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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Tragödie.« Petrella seufzte. »Welch ein Geheimnis.« Er bedachte sie mit einem neugierigen Seitenblick, in der Hoffnung auf eine Reaktion.
    »Sie wissen nicht zufällig, womit sie sich hauptsächlich beschäftigt hat?« fragte Elizabeth. »Es wäre hilfreich …«
    »Ah. ja. Die Borgia, glaube ich. Sind immer sehr gefragt, die Borgia. Die Nuntiatur von Venedig … Schwester Valentine hat viele Tage in den Miscellanea verbracht. Hat sich mit einigen der buste im Turm der Winde beschäftigt.« Er vollführte eine umfassende Geste mit den Händen, als wollte er sagen: Dort gibt es unendlich viele.
    »Ich glaube, ich muß mich erst ein wenig mit den Räumlichkeiten vertraut machen. Ich weiß, daß es ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen ist, aber ich möchte zumindest versuchen festzustellen, woran Schwester Valentine gearbeitet hat. Ich bin es ihr schuldig.«
    Petrella nickte. »Gut. Eine vernünftige Einstellung. Geduld und keine zu großen Erwartungen sind die einzige Möglichkeit, nicht zu verzweifeln. Die Miscellanea sind weitgehend unerforschtes Gebiet. Kommen Sie bitte mit, dann werde ich Ihnen ein wenig von dem zeigen, was Sie erwartet. Sie sind noch nie in den Geheimen Archiven gewesen, nicht wahr?«
    »Nur einmal. Aber das war eher oberflächlich. Wir haben damals in unserer Ordenszeitschrift einen Artikel über die Archive veröffentlicht. Ich war sozusagen als Tourist hier. Diesmal besuche ich die Archive als Forscher.«
    Er lächelte, nickte, führte sie weiter.
    Sie begannen ihren Rundgang im Lesesaal mit seinen großen schwarzen Schreibtischen, mit Bücherregalen, in denen Bände standen, die zu schwer waren, als daß ein einzelner Mann auch nur einen davon hätte tragen können, mit seiner riesigen Wanduhr und mit dem für den Präfekten bestimmten Thron, von dem aus der ganze Saal zu überblicken war. Doch der Präfekt war meist zu beschäftigt, als daß er diese Aufsicht hätte ausüben können. »Aber was zählt, ist das Symbol«, erklärte Petrella.
    Elizabeth folgte ihm durch lange, dunkle Flure, gesäumt von riesigen metallenen Regalen, die Abertausende von Bänden trugen; die Deckenbeleuchtung schaltete sich automatisch ein, sobald man darunter herging, und erlosch einige Sekunden später, so daß die beiden in einem kleinen Boot aus Licht ein Meer der Dunkelheit zu durchfahren schienen. Sie kamen an der Halle der Pergamente vorüber; die uralten Schriftstücke hatten eine leicht purpurne Färbung angenommen, die von einem Pilz herrührte, der sie irgendwann zerstören würde – ein Prozeß, der nicht aufzuhalten war. Im ältesten Teil der Archive sah sie die Kabinettschränke aus Pappelholz, die von den bedeutendsten Kunsttischlern des siebzehnten Jahrhunderts im Auftrag Pauls v. Borghese geschreinert worden waren und die noch immer das Familienwappen dieses Borghese-Papstes trugen. In den Kabinettschränken wurden die Papstregister aufbewahrt.
    Sie stiegen die schmale Treppe bis zur Spitze des Turms der Winde hinauf. Tief unter ihnen lagen, wie Miniaturlandkarten, die Gärten des Vatikans. Die camera meridiani, der am höchsten gelegene Raum im Turm der Winde, war menschenleer. Zwei Wände waren von Fresken geziert, auf denen die Winde als Göttergestalten mit wehenden Umhängen dargestellt waren. Der Raum war als Observatorium konzipiert worden – »Man kann nur hoffen, daß Galileo, dessen beurkundeter Widerruf seiner Thesen sich unten in den Beständen befindet, eine gewisse Genugtuung darüber verspürt«, bemerkte Petrella. Auf dem Fußboden befand sich ein kreisförmiges Mosaik, das die Tierkreiszeichen darstellte und das so ausgerichtet war, daß die Sonnenstrahlen durch eine schmale Öffnung in einer der mit Fresken bemalten Wände zu bestimmten Zeitpunkten in bestimmten Winkeln darauf fielen. An der Decke hing ein Windmesser, dessen Flügel sich langsam und behäbig drehten.
    »In diesem Raum wurde der Gregorianische Kalender entwickelt«, sagte Petrella. »Im Turm der Winde gibt es kein Licht, und das aus gutem Grund. Denn weil es hier nie eine künstliche Beleuchtung gegeben hat, verrät schon der kleinste Lichtschimmer, ob sich ein Unbefugter im Turm aufhält oder ob ein Feuer ausgebrochen ist. Sehr sinnreich.« Er lachte leise.
    Am Nachmittag nahm Elizabeth auf einem unglaublich unbequemen Stuhl an einem der riesigen schwarzen Schreibtische im Lesesaal Platz und ließ sich die ersten Unterlagen bringen, die sie durchsehen wollte. Es war das fondo über die Nuntiatur von

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