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Assassini

Assassini

Titel: Assassini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Muskulatur an den grundlegenden Bewegungsablauf zu erinnern. Als ich schließlich erschöpft die Hände auf die Knie stützte, mich vom Schwung tragen ließ und langsam zum Stehen kam, sah ich, wie Sandanato sich erstaunlich elegant übers Eis bewegte, bis er plötzlich zu taumeln begann und grotesk mit den Armen ruderte; und dann plumpste er hart auf den Allerwertesten und blickte zum Himmel auf, als würde er seinen Big Boss um Hilfe bitten. Er strampelte und rutschte und schlitterte, als er versuchte, wieder auf die Kufen zu kommen, und ich fuhr auf wackligen Beinen zu ihm hinüber, reichte ihm die Hand und half ihm auf, und wie zwei Männer in einem Stummfilm wurden wir beide zu Opfern unserer Tolpatschigkeit und stürzten gemeinsam zu Boden, hockten mit ausgestreckten Beinen auf dem Eis, rangen nach Atem, lachten. Schließlich schafften wir es, wieder auf die Füße zu kommen. Feuchte weiße Schwaden drangen aus des Monsignores Nase und Mund und zerfaserten im Abendwind.
    »Mutter Gottes«, sagte er atemlos, »wer ist bloß auf diese Idee gekommen?« Er wühlte in seiner Hosentasche, brachte eine Schachtel Gauloises zum Vorschein, zündete sich keuchend eine Zigarette an und steckte das kleine goldene Feuerzeug zurück in die Tasche. Er warf mir einen Blick zu, in dem wilde Entschlossenheit stand, stieß sich wieder ab und schaffte es, auf den Kufen zu bleiben, bis seine Silhouette allmählich schwand und schließlich mit dem dunklen Hintergrund verschmolz.
    Der trockene Pulverschnee biß mir ins Gesicht, und ich spürte, wie der Schweiß auf meiner Haut zu trocknen und zu gefrieren begann; er platzte wie eine hauchfeine Eiskruste, als auch ich mich wieder in Bewegung setzte. Sandanatos Gestalt war auf der gegenüberliegenden Seite des Teichs schemenhaft im Mondlicht zu erkennen, und ich beobachtete ihn einen Moment lang und hoffte, daß ihm das Schlittschuhlaufen soviel Spaß machte, wie er es sich gewünscht hatte. Dann konzentrierte ich mich wieder auf die eigenen Bemühungen, spürte, wie meine Muskeln sich im Rhythmus der Schritte spannten und wieder entspannten. Mein Gott, Val war immer regelrecht hysterisch geworden, wenn sie mich beim Schlittschuhlaufen beobachtet hatte. Einen dressierten Bären hatte sie mich genannt. Ich war schon wieder schweißgebadet, als ich zufällig einen weiteren Mann sah, der irgendwo aus der Finsternis gekommen war, um an der Eröffnung der diesjährigen Eislaufsaison teilzunehmen.
    Sandanato und ich befanden uns noch immer auf den gegenüberliegenden Seiten des fast rechteckigen Teichs. Ich konnte ihn kaum erkennen. Seine Bewegungen waren langsam und gemessen, als sei er darauf bedacht, nicht zu stürzen.
    Ich lief auf der Seite, wo der Bach in unseren Teich mündete. Der Neuankömmling war etwa zwanzig Meter entfernt im Mondlicht zu sehen, und er kam genau auf mich zugefahren; seine Arme pendelten leicht im Rhythmus der Schritte, als er sich näherte. Ich verlangsamte mein Tempo, beobachtete ihn, beneidete ihn um seine Anmut. Er war ein sehr guter Schlittschuhläufer. Ich drehte langsam einige weite Kreise, stolz darauf, daß ich dabei nicht zu Boden stürzte, obgleich ich ziemlich bedenklich ins Wanken geriet, als ich mein Gewicht so verlagerte, daß ich dem Ankömmling zuwinken konnte.
    Er hob lässig eine Hand, um meinen Gruß zu erwidern. Er war ein viel besserer Schlittschuhläufer als ich und kam unbeirrt auf mich zu. Der Wind erfaßte seinen Mantel; er flatterte wie ein Schleier hinter dem Fremden her. Er trug einen schwarzen Filzhut, und als er nur noch ein paar Meter entfernt war, sah ich das Mondlicht auf seinen Brillengläsern funkeln.
    »Schöner Abend«, sagte ich, als er mich schließlich erreicht hatte und mich umkreiste. Mein Atem ging schwer. Das Gesicht des Mannes war vom Wind gerötet. Er war schon älter; tiefe Furchen und Falten hatten sich in sein Antlitz gegraben; er hatte ein markantes Gesicht mit ausgeprägter Nase und einem breiten, dünnen Mund.
    »Ja, schöner Abend«, sagte er, und ich konnte nicht begreifen, warum er nicht anhielt, sondern weiter auf mich zugefahren kam. Es war ein dämlicher Gedanke, aber für einen Moment dachte ich, daß er vielleicht nicht wußte, wie man auf Schlittschuhen bremste. Und dann, innerhalb eines Sekundenbruchteils, erkannte ich, daß etwas nicht stimmte.
    Er hielt irgend etwas in der Hand, tief in den Falten seines schwarzen Mantels verborgen. Es schimmerte im Mondlicht.
    Ich drehte mich um zu Sandanato, der

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