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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Ehrenmedaille, und ungefähr eine Woche später hatte Ben seiner kleinen Schwester diese Medaille geschenkt, weil auch sie ein so tapferer Soldat gewesen war und den Befehlen so folgsam gehorcht hatte. Sie war zuerst überrascht gewesen, hatte dann vor Freude geweint, hatte die Medaille den ganzen Sommer über jeden Tag getragen und sie vor dem Zubettgehen unters Kopfkissen gelegt. Val war damals sieben gewesen, Ben vierzehn. Nach dieser Geschichte war sie immer zu Ben gegangen, wenn sie einen Helden gebraucht hatte. Wie jetzt.
    Denn nun hatte auch sie eine Bombe gefunden, hochbrisant und mit einer Sprengkraft, die so groß war, daß sie sogar die bevorstehende Papstwahl in tausend Stücke zerfetzen konnte. Gottlob würde sie bald nach Hause zurückkehren und mit Ben darüber sprechen. Nicht mit Curtis, nicht mit ihrem Vater – jedenfalls noch nicht. Aber mit Ben, das stand fest. Sie mußte immer lächeln, wenn sie an Ben dachte. Bruder Ben, den abtrünnigen – ›auf die Schnauze gefallenen trifft es besser‹, pflegte er immer zu sagen – Katholiken. Sie würde ihm die ganze Geschichte erzählen, würde ihm berichten, was in den Torricelli-Papieren und den Geheimen Archiven ans Licht gekommen war. Er würde zuerst über ihre Zwangslage lachen und dann ernst werden und dann wissen, was zu tun war. Und er würde wissen, was sie ihrem Vater sagen sollten, auf welche Weise sie ihm die Sache nahebringen konnten …
     
New York
    Der Rolls-Royce stand bereits abfahrbereit am Kennedy-Flughafen, als Lockhardts Privatjet landete. Der Wagen brachte sie durch den nur mäßigen Verkehr direkt in die Innenstadt. Sie erreichten ihr Ziel eine halbe Stunde früher als geplant. Lockhardt erteilte seinem Fahrer die Anweisung, ihn am Rockefeller Plaza abzusetzen, das sich zwischen dem RCA Building und dem Eisstadion im Rockefeller Center befand. Bevor er ausstieg, blickte er Val in die Augen und nahm ihre Hand. »Bist du sicher, daß du mir nicht doch noch etwas sagen möchtest?«
    Hinter dieser schlichten Frage verbarg sich viel mehr, als es den Anschein hatte. Denn er hatte Val nicht von dem Anruf erzählt, den er vor einer Woche, als sie noch in Ägypten gewesen war, von einem Freund aus dem Vatikan erhalten hatte. Hohe kirchliche Würdenträger waren besorgt über das, was Val tat, über die Richtung, in die ihre Nachforschungen sie geführt hatten, und über ihre Entschlossenheit, diese Spur weiter zu verfolgen. Lockhardts Freund im Vatikan hatte ihn gebeten, Val zu fragen, was sie bis jetzt herausgefunden hatte und sie davon zu überzeugen, daß es besser sei, die Recherchen aufzugeben.
    Lockhardts Respekt vor Vals Arbeit und den Absichten, die sie verfolgte, waren jedoch zu groß, als daß er ihr über die Sorgen und die Neugierde gewisser Kirchenmänner berichtet hätte. Die Macht des Vatikans vermochte Schwester Valentine ohnehin nicht zu beeindrucken. Aber Curtis Lockhardt. Aus diesem Grunde war er wegen der telefonischen Anfrage seines vatikanischen Freundes geradezu verängstigt. Der Anruf wäre unterblieben, hätte es sich um eine Nichtigkeit gehandelt. Irgend etwas schien irgend jemanden ganz gewaltig zu beunruhigen, und dieser jemand hatte die Order erteilt, Curtis Lockhardt anzurufen. Aber Curtis konnte und wollte Val nicht unter Druck setzen. Sie würde ihm schon noch sagen, was sie vorhatte; er mußte ihr nur Zeit lassen.
    Val lächelte verkrampft und schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich nicht«, beantwortete sie seine Frage. »Du hast im Moment ganz andere Sorgen, als dir über irgendwelche Nebensächlichkeiten Gedanken zu machen. Calixtus liegt im Sterben. Und du, mein Lieber, mußt entscheiden, wer der nächste Papst wird. Die Aasgeier versammeln sich schon.«
    »Komme ich dir wie ein Aasgeier vor?«
    »Unsinn. Ganz und gar nicht. Du kommst den Aasgeiern zuvor, wie üblich.«
    »Vergiß nicht: Was Calixtus’ Nachfolger betrifft, habe ich kein Stimmrecht.«
    »Stell dein Licht nicht unter den Scheffel. Hat die Times dich nicht als Kardinal ohne Purpur bezeichnet?« Sie grinste, als sie den Ausdruck des Unmuts auf seinem Gesicht sah. »Du kannst viel mehr Gewicht in die Waagschale werfen als eine Wählerstimme im Konklave. Du hast schon den letzten Papst benannt …«
    »Mit Hilfe deines Vaters, Schwester Valentine.« Er lachte. »Und wir hätten es schlechter treffen können …«
    »Kaum«, sagte sie.
    »Mein Gott, ich liebe dich, Schwester.«
    »Du bist in einer Position, die es dir erlaubt, den nächsten

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