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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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woran sie sich so verzweifelt zu erinnern versuchte. Am frühen Nachmittag beschloß sie endgültig aufzugeben. Und dann fand sie es. Ein einziges Wort nur. Assassini.
    Irgendwie hatte sich dieses hingekritzelte Wort in ihr Gedächtnis eingeprägt, ohne daß sie es bewußt gelesen und in sich aufgenommen hatte. Aber da war es wieder, dieses eine Wort, und schlagartig kehrte die Erinnerung zurück. Assassini.
    Es stand in einer Notiz auf der Rückseite einer uralten, handgeschriebenen Menükarte. Es mußte ein sehr erlesenes Menü gewesen sein, aus Anlaß einer glanzvollen Festlichkeit in großem Rahmen, zweifellos. Aber es gab keinen Hinweis auf den Namen des Gastgebers oder den Anlaß der Feierlichkeit. Vielleicht war es gar keine offizielle Menükarte, sondern nur eine Notiz für einen Küchenchef. Egal. Auf jeden Fall war das, was sie gesucht hatte, in italienischer Sprache auf die Rückseite der Menükarte gekritzelt. Und dieses eine Wort war ihr ins Auge gestochen, war ihr haften geblieben.
    Sie begann mit der Übersetzung und trug den englischen Text in ihr Notizbuch ein:
    Kardinal S. hat um die Erlaubnis ersucht, sich der Dienste Claudio Tricinos von den toskanischen Assassini zu versichern, der sich der Lösung des Problems annehmen soll, welches dadurch entstanden ist, daß Massaro seine Tochter Beatrice geschändet hat, welche die Geliebte des Kardinals ist. Dies sei hiermit gewährt.
    Was zweifellos bedeutete, daß Tricino diesem Massaro ein Messer in den Leib gestoßen hatte, denn der arme Massaro hatte zwei schlimme Fehler gemacht, und dies auf einen Streich, sozusagen: Er hatte mit seiner Tochter Inzucht getrieben und dadurch dem Kardinal Hörner aufgesetzt.
    Die hingekritzelte, verblaßte Notiz hatte rein gar nichts mit dem eigentlichen Archivmaterial des fondo zu tun; ebensowenig die seltsame Menükarte. In den anderen Akten fanden sich keinerlei Hinweise auf Kardinal S. oder Massaro oder Tricino. Und dennoch waren Elizabeth diese unscheinbaren Zeilen aufgefallen. Auch Val? fragte sie sich jetzt.
    Seltsam, daß dieses Wort die Erinnerung wachgerufen hatte. Assassini.
    Attentäter. Gewaltverbrecher. Mörder. Im Mittelalter, ja noch in der Renaissance ein durchaus gebräuchliches Mittel auch der Kirche, gewisse Probleme aus der Welt zu schaffen, bestimmte Ziele zu erreichen. Jeder, der genug Geld und Macht besaß, konnte sich die Dienste solcher Leute erkaufen, damit das getan wurde, was -jedenfalls in den Augen des Auftraggebers – getan werden mußte: eben dieses Geld und die Macht zu schützen. Ein Adeliger, der von Feinden überfallen wurde, ein Prinz, der einen Rivalen in der Thronfolge zu fürchten hatte, ein reicher Mann mit einer treulosen Gattin und/oder Mätresse, die ihm irgendwelchen Ärger machte … ein Bruder, dessen Schwester zuviel wußte … die versteckten Hinweise, die aus den Briefen und anderen Dokumenten aus dieser Zeit hervorgingen, waren zahllos. Aber es waren immer nur versteckte Hinweise.
    Und was die Kirche betraf – nun, die Kirche war sozusagen die unbestrittene Autorität auf dem Gebiet des Blutvergießens. Es ist verschiedentlich behauptet worden, die Assassini hätten nur für den Papst und niemanden sonst Mordaufträge erledigt. Das war falsch. Man mußte nicht erst Papst werden, um sich ihrer Dienste versichern zu können. Wenn man Kardinal war, reichte es auch; sogar wohlhabende Priester bedienten sich dieser Killertruppe. Man bezahlte, und irgend jemand segnete das Zeitliche.
    Elizabeth hatte sogar einen ihrer Professoren in Georgetown einmal nach den Assassini gefragt. Father Davenant hatte lächelnd den Kopf geschüttelt, als wollte er sagen: Warum möchte ein hübsches Mädchen so etwas wissen? Sie hatte den Mund gehalten. Und er hatte gesagt: »Natürlich hat es sie gegeben. Sie waren etwas Alltägliches, als ein Menschenleben noch vergleichsweise billig war. Und eben das ist der Grund dafür, daß es so wenige schriftliche Belege für die Existenz der Assassini gibt. Das Verbrechen, insbesondere der Mord, waren damals kein Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen, sie gehörten zum Leben wie Leid, Krankheit oder Tod. Mein Großvater ist um die Jahrhundertwende aus Italien in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Er hat damals noch sämtliche Verbrecher schlicht als Assassini bezeichnet. Er hat mir erzählt, daß die Geburtsstunde der Mafia geschlagen hatte, als man zum erstenmal Sizilianer als Assassini eingesetzt hat. Aber natürlich gibt es da noch all

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