Assassini
andere Institutionen.«
»Also standen Ihre Ansichten in krassem Widerspruch zu denen meiner Schwester.«
»Sie sollten dieser Sache nicht zuviel Gewicht beimessen«, sagte er. »Manchmal bin auch ich anderer Meinung als mein Vorgesetzter, Kardinal D’Ambrizzi. Heutzutage sind Meinungsunterschiede innerhalb der Kirche die Regel …«
»Dann glauben Sie also nicht, daß meine Schwester ihrer Überzeugungen wegen ermordet wurde?«
»Ich habe keine Ahnung, aus welchem Grund sie oder Lockhardt oder Heffernan ermordet wurden.«
Ich dachte über Val nach, über Sandanato und darüber, was Drew Summerhays mir über Lockhardts Betätigungen berichtet hatte. Wie hatten sie alle so tief, so vollkommen, so total in ein und dieselbe Kirche eingebunden sein können? Für mich hatte es den Anschein, als hätte jeder von ihnen einer anderen, seiner ureigenen Kirche gedient.
»Ich werde es herausfinden.« Meine Stimme hörte sich an, als käme sie von einer zerkratzten Schallplatte. Vielleicht wollte ich mit dieser Bemerkung zu verstehen geben, daß ich enträtseln wollte, wessen Kirche für die wahre Kirche stand … oder wessen Kirche dazu bestimmt war, den Sieg davonzutragen. Vielleicht konnte ich das Kaleidoskop anhalten, wenigstens lange genug, um das Muster deutlich erkennen zu können.
»In diesem Falle muß ich Ihnen den gleichen Rat erteilen wie Schwester Elizabeth, mein Freund. Überlegen Sie sich Ihre Entscheidung reiflich – und überdenken Sie sie dann noch einmal. Sollten Sie versuchen, den Mörder Ihrer Schwester zu finden, müßten Sie sich in einer Welt bewegen, die Sie nicht kennen. Sie würden sich auf eine Sache einlassen, bei der Sie nicht die kleinste Chance haben, sie auch nur zu begreifen. Falls Sie es aber bleibenlassen, wird das Problem sich von selbst lösen.« Er drückte seine Zigarette aus. »Aber wenn Sie so fest entschlossen sind, warum kommen Sie dann nicht nach Rom? Begleiten Sie mich dorthin. Stellen Sie Ihre Fragen, reden Sie mit Kardinal D’Ambrizzi – wie ich gehört habe, kennen Sie ihn aus Ihrer Kindheit. Ich bin sicher, er wäre erfreut, Sie wiederzusehen.«
»Schon möglich, daß meine Suche mich nach Rom führt«, sagte ich, »aber jetzt noch nicht. Ich lege keinen Wert darauf, von allen hohen Würdenträgern gesagt zu bekommen, das alles zu vergessen und mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.«
»Tut mir leid«, sagte er. »Sie wissen, wie es ist. Was ihre Geheimnisse angeht, ist die Kirche äußerst streng und mißtrauisch.«
»Ich bedaure das auch, aber für mich ist es ein Muß, in dieser Sache …«
»Wir alle müssen uns daran beteiligen, die Wahrheit darüber herauszufinden, was geschehen ist.«
»Da liegt der Unterschied. Es ist wie beim Schinken mit Ei. Für das Schwein ist es ein Muß. Das Huhn ist nur beteiligt.«
Die Implikation wurde ihm sofort deutlich, trotz seiner nur schulmäßigen Kenntnis der englischen Sprache, und er zeigte mir durch sein Lächeln und sein Kopfnicken, daß er begriffen hatte, was ich meinte.
Sandanato machte keinen Hehl aus seinen Standpunkten. Er hatte keine Vorbehalte, mir zu berichten, wie und warum Val und er sich entzweit hatten. Ich war ihm dankbar für seine Bereitwilligkeit, mich ins Bild zu setzen – wenngleich es ein Bild aus seiner Warte war. Sandanato lebte, das mußte ich eingestehen, wirklich für den Vatikan. Er war ein Mensch, der seine Meinungen über die Rolle der Kirche von seinen privaten menschlichen Beziehungen und den damit verbundenen Emotionen trennen konnte, doch wenn es zur Interessenkollision kam, würde er sich immer voll und ganz hinter die Kirche stellen, da war ich sicher. Er führte gern Streitgespräche, kreuzte mit einem Gegner gern die geistigen Klingen, und das beherrschte er, weiß Gott. Er konnte Theorie und Praxis miteinander verschmelzen, ins Gleichgewicht bringen, und das immer zum Wohle der Kirche. Aber schließlich war er nicht nur D’Ambrizzis Gewissen: Elizabeth hatte gesagt, er sei außerdem so etwas wie der Stabschef des Kardinals, und D’Ambrizzi war ein bekanntermaßen weltlicher Mensch. Es erleichterte mich jedenfalls, nach meinem unerfreulichen Streit mit Schwester Elizabeth mit Sandanato zu reden. Bei ihm wußte ich wenigstens, wo er stand. Aber nichts konnte meine Meinung ändern, und ich ließ Monsignore Sandanato auch nicht im Zweifel darüber.
Wir fuhren gemeinsam nach Princeton, holten Margaret Korder ab und aßen in einem kleinen französischen Restaurant zu
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