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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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nur zur Nutzung und nicht zum Eigentum überlassen wurde.
    Erst 1929, als Pius XI. durch die Unterzeichnung der Lateranischen Verträge zu einer Verständigung mit Benito Mussolini gelangte, bekam die Kirche wieder die Möglichkeit, in der Welt der Macht, der Wirtschaft und der Politik tätig zu werden, denn mit den Lateranverträgen wurde die Vatikanstadt zum souveränen Staat.
    Sandanatos kleines goldenes Feuerzeug flammte auf; ich konnte das Aroma der Gauloise riechen und spürte den warmen Zigarettenrauch über mein Gesicht streichen.
    »Gewalt ist nichts Neues«, sagte er, »das wissen wir beide. Gewalt innerhalb der Kirche hat eine große Faszination auf Ihre Schwester ausgeübt. Jedenfalls hat seine Eminenz mir das berichtet. Wir haben immer unter Gewalt gelitten, aber nun scheint sie auszuufern, Amok zu laufen, nicht wahr? Und wir können den Gegner nicht identifizieren. In der Vergangenheit haben wir immer gewußt, wer der Gegner war. Jetzt aber stehen wir fassungslos vor drei Ermordeten, und wir wissen, daß es keine Armee gibt, die wir zu Hilfe rufen können und die sich in die Schlacht stürzt, um uns zu retten. Diese Zeiten sind vorbei. Nun sind wir ganz allein, unbewaffnet, in einer sich verdüsternden Welt.« Ich sah, daß er trotz seiner ernsten Worte traurig lächelte. Er schien sich immer dann zu entspannen, wenn das Thema Gewalt zur Sprache kam. Vielleicht wollte er es einfach loswerden, wollte es sich von der Seele reden. Er hob sein Brandyglas. Es war fast vier Uhr früh an jenem Morgen, an dem meine Schwester beerdigt wurde, und ich war endlich müde, würde schlafen können.
    »Tod unseren Feinden«, sagte er.
    Ich blickte ihn fest an. »Und ob, mein Freund, und ob.«
    Die Beerdigung meiner Schwester zog in einem verschwommenen Nebel aus Aktivitäten an mir vorüber. Alles schien in einiger Entfernung von mir stattzufinden, beinahe so, als wäre ich ein außenstehender Beobachter. Ich spielte die Rolle, die ich zu spielen hatte, und zu meiner ziemlichen Überraschung schaffte ich das recht glaubwürdig. Nicht schlecht, steckte ich doch bis über beide Ohren inmitten mich aufmerksam beobachtender, scharfäugiger Katholiken und nahm an ihrer ebenso unsinnigen wie verlogenen feierlichen Messe teil. Ich hatte mich schon immer gefragt, was es bei einer Totenmesse eigentlich zu feiern gab. Natürlich kannte ich die Standard-Antwort: Man feierte das nun ewige Leben des jüngst dahingegangenen Ehrengastes. Seit fast einem Vierteljahrhundert erschien mir diese Argumentation als Schwachsinn erster Güte. Darum hatte ich seit der Beerdigung meiner Mutter auch nicht mehr an einer solchen Feierlichkeit teilgenommen. Was mich betraf, war es damals wirklich kein Grund zum Feiern gewesen, als dieses arme und einsame und zum Schluß verrückt gewordene alte Mädel unter die Erde gekommen war.
    Vals Begräbnis indes war anders. Sie hatte ein Leben gelebt, das einer Feier würdig war – und sie war einen Tod gestorben, der nach Rache schrie.
    Peaches las die Messe in der kleinen Kirche in New Prudence. Wir hatten die Zahl der Trauergäste erfolgreich niedrig zu halten versucht. Es waren zwischen fünfzig und sechzig Personen gekommen, die meisten davon aus den Reihen der Mächtigen, noch Mächtigeren und Mächtigsten. Der Abgesandte aus dem Weißen Haus, zwei Gouverneure, drei Senatoren, einige Kabinettsmitglieder und Anwälte und Finanzmagnaten, die ihre Macht und ihr Geld für alle möglichen legalen und illegalen Manipulationen nutzten, und der ganze Rest dieses Gesindels, das so restlos davon überzeugt ist, allein dafür verantwortlich zu sein, daß die Erde sich weiter dreht. Fünf oder sechs Fernsehstationen hatten Aufnahmeteams geschickt, die von der Staatspolizei in Schach gehalten wurden. Wir taten unser Bestes, alles im Griff zu behalten, Margaret und Father Dunn und Schwester Elizabeth und ich -was aber nicht verhindern konnte, daß der Feierlichkeit dennoch der Hauch des Makels anhaftete, ein ›Medienspektakel‹ zu sein.
    Ich hatte Peaches vorher noch nie in Ausübung seines Amtes erlebt, und ich war beeindruckt. Es muß eine Qual für ihn gewesen sein. Der Geruch des Weihrauchs erfüllte das Innere der Kirche. Der Sarg schimmerte matt wie brüniertes Gold, und dann folgte das ganze Geschwafel, all das Brimborium, an das ich mich aus längst vergangenen Jahren erinnern konnte. Ich empfing die Heilige Kommunion, zum erstenmal seit Urzeiten, und es war ganz anders als früher – man mußte sich

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