschlag zurück, und so sandte Sebastiano Bruder Scipione, seinen besten und vertrauenswürdigsten Meuchler, aus, die Sache mit dem Messer aus der Welt zu schaffen. Dem jungen Mann wurde in seinem Schlafgemach der Leib aufgeschlitzt, in seinem Bett, genauer gesagt, das er zu diesem Zeitpunkt unglücklicherweise gerade wieder mit Celestina teilte, die daraufhin das gleiche Schicksal wie ihr Liebhaber ereilte.
Und jetzt endlich, da Sebastianos Boshaftigkeit jemanden aus seiner eigenen Familie das Leben gekostet hatte, sah der Papst keine andere Wahl mehr, als zu drastischen Mitteln zu greifen. Zunächst ernannte er den einundzwanzigjährigen Bruder des Ermordeten zum Kardinal. Dann stellte er ein eigenes Söldnerheer auf, das offiziell in Diensten des neuernannten Kardinalsjünglings stand, der dieses Heer auch sogleich in Marsch setzen und gegen Castello Sebastiani vorrücken ließ, um seinen geliebten Bruder zu rächen. Zuerst jedoch wurde das Kloster von San Lorenzo angegriffen. Sämtliche Assassini bis auf neun, denen die Flucht gelang –, wurden mit dem Schwert gerichtet. Dann rückte das Heer gegen Sebastianos Schloß vor, der sich plötzlich seiner zuverlässigsten und treuesten Freunde und Verteidiger beraubt sah und schnellstens die Friedensfühler ausstreckte. Man trat in Verhandlungen ein. Doch so erfolgreich der Herzog als Lüstling und Orgiast gewesen war, so erfolglos erwies er sich als
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