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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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beweisen zu können … aber zu wessen Nutzen, wenn Sie die Behörden nicht einschalten? Nicht die römische Polizei, nicht die Polizei in Princeton. Es soll eine rein kirchliche Angelegenheit bleiben? Der Papst liegt im Sterben und weiß vielleicht gar nicht, was Sie planen. An wen wollen Sie sich denn wenden? Wem wollen Sie Ihre Beweise vorlegen? Wie sollen die Schuldigen bestraft werden?«
    Nach einem knappen Achselzucken erwiderte der Kardinal: »Genießen Sie den Abend. Und nun, bitte, müssen Sie mich entschuldigen.« Er ging an mir vorbei, blieb vor der Tür stehen, wandte sich noch einmal um und starrte mich an. Zu meiner Überraschung sagte er nichts, sondern öffnete die Tür und ging.
     
    Die papabili waren offenbar fast vollzählig vertreten. Sie waren überall. Es gab auch noch ein paar andere Gesichter, die ich kannte, aber sie gehörten Männern, die sich nicht um die Papstwürde rangelten.
    Ich stand auf dem Balkon und beobachtete die Menge unter mir. Auch Kardinal Klammer war den weiten Weg aus New York angereist. Ich sah Kardinal Poletti, einen der einflußreichsten Drahtzieher innerhalb der Kurie, und Kardinal Fangio, dem man nachsagte, er sei von allen der schlimmste Wolf im Schafspelz und trüge den Mantel der Unschuld so geschickt, daß es beinahe glaubwürdig aussähe. Auch Kardinal Vezza gab sich die Ehre, ebenso Kardinal Garibaldi und der bucklige Kardinal Ottaviani sowie Kardinal Antonelli mit seinem langen, noch immer blonden Haar. Und ich sah einige andere, deren Namen mir entfallen waren, die ich aber wiedererkannte: ein Holländer, der sich mit Hilfe zweier Krücken bewegte und die Füße beim Gehen nachschleifte, ein Deutscher mit Bürstenhaarschnitt; ein Farbiger, der nach meiner vorsichtigen Schätzung zwei Meter zehn groß war – Gesichter, die Fernsehzuschauern und Zeitungslesern vertraut waren. Ich entdeckte auch Drew Summerhays und an seiner Seite den kleinen Mann, der ihn schon in Avignon begleitet hatte; der kleine Kerl mit den gräßlichen Narben an Hals und Kehle. Und unter einem Bogengang stand ein Mann, auf dessen Gesicht Licht und Schatten tanzten. Ich kannte auch dieses Gesicht, aber es hier zu sehen, überraschte mich. Ich hatte nicht damit gerechnet, Klaus Richter unter den Gästen zu finden. Er trug einen schwarzen Straßenanzug, trank Champagner und unterhielt sich mit einem Geistlichen. Alles war noch an Ort und Stelle: die Nazis, die Kunst, die Kirche. Richter. Der alte, golf spielende Nazi; einer der Männer auf dem Foto, das Val aus seinem Büro gestohlen hatte. Ob er sich in Rom aufhielt, um seinem alten, zum Spezialgebiet entwickelten Geschäft nachzugehen, fragte ich mich. Dem Geschäft mit der Erpressung? Sehr wahrscheinlich.
    Father Dunn tauchte neben mir auf und murmelte irgend etwas, und als ich ihn anblickte, sah ich im Augenwinkel flüchtig einen markanten silberhaarigen Kopf und runde Brillengläser, in denen sich das Kerzenlicht brach; ein Mann, der sich eilig durch die unter uns wogende Menge wand. Ich zuckte herum, aber der Mann war verschwunden. Dunns Augen folgten meinem Blick. »Was ist?«
    »Nichts. Ein Trugbild«, sagte ich. »Ich glaubte, Horstmann gesehen zu haben.«
    »Warum sollte es ein Trugbild gewesen sein?« Dunn lächelte verzerrt. »Gibt es überhaupt noch etwas, das Sie überraschen kann? Das würde mich überraschen.«
    »Sie haben recht. Ich scheine wirklich niemals zu begreifen.«
    »Natürlich tun Sie das. Übrigens machen Sie unter den gegebenen Umständen einen erfreulich heiteren Eindruck auf mich. Der Erfolg der Entspannungspolitik zwischen Ihnen und Schwester Elizabeth?«
    Ich nickte.
    »Aber vergessen Sie ja nicht«, sagte er, »daß sie es ihnen nie leichtmachen wird. Sogar wenn Sie’s versucht, wird es nicht leicht sein.«
    Ich nickte wieder und fragte mich, ob der Mann, den ich gesehen hatte, tatsächlich Horstmann gewesen sein könnte. Vielleicht war er hier, um von Simon neue Befehle entgegenzunehmen. Soweit mir bekannt war, hatte er seit immerhin einer Woche keinen Menschen mehr ermordet.
    »Sehen Sie mal, dort hinten«, sagte Dunn und wies auf einen plötzlichen, blitzlichterhellten Tumult in der Menge, der auf der gegenüberliegenden Seite der Halle entstanden war.
    Kardinal Indelicato begrüßte Kardinal D’Ambrizzi. Hochgewachsen und hager und distinguiert; klein, fett, lächelnd. Die beiden hätten die besten Freunde sein können. Andere Kardinale schienen unwiderstehlich von ihnen angezogen zu werden wie von

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