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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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prächtigsten Schlössern hätten wetteifern können, aber St. Sixtus war die Trostlosigkeit selbst. Es war das Irische in jenen Männern gewesen, ihr Mißtrauen gegenüber allem, was überdauern mochte, ihre Abneigung gegen alles, was den Anspruch auf Schönheit und Unvergänglichkeit erheben mochte. Sie hatten es vorgezogen, auf ewige Wanderschaft zu gehen oder ihr Leben in einer dieser kargen Zellen zu fristen, sich darin zu verbergen, bis sie schließlich starben, vergingen, den Platz räumten für diejenigen, die nach ihnen kamen und den gleichen Weg gingen, zwanzig, dreißig Jahre lang, und die dann wieder den Platz räumten für die, die nach ihnen kamen und den gleichen Weg gingen …
    Ich bog auf den schmalen Pfad ein, der zum Kloster führte, und schleifte die Vergangenheit wie einen riesigen Leichnam hinter mir her.
    Ich mußte mich freimachen von allen störenden Gedanken. Ich hatte eine Aufgabe zu erledigen.
    Ich fand Bruder Leo in einer Art Garten, einem kleinen Fleckchen Erde ganz oben auf dem Felsen, unmittelbar hinter der vor Jahrhunderten verfallenen steinernen Mauer, die St. Sixtus wie ein Wall umgab. Er kniete auf der schwarzen, feuchten Erde, auf der ein paar Gemüsesorten und einige wenige Blumen gediehen, und jätete Unkraut. Er blickte kurz zu mir hinunter, als ich mich gegen den heulenden Wind zu ihm hinaufarbeitete. Er winkte mir fröhlich zu, als wäre ich ein alter Bekannter, und wandte sich dann wieder seiner Gartenarbeit zu. Ich kämpfte mich den Hang hinauf, stieg über die Mauerreste hinweg, glitt beinahe auf dem schlüpfrigen Moos aus und stellte fest, daß ich schon wieder völlig außer Atem war, als ich schließlich bei ihm anlangte. Er blickte zu mir auf und sagte irgend etwas, das ich nicht verstand, weil der Wind die Worte fortriß, und lächelte. Sein Gesicht war alt und rund und verschrumpelt, liebenswürdig, aber ein wenig abweisend, denn er war offensichtlich mit großem Ernst bei der Sache, wollte zu Ende führen, was immer er in seinem kleinen Garten machte. Er trug eine schwarze Hose, fleckig von der klebrigen feuchten Erde, eine schwarze Windjacke und darunter einen schwarzen Rollkragenpullover, dessen Kragen schlaff um seinen dünnen, faltigen Hals lag. Er trug keine Handschuhe, und seine Hände waren schwarz von der feuchten Erde; auch über seine Wange zog sich ein schwarzer, eingetrockneter Streifen Schlamm. Er beendete schließlich seine Arbeit, klopfte die Erde um die Stengel einiger ziemlich dürftig aussehender Pflanzen herum fest, stand auf und wischte sich an einem schmutzigen Stück Tuch die Hände ab.
    »Bruder Leo«, sagte ich. »Mein Name ist Driskill. Ich bin von Paris hierhergekommen, weil ich Sie sprechen möchte. Robbie Heywood hat mir Ihren Namen genannt.«
    Er blinzelte mich an. Er hatte eines jener unschuldigen Gesichter, auf denen sich immer der Ausdruck von Überraschung und naiver Neugierde zu spiegeln schien. Er richtete einen schlammverkrusteten Finger auf mich, als hätte ich gerade eine Zauberformel ausgesprochen, die ihm einfach nicht hatte einfallen wollen. »Ah, Robbie«, sagte er. »Wie geht es ihm?« Sein Englisch hatte keinen irischen Akzent, obwohl es eindeutig seine Muttersprache war. Diesen Akzent konnte ich einfach nicht unterbringen. Vielleicht war er in Irland aufgewachsen und hatte den größten Teil seines Lebens in einem fremden Land verbracht. Ich erzählte ihm, daß Heywood tot sei, und beließ es vorerst dabei, ging nicht auf Einzelheiten ein. Er hörte mir zu, beschäftigte sich aber dabei weiter, indem er einen Jutesack voll Düngemittel zuschnürte, ein paar kleinere Gartengeräte einsammelte, einen Spaten aus der Erde zog. Zwischendurch nickte er immer wieder. Ich konnte nicht erkennen, was meine Worte für ihn bedeuten mochten.
    »Paris«, sagte er, als ich geendet hatte. »Sie sind also den weiten Weg von Paris gekommen. Und Robbie ist tot. Wir haben ihn immer nur ›Vikar‹ genannt. Er hat Sie zu mir geschickt? Da bin ich aber ziemlich erstaunt, muß ich zugeben. Ich kann’s eigentlich gar nicht recht glauben. Nach so vielen Jahren. Wir sind hier ziemlich weit vom Schuß, wie man so sagt. Aber«, er redete jetzt mehr zu sich selbst, »sehe ich nicht den Beweis direkt vor meinen Augen? So, so, der Vikar. Es wäre mir ein Vergnügen gewesen, ihn noch einmal zu sehen.« Er riß die Augen auf, als wüßte er genau, was mir vorhin, als ich über das Kloster nachgedacht hatte, alles durch den Kopf gegangen war. »Oh,

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