Assassini
versteckt bleiben. Sollte Fredi Papst werden, wird er gewiß dafür sorgen, daß diese Werke in kirchlichen Besitz übergehen. Gegen gute Bezahlung, versteht sich …«
»Und was geschieht damit, wenn Sie Papst werden?« fragte ich.
»Daran habe ich bis jetzt kaum einen Gedanken verschwendet. Ich kann jedenfalls nicht, wie Manfredi, als Makler auftreten, was diese Kunstschätze angeht. Nun ja, ich würde mir schon irgend etwas einfallen lassen. Aber Indelicato wird, sollte ihm der Papstthron versagt bleiben, vermutlich versuchen, die Stücke im Familienbesitz zu behalten.« Er seufzte. »Tja, ich wollte Ihnen die Freude machen, das hier bestaunen zu können. Und sich davon zu überzeugen, was Indelicato damals getrieben hat. Würden Sie sich die Kisten genauer anschauen, könnten Sie feststellen, daß einige für Göring oder Himmler oder Goebbels oder Hitler selbst bestimmt waren. Aber Indelicato hat sie sich unter den Nagel gerissen – gelegentlich mit meiner Hilfe, gebe ich zu.«
»Aber warum Indelicato?« fragte Elizabeth. »Er war während des Krieges in Rom, er hatte mit den Assassini in Paris nichts zu tun … Sie waren doch derjenige, der dafür gesorgt hat, daß die Kirche ihren Anteil an der Beute bekommt …«
»Naja, ich hab’s nicht übers Herz gebracht, mich zu bereichern, wissen Sie. Aber Fredi war Pius’ rechte Hand, als die ganze Assassini- Geschichte ausgetüftelt wurde. Es war nicht allein Pius’ Idee, daß mir diese unangenehme Aufgabe übertragen wurde, nach Paris zu reisen, um dort die Dreckarbeit zu verrichten. Pius hat Indelicato damals gebeten, ihm einen geeigneten Mann vorzuschlagen. Und Indelicato erkannte die Möglichkeit, mich auf diese Weise loszuwerden. Schon damals waren wir die geborenen Feinde. Er hielt meine Chancen, lebend aus Paris zurückzukehren, für verschwindend gering. Er ging davon aus, daß die Nazis irgendwann genug von meinem streitsüchtigen Wesen hätten und mich kurzerhand beseitigen würden. O ja, Indelicato hat mich und meine Arbeit sehr genau beobachtet.«
»Wußte er von Ihrem Plan, Pius zu ermorden?«
»Du meine Güte, ja, natürlich. Indelicato höchstpersönlich hat den Nazis den Hinweis gegeben, wann und wo das Attentat stattfinden sollte. Dadurch hat er sein Verhältnis zu Pius weiter gefestigt. Immerhin hatte er dem Papst ja ›das Leben gerettet‹. Pius hat ihm das nie vergessen.«
»Und wer hat Indelicato den Tip gegeben? Wer hat Sie und Ihre Männer verraten?«
»Jemand, dem ich vertraut habe. Jemand, der alles wußte. Es hat sehr lange gedauert, bis ich erfahren habe, wer der wirklich Schuldige war. Zu Anfang war ich natürlich sicher, daß LeBecq der Verräter gewesen ist. Aber er war es nicht.«
»Wer dann?« D’Ambrizzi schüttelte den Kopf. Er wollte nicht antworten.
Elizabeth fragte: »Aber wie ist Indelicato an all diese Beutestücke gekommen?«
»Pius war ein dankbarer Mensch, sofern es ihm von Nutzen war. Er gab diese Kostbarkeiten als Belohnung für treue Dienste in Fredis Obhut. Weil er die päpstliche Haut gerettet hatte. Kann aber auch sein, daß Indelicato ihn erpreßt hat. Was weiß ich.« Bei diesem Gedanken mußte er lächeln.
»Jedenfalls«, sagte Father Dunn, »war es eine sinnreiche Geste des Papstes. Die Familie Indelicato war schon immer stolz auf ihre Sammlung. Sie haben schon seit Generationen gesammelt.«
Schlagartig ging mir ein Licht auf.
»Der ›Collector‹ – der Sammler«, sagte ich leise.
D’Ambrizzi nickte. »Ja. Es war Indelicato, den der Papst nach Paris geschickt hatte, um mich aufzuspüren … das heißt, um Beweise gegen mich zu sammeln. Die Anklage lautete auf Ungehorsam, Mord an LeBecq, Verschwörung gegen den Papst mit dem Ziel, ihn zu ermorden. Aber wir hielten zusammen, schwiegen wie ein Grab, trotzten seinen Nachforschungen. Bis mir schließlich klar wurde, daß er mich in jedem Fall würde töten lassen – um mich für immer los zu sein. Ja, Pius nannte ihn den ›Collector‹. Es war ein kleiner Scherz, ein Wortspiel. Fredi wurde nach Paris geschickt, um mich einzusammeln. Wie dem auch sei -es war Indelicato, der nach Kriegsende den Vatikan bei dem Geschäft vertreten hat, das Sie als ›gegenseitige Erpressung‹ zwischen der Kirche und den überlebenden Nazis bezeichnen. Fredi webte wie eine Spinne sein Netz – aus Blut und Angst und Selbstgefälligkeit. Zwischen den Nazis, der Kunst und der Kirche. Diese Jahre waren der Schlüssel zu seinem unaufhaltsamen Aufstieg zur seriösesten,
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