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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Gott!«
    »Der arme Kerl«, sagte ich. »Sie können sich sicher vorstellen, welche Art von Begräbnis seine lieben Kollegen ihm haben zukommen lassen. Die haben sein ganzes Leben unter den Teppich gekehrt, ihn in ein Erdloch geworfen, es schnellstens zugeschaufelt und so getan, als hätte er nie existiert. Weil er ein Selbstmörder war. Obwohl er in Wirklichkeit ermordet wurde. Schwester, er gehört drüben auf den Gottesacker, nicht hierhin zu den Verdammten …«
    Als wir über den Friedhof zurückgingen, nahm sie meinen Arm.
    »Sie haben sich sehr gut gehalten, und Ihre Rede war schön, Ben. Val wäre …«
    »Sie hätte sich krumm und schief gelacht. Nehmen Sie sich nicht selbst auf die Schippe.«
    »Trotzdem, Sie waren sehr gut. Val wäre stolz gewesen.«
    »Möchten Sie was Komisches hören?«
    »Was denn?«
    »Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, was ich gesagt habe.«
    »Oh, Ben, Wenn Sie nur halb so grob wären, wie Sie sich geben, würde ich Sie hassen.«
    »Dann nehmen Sie mich lieber nicht zu genau unter die Lupe, Elizabeth. Val wußte die Wahrheit über mich. Darum hat sie das Foto zurückgelassen.«
    »Ich frage mich …«
    »Val hat ihr ganzes Leben damit verbracht, für Ideale zu kämpfen, die sie für gut und richtig hielt. Aber wer sich’s mit ihr verdorben hatte, der konnte einen Racheengel kennenlernen. Sie war sehr viel härter und stärker als ich.«
    »Vielleicht habe ich sie nie richtig gekannt.«
    »Sie haben Val gekannt. Sie haben sie gekannt. Es ist besser, wenn Sie das vor sich selbst zugeben. So, und jetzt bereiten Sie sich lieber auf den Rummel vor, der uns im Haus meines Vaters erwartet.«
    »Haben Sie Schwester Mary Angelina gesehen?«
    »Ich habe so gut wie gar nichts gesehen.«
    »Sie ist direkt von Ihrem Vater gekommen. Er wollte, daß sie nach der Beerdigung sofort zu ihm zurückkäme, um ihm zu berichten, wie alles verlaufen ist …«
    »Nanu, was soll denn das, Schwester? Eine Romanze zwischen November und Dezember?«
    Das Haus war zum Bersten voll mit Leuten, die ich kaum kannte. Ich bezweifelte, daß Val mehr als jeden zehnten Gast gekannt hätte: Es waren zumeist Freunde und alte Bekannte meines Vaters. Herren von der Bankiersvereinigung; ehemalige CIA-Mitarbeiter; einstige Kommilitonen von der Princeton University; ehemalige und derzeitige Aspiranten auf das Präsidentschaftsamt; Vertreter der Kirche, der Justiz – all die Herrschaften schlangen Truthahn und Schinken herunter und kippten Wein, Bier und Schnäpse in sich hinein wie Sozialhilfeempfänger im Schlaraffenland. Die Garritys hatten Hilfskräfte kommen lassen und so viel aufgefahren, daß sich die Tische bogen. Es war einfach unmöglich.
    Father Dunn führte den hünenhaften Erzbischof Kardinal Klammer von Gruppe zu Gruppe wie einen Elefanten in einem frühen Stadium der Dressur. Peaches, Sam Turner und einige andere Hiesige versuchten, all diese Veteranen aus Meet the Press und Face the Nation nicht allzu auffällig anzugaffen. Schwester Elizabeth ging Margaret Korder zur Hand – zwei Zirkusdirektorinnen, die dafür sorgten, daß die Vorstellung halbwegs reibungslos ablief.
    Nur der Mann, den ich suchte, war nicht da.
    Der einzige Ort, an den man sich am heutigen Tag zurückziehen konnte, war die Bibliothek. Dort würde ich ihn finden.
    Drew Summerhays stand an einem Fenster in dem von Bücherwänden gesäumten Zimmer und blätterte in der Erstausgabe von Ashenden, in die Somerset Maugham eine persönliche Widmung für meinen Vater geschrieben hatte. Summerhays hatte die beiden in Cap D’Antibes miteinander bekannt gemacht, in einem längst vergangenen Sommer, und Vater und Maugham hatten sich auf Anhieb gut verstanden – zwei Männer vom gleichen Schlag.
    Summerhays blickte von dem Buch auf, als ich ins Zimmer kam. Er lächelte mich mit seinem dünnlippigen, blutlosen Mund an. Er war erbarmungswürdig hager und trug einen dunkelgrauen Anzug mit Weste, einen Anhänger der studentischen Elitevereinigung Phi Beta Kappa an einer goldenen Kette – Harvard, natürlich –, das kleine scharlachrote Band der Legion d’Honneur im Knopfloch, blitzblank gewienerte schwarze Halbschuhe aus der Jermyn Street, eine schwarze Strickkrawatte, ein blütenweißes Hemd und einen Siegelring am kleinen Finger der rechten Hand. Der Anwalt.
    »Habe ich Ihnen schon mal gesagt, daß Maugham mein Lieblingsautor ist, Ben?«
    »Äh, nein, ich glaube nicht.«
    »Willie hat ziemlich gestottert, wissen Sie. Als Junge hatte ich

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