Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
bereits, verblaßte wie die dunkle Erinnerung an ein vergessenes Foto aus der Kindheit.
    Nachdem sie ihre Wohnung an der Via Veneto betreten hatte, versuchte sie vergeblich, ihre innere Ruhe wiederzuerlangen. Und sie verspürte auch wieder den heiligen Zorn, der seit der Konfrontation mit D’Ambrizzi in ihr wütete. Noch nie zuvor hatte sie D’Ambrizzi so voller Unwillen, so ohne jegliches diplomatisches Fingerspitzengefühl erlebt.
    Irgendwie, versuchte sie sich zu trösten, würde sich alles von selbst lösen, irgendwie würde sie das alles schon noch durchschauen.
    Durchschauen? Von selbst lösen? Was für törichte Gedanken! Es gab kaum noch einen Funken Hoffnung.
    Sie beschloß, ein heißes Bad zu nehmen, zog sich aus, ließ Wasser in die Wanne laufen, stieg hinein und beobachtete, wie das Kondenswasser langsam die glänzenden Kacheln trübte.
    Die Tür zum Badezimmer hatte sie offen gelassen. Im Spiegel draußen auf dem Flur konnte sie die zur Seite gezogenen, im Abendwind wehenden Vorhänge sehen. Beim Nachhausekommen hatte sie die Schiebetüren zum Balkon halb geöffnet. Auf dem Balkon stand ein schmiedeeiserner Tisch; die Zipfel der Tischdecke flatterten im Wind. Vor zwei Tagen hatte eine Freundin ihren Besuch angekündigt, und Elizabeth hatte die entsprechenden Vorbereitungen getroffen. Dann, in letzter Minute, hatte die Freundin abgesagt. Jetzt standen die Kristallgläser und der schwere silberne Kerzenleuchter wie verloren draußen auf dem Balkon, der von den Lichtern der Straße tief unten, von der noch immer regen Stadt, den Scheinwerferketten der Autos, den Leuchtreklamen, den Straßenlaternen in dämmriges, flackerndes Licht getaucht wurde …
    Elizabeth’ müde Muskeln entspannten sich im heißen Wasser; auch die innere Verkrampfung fiel von ihr ab. Sie spürte die Müdigkeit wie eine Woge in sich aufsteigen, und sie sehnte sich, hinabzutauchen in den Schlaf …
    Träge beobachtete sie im Spiegel, wie eine Wolke langsam an der Scheibe des Mondes vorüberzog. Plötzlich vermeinte sie in der fast dunklen Wohnung eine Bewegung zu sehen.
    Als sie die Augen aufriß, genauer hinschaute, sah sie nur die Vorhänge, die sich im Abendwind bauschten, den gespenstisch beleuchteten Balkon und das gedämpfte Schimmern des Kerzenleuchters auf der gläsernen Tischplatte.
    Sie behielt den Spiegel im Auge. Wartete.
    Eine Fledermaus? Sie hatte panische Angst vor Fledermäusen. Hatte sich eine durch die Balkontür ins Zimmer verirrt und flatterte nun durch die Wohnung?
    Wieder huschte ein Schatten über den Spiegel. Zu schnell, um etwas erkennen zu können. Ein Schemen.
    Da war etwas.
    Sie spürte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufrichteten, wie eine Gänsehaut sie überlief. Langsam, ohne den Blick vom Spiegel zu nehmen, richtete sie sich in der Wanne auf, streckte, nackt und triefend, die Hand nach ihrem Bademantel aus und stieg aus der Wanne. Ihre Knie zitterten plötzlich, und ihr Herz klopfte bis zum Hals.
    Kurz dachte sie daran, sich im Badezimmer zu verbarrikadieren. Nein, nein, dann würde sie sich nur selbst eine Falle stellen. Gleiches galt für das Schlafzimmer, das den Flur hinunter lag. Sogar ein Halbwüchsiger konnte das dünne Holz der Tür mit einem Fußtritt zerschmettern. Und eine innere Stimme sagte ihr, daß sie im Spiegel keine Fledermaus hatte vorbeihuschen sehen – und auch keinen Halbwüchsigen.
    Es blieb nur ein Fluchtweg: die Eingangstür. Wenn es im Bad doch nur ein Telefon gäbe … Mein Gott, sie phantasierte.
    Ihre Nerven waren überreizt, das war alles; der Kummer, die Assassini, die Eingeständnisse Monsignore Sandanatos, hier, in dieser Wohnung, die Angst um Ben Driskill und die Erinnerungen an Val, die Auseinandersetzung mit D’Ambrizzi. Das alles war einfach zuviel gewesen. Sollte sie Licht anmachen? Nein, lieber nicht. Einbildungen. Schatten? Tod?
    Elizabeth ging langsam durch den Flur in Richtung Wohnzimmer. Sie wußte nicht, was sie zu ihrer Verteidigung tun konnte, falls … falls was? Sie wollte jedenfalls nicht hier, im hinteren Teil der Wohnung, wie in einer Falle sitzen. Und bis zur Küche – bis zu den Messern – war es ein weiter Weg.
    Das Wohnzimmer lag im Halbdunkel, die Umrisse von Möbeln, Lampen, Topfblumen hatten etwas Gespenstisches. Nichts rührte sich. Sie hörte nur den Wind am Geländer des Balkons rütteln, außerdem die schwachen Geräusche des Straßenverkehrs. Aber die Schatten waren tief und schwarz und drohend.
    Sie ging bis zur Mitte des

Weitere Kostenlose Bücher