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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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hinweg beim Mannschaftsschwur; ich sah, wie seine Augen sich bewegten; ich hörte den anfeuernden Klang seiner rauhen, heiseren Stimme, ja ich konnte seine Stimme irgendwie sehen; ich sah, wie die Schultern der Spieler sich strafften; ich sah, wie die Fänger ihr Gewicht verlagerten, zitternd vor Ungeduld den Spielbeginn erwartend; ich sah, wie die Verteidiger fieberhaft über die Aufstellung ihrer Abwehrblöcke nachdachten. Ich konnte in den Kopf des Angriffsführers hineinblicken; ich wußte, was er dachte, wußte, welchen Verlauf das Spiel nehmen würde, wußte, wie ich mich darauf einzustellen hatte.
    Und von diesem Tag an verstand ich das blutige Spiel, sah die Entwicklung, den Verlauf eines jeden Matches wie in Zeitlupe. Ich begriff das Wesen des Spieles in allumfassender Weise; begriff dessen innere Natur und wurde zu einem ausgezeichneten Footballspieler, wurde von Look in die US-Auswahlmannschaft gewählt und schüttelte Bob Hope vor den Fernsehkameras die Hand. Football.
    Viele Exfootballer behaupten später, daß dieses Spiel sie so manches über das Leben gelehrt hat, und vielleicht stimmt das. Man hat den Schmerz kennengelernt und auch den verrückten, blutrünstigen, geifernden, wild dreinschauenden Schweinehund, der im stinkenden Schlamm auf dem Grund der eigenen Psyche wühlt; man hat den derben Sportlerhumor im Umkleideraum kennengelernt und die alten Semester, die einen anpflaumen, wenn man das verdammte Spiel verloren hat; man hat gelernt, daß man die Blondinen mit den großen Titten, die in der Bob Hope Show auftreten, nicht einfach deshalb abschleppen kann, weil man Footballspieler ist. Falls dies aber das Leben sein sollte – nun, dann, denke ich, kann man vom Football tatsächlich etwas fürs Leben lernen.
    Aber seit jenem denkwürdigen Augenblick, als ich das Wesen des Footballspiels so klar und deutlich erkannte, ist mir bei allem, was ich seitdem lernen mußte, nie wieder etwas Ähnliches widerfahren. Drew Summerhays jedenfalls kannte das wahre Wesen des Footballspiels nicht. Aber er kannte etwas anderes, etwas, das ich nie begriffen habe. Summerhays wußte um das Wesen der Kirche.
    Ich beobachtete, wie er den letzten säuberlichen, fast chirurgisch präzisen Schnitt an der Dover-Seezunge vollführte und die beiden Stückchen auf die Gabel spießte. Er hatte seine Mahlzeit bedächtig und ohne jegliche Beilagen zu sich genommen: kein Salat, kein Gemüse, kein Brot, keine Butter. Nur ein einziges Glas Mineralwasser. Bei diesen Eßgewohnheiten hatte der Mann zweifellos eine hohe Lebenserwartung. Ich musterte ihn und fragte mich, wie der Name jener Person lauten mochte, die seine Hemden wusch, bügelte und stärkte. Ich hatte nie zuvor derart makellos glatte Hemden gesehen wie bei Summerhays. Niemals eine Falte, und immer strahlend weiß wie ein jungfräuliches Schneefeld. Ich kam mir wie ein Bauerntrampel vor, als ich mit einem Stück Brot die Sauce vom Teller stippte. Drews Gesicht war ausdruckslos; allenfalls spiegelte sich ein Hauch von erzwungener Geduld gegenüber meinem gesunden Appetit auf seiner Miene wider. Er drängte mir einen auserlesenen Fladgate Port auf, und der Weinkellner eilte in die Kellerräume des Clubs. Summerhays zog eine goldene Sprungdeckeluhr aus der Westentasche, warf einen Blick darauf und kam auf den eigentlichen Grund unseres Mittagessens zu sprechen, und der hatte nichts mit dem Notre Dame und Erinnerungen an längst vergangene Footballspiele zu tun.
    »Curtis Lockhardt kommt heute in die Stadt, Ben. Kennen Sie ihn näher?«
    »Nur flüchtig. Ich bin ihm nur ein paarmal begegnet. Jedenfalls, seit ich erwachsen bin. Früher, als Val und ich noch Kinder waren, hat er sich öfters bei uns zu Hause rumgetrieben.«
    »So kann man es auch ausdrücken. Ich würde ihn eher als Protegé, Ihres Vaters bezeichnen. Fast schon als Familienmitglied. So oder ähnlich hätte ich mich jedenfalls über ihn geäußert.« Er fuhr sich mit dem Knöchel eines Fingers über die Oberlippe, ließ dann aber etwaige Andeutungen unausgesprochen, aus denen ich Genaueres über die Beziehung meiner Schwester zu Lockhardt hätte entnehmen können. Wie immer die auch aussehen mochte. Aber es ging mich nichts an, wie moderne, unkonventionelle Nonnen zu Fragen der Sexualität standen.
    »Er wird sich selbstverständlich mit mir treffen«, fuhr Summerhays fort. »Und auch mit Ihrem Vater … ah, danke, Simmons. Genau den hatte ich für Mister Driskill gewünscht.« Simmons stellte die Flasche auf

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