Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
Kirche mehr betreten, mit einer Ausnahme: zu Ehren meiner Schwester Valentine, die jenes Banner ergriff, das ich zu Boden geworfen hatte, und Ordensschwester geworden war. Schwester Val: eine jener unkonventionellen Nonnen der neuen Generation, von denen man immer wieder liest oder hört und die auf so manche Weise ziemlichen Wirbel – und ziemlichen Ärger – machen und die Kirche zur Verzweiflung treiben. Val hatte es sogar bis auf die Titelseiten von Time und Newsweek und People gebracht. Old Hugh hatte – wie er hin und wieder zu seiner äußersten Bestürzung feststellen mußte -eine rebellische Unruhestifterin gezeugt.
    Normalerweise machten Val und ich uns darüber lustig, wie unser alter Herr auf ihre ›Eskapaden‹ reagierte, zumal Val meinen Standpunkt kannte. Sie war in den Orden eingetreten und hatte auf einen Blick erkannt, daß die Maschinerie der Kirche so hochtourig lief, daß die Lager vor Hitze glühten. Sie wußte, daß ich bei den Jesuiten das Knistern und Brutzeln auch gehört hatte. Und sie wußte, daß ich mich an dem glühenden Räderwerk verbrannt hatte. Sie verstand mich, und ich verstand sie. Ich wußte, daß sie mehr Entschlossenheit aufbringen konnte als ich, daß sie mehr Mumm besaß.
    Um wieder auf Drew Summerhays zurückzukommen: Das einzige Thema, über das ich mich nicht gern mit ihm unterhielt, war Football. Unglücklicherweise aber hatte er an diesem Spätoktobertag, wie ich es schon befürchtet hatte, wieder mal nichts als Football im Kopf. Er erging sich in aller Ausführlichkeit über den Verlauf der Saison, als wir uns zu Fuß auf den Weg zu seinem Club machten. Er trug seinen maßgeschneiderten Chesterfield-Mantel mit dem sorgfältig gebürsteten Samtkragen und einen blaßgrauen Homburg; die metallene Spitze seines fest zusammengerollten Brigg-Regenschirms klickte auf dem schmalen Bürgersteig, auf dem sich die wimmelnden Massen der Angestellten des Banken- und Börsenviertels auf wundersame Weise zu teilen schienen wie das Rote Meer vor den Israeliten, um Summerhays eine Gasse zu bahnen. Es war ein naßkalter, stürmischer Tag über Manhattan geworden; schwere, dunkle Regenwolken, die wie schmutzige Daumenabdrücke aussahen, zogen über den Himmel, nachdem der Morgen so klar und heiter gewesen war. Ein erster leiser Hauch von Winterkälte breitete sich über der Insel aus. Drohende graue Wolkenschleier drückten auf Brooklyn und legten sich über den East River.
    Als wir uns setzten und mit dem Mittagessen begannen, berichtete Summerhays mit seiner klaren, präzisen Stimme über ein lange zurückliegendes Footballmatch in Iowa City, bei dem ich gegen die Hawkeyes gespielt hatte. Ich hatte damals ohne Unterstützung aus den eigenen Reihen siebenmal den Ball von einem gegnerischen Spieler erkämpfen können und war zweimal mit Zeitstrafen belegt worden, und das war schon was, aber der alte Herr erinnerte sich nur an eine ganz bestimmte Szene gegen Ende des Spiels. Ich wollte einen Paß abfangen und dann versuchen, mich durch zwei gegnerische Verteidigungsblöcke zu kämpfen. Wir lagen sechs Punkte vor, und wenn der Paß vom Gegner abgefangen worden wäre, hätten die Hawkeyes den Spieß noch umdrehen können, denn es waren nur noch wenige Sekunden zu spielen. Der Paß kam viel zu hoch. Und dann stieß ich mich mit aller Kraft aus dem Schlamm ab und bekam den Ball doch noch zu fassen. Jeder halbwegs gute Footballspieler hätte das geschafft. Es war purer Zufall, daß ich in diese Situation geraten war. Zu Beginn des letzten Viertels hatte ich mir die Nase gebrochen, und das Blut aus einer Rißwunde an der Stirn lief mir in die Augen und blendete mich fast, aber ich hatte Glück und bekam den verdammten Ball zwischen die Finger. Mehr nicht. Doch dieser Paß und mein Auffangen wurden zur Legende in der Geschichte der Notre-Dame-Footballmannschaft, jedenfalls für den Rest der damaligen Saison, und ausgerechnet Drew Summerhays wollte diese ganze langweilige Geschichte jetzt noch einmal durchkauen.
    Während er also diese uralte Suppe wieder aufwärmte, erinnerte ich mich daran, welches Gefühl ich gehabt hatte, als mir bei einem ganz bestimmten Spiel in einem längst vergangenen Sommer schlagartig klar geworden war, daß ich das Spiel verstand. Ich konnte plötzlich alles erkennen, als wäre es ein einziges großes, geschlossenes Gefüge: Ich sah den Angriffsführer des gegnerischen Teams über die gekrümmten Rücken und Helme der ihn umringenden Verteidiger und Stürmer

Weitere Kostenlose Bücher