Assassini
Papst zu bestimmen. So ist es doch, wenn wir mal ehrlich sind. Und ich liebe dich auch. Für einen älteren Herrn bist du gar nicht so übel.«
»Eigentlich solltest du bei deinem Berufsstand keine Vergleiche ziehen können«, sagte er.
»Kann ich auch nicht, glaube mir.«
Er nahm ihre Hand. »Val, ich wünschte, du würdest mir auch vertrauen. Dein schreckliches Geheimnis – es bringt dich noch um den Verstand. Du bist mit den Kräften am Ende. Was immer es sein mag, es macht dir offensichtlich schlimm zu schaffen. Du bist mager geworden, du bist müde, du siehst erschöpft aus …«
»Und bist sehr redegewandt. Aber ich werde dir trotzdem nichts sagen.«
»Du weißt schon, was ich meine. Nimm dir diese Sache nicht so zu Herzen, sprich mit Ben darüber. Du mußt dir das, was dich bedrückt, endlich von der Seele reden.«
»Hör jetzt auf, Curtis, ja? Ich möchte nicht als Dummkopf dastehen, falls meine Phantasie mit mir durchgegangen ist. Das alles kann bis morgen warten. Dann werde ich dir vielleicht die ganze Geschichte erzählen.« Sie drückte seine Hand. »Geh jetzt zu Andy.« Sie beugte sich vor und küßte ihn zärtlich, spürte seine Hand in ihrem Haar, an ihrer Wange. Seine Lippen strichen sanft über ihr Ohr.
Curtis stieg aus, blieb auf dem Gehsteig stehen und beobachtete, wie sie ihm zuwinkte, als der Wagen wieder anrollte. Dann hob sich die getönte Seitenscheibe, und Val war verschwunden. Nächste Station Princeton.
Curtis hatte so viele Jahre seines Lebens auf den Machtetagen verbracht, daß er berufliche Zufriedenheit und zurückhaltende Freundschaften lange Zeit mit Glück verwechselt hatte. Bis Val ihm die Geheimnisse des vollkommenen Glücks offenbarte. Er war fest davon überzeugt, daß er und Val zusammenblieben.
Diese Gedanken beschäftigten ihn immer noch, als er nachdenklich auf die Schlittschuhläufer hinunterblickte, die auf der Eisfläche ihre Bahnen zogen. Ja, es stimmte, er machte sich Sorgen um Val. Sie war im Zuge ihrer Recherchen in Rom, Paris, sogar in Alexandria, Ägypten, gewesen. Er hatte versucht, sich einen Reim darauf zu machen. Er wußte, daß Val auch in den Geheimen Archiven des Vatikans Nachforschungen angestellt hatte. Und dann hatte er diesen verdammten Anruf aus Rom bekommen.
Von seinem Aussichtspunkt am Geländer oberhalb der Kunsteisbahn lächelte er beim Anblick eines alten Priesters, der sich voller Anmut und Würde zwischen all den jungen Menschen übers Eis bewegte. Lockhardt bezweifelte, jemals ein Gesicht gesehen zu haben, auf dem sich so viel Ernst, innerer Friede und Heiterkeit spiegelten.
Er blickte auf die flache, goldene Patek Philippe an seinem Handgelenk. Monsignore Heffernan, erst zweiundvierzig und schon in fünf bis zehn Jahren Anwärter auf den Kardinalspurpur, erwartete ihn. Als rechte Hand von Erzbischof Kardinal Klammer hatte Heffernan bereits beträchtlichen Einfluß in einem der wohlhabendsten Erzbistümer der Kirche errungen. Er hatte sich einen Ruf als Macher erworben, als Mann der Tat. Und obwohl er eine plump-vertrauliche Art besaß, war er ein Bastard, der auf Pünktlichkeit Wert legte und sie auch von anderen erwartete. Es war an der Zeit, sich auf den Weg zu machen.
Die historische und wirtschaftliche Verflechtung der Kirche mit dem quadratischen Häuserblock unmittelbar im Osten der St. Patrick’s Cathedral bestand seit dem späten neunzehnten Jahrhundert, als dort ein architektonisch ziemlich langweiliges Gotteshaus errichtet worden war, das St. John’s, und zwar auf jenem Grundstück, auf dem später – nachdem die Kirche es verkauft hatte – die berühmten Villard-Häuser entstanden waren, deren Bauweise einige Betrachter an die schmucklosen florentinischen Wohnsitze der Medici-Prinzen erinnerte. Da diese Häuser nach dem Zweiten Weltkrieg zu teuer geworden waren, als daß sie in Privatbesitz hätten bleiben können, wurden die geschichtsträchtigen Gebäude geräumt und stellten eine Zeitlang nichts weiter als mondäne, leere Erinnerungen an eine versunkene Epoche dar.
Im Jahre 1948 entschloß sich Francis Kardinal Spellman, Erzbischof von New York, der die leerstehenden Häuser von seinem Amtssitz in St. Patrick’s auf der gegenüberliegenden Seite der Madison Avenue Tag für Tag sehen konnte, sie zurückzuerwerben. In kürzester Zeit breitete sich die Kirche mit ihren zahllosen Zweigen in diesen altehrwürdigen Gebäuden aus. Das Goldene Zimmer im Hause 451 Madison Avenue wurde zum Versammlungssaal der
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