Assassino
denn hinter mir waren sie her.«
»Wenn jemand für die Vorfälle die Schuld trägt, dann bin ich es«, sagte Ilyas ruhig. Alle Blicke fuhren zu ihm herum. Sein linkes Auge war halb zugeschwollen, und Kati, die neben ihm saß, presste ihm in regelmäßigen Abständen ein Kühlkissen dagegen, was er zu ihrem Erstaunen willig geschehen ließ.
»Ich kannte die Leute, die uns überfallen haben, und ich wusste, dass sie etwas gegen Katis Vater planen.«
Diese Information traf Kati wie ein Schlag. Sie ließ das Kissen sinken. »Du?«, stieß sie hervor.
Er nickte. »Sie wollten mich schon vorher töten. Und ich habe ihnen nicht verraten, wo wir uns zum Essen getroffen haben.«
Er berichtete von seinen Erlebnissen mit der Bruderschaft und der merkwürdigen Verbundenheit, die er mit den Männern empfunden hatte. »Sie waren Assassinen, so wie ich«, beendete er seinen Bericht.
»Assassinen?«, rief Chris triumphierend. »Also habe ich doch recht gehabt!«
»Moment, Moment, das geht mir etwas zu schnell.« Martin Bergman klopfte mit dem Löffel gegen seine Tasse. »Kann mich vielleicht mal jemand aufklären, was es mit diesen Assassinen auf sich hat? Ich meine, ich weiß, wer sie gewesen sind, aber was hat das mit uns zu tun?«
»Es ist etwas, woran sich Ilyas während der Hypnose erinnert hat«, erklärte Kati. Aber sie wollte etwas ganz anderes wissen. »Warum bist du dir deiner Sache so sicher?«
»Weil ich noch einmal bei diesem Arzt war und er mich erneut in Schlaf versetzt hat. Dabei ist herausgekommen, dass sie mich in Alamut zu einem Assassinen ausgebildet haben.«
»Aber Alamut ist eine Ruine«, widersprach Bergman. »Und das schon seit vielen Jahrhunderten. Da wird niemand mehr ausgebildet.«
»Wir sprechen auch nicht über die heutige Zeit«, sagte Paola leise. »Vielleicht sollte ich dazu eine Geschichte erzählen, eine Legende, wenn ihr so wollt.« Sie blickte fragend in die Runde. Niemand erhob Einspruch.
»Wie Kati und Chris wissen, sind die Assassinen mein Spezialgebiet. Schon seit meinen frühen Schultagen fasziniert mich dieser Geheimorden, über den es mehr Gerüchte gibt als Tatsachen. Man weiß heute, dass er gegründet wurde von Hasan-i-Sabbah, einem religiösen Eiferer, der ein Zeitgenosse und vielleicht auch Freund des berühmten Poeten und Astronomen Omar Khayam war. Im Jahre 1090 brachte sich Hasan in den Besitz der Bergfestung Alamut nahe dem Kaspischen Meer, die als uneinnehmbar galt.
Es ranken sich viele Gerüchte um Hasan. Sicher ist, dass er Jugendliche zu Fedajin ausbildete, zu Gotteskriegern. Sie sollten die Gegner des Glaubens töten. Wer ein solcher Gegner war, das legte Hasan alleine fest. Die jungen Männer wurden von den besten Lehrern im Lesen und Schreiben, den Wissenschaften und vor allem der Kampfkunst unterrichtet. Sie waren so eine Art Elitetruppe, die Navy Seals ihrer Zeit.
Man sagt, er habe sie zu ihren häufig selbstmörderischen Anschlägen bewegt, indem er sie mit Haschisch betäubte und in einen versteckten Garten unterhalb der Festung bringen ließ, wo sie eine gewisse Zeit von schönen Frauen verwöhnt wurden. Dies sei, so erklärte ihnen Hasan hinterher, ein kurzer Blick ins Paradies gewesen, in das sie bei ihrem Tod zurückkehren würden. »
«Kommt daher nicht auch der Name
Assassinen
?«, fragte Bergman. »Ich habe mal gelesen, dass er vom Wort ›Haschisch‹ abgeleitet ist.«
»Gut möglich«, sagte Paola. »Jedenfalls trat nach Hasans Tod das religiöse Element mehr und mehr zurück und die Assassinenwurden zu Auftragsmördern. Wenn der Preis stimmte, schickte das jeweilige Oberhaupt seine Fedajin los. Und so verkam, was einst als religiöse Sekte mit durchaus nachvollziehbaren Zielen begonnen hatte, zu einem schmutzigen Geschäft.«
Sie machte eine kleine Pause und nahm einen Schluck aus dem Wasserglas. »Ein Meister darin war Raschid-al-Din, der auch
der Alte vom
Berg genannt wurde. Er betrieb eine Art Zweigstelle der Assassinen auf der Festung Maysaf im heutigen Syrien. Während der Kreuzzüge verdingte er sich mal für die eine, mal für die andere Seite. Und es fanden sich immer genug Männer, die bereit waren, für ihn in den Tod zu gehen.«
»Danke für die Geschichtslektion«, unterbrach sie Kati. Ihr war nicht klar, worauf Paola hinauswollte. »Das kann man alles auch bei Wikipedia nachlesen. Wolltest du nicht etwas von einer Legende erzählen?«
»Dazu muss man die Vorgeschichte kennen, und ich wusste nicht, ob alle hier auf demselben
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