Assassin's Creed Bd. 5 - Forsaken - Verlassen
befanden nur noch wir zwei uns an der Spitze. Ich und General Braddock.
Ich zog meine Pistole.
„Edward“, sagte ich und genoss den Augenblick, als er im Sattel herumfuhr und sein Blick von mir zum Lauf meiner Pistole und dann wieder zu mir wanderte. Er machte den Mund auf, ich wusste nicht, zu welchem Zweck, wahrscheinlich wollte er um Hilfe rufen, aber diese Gelegenheit wollte ich ihm nicht geben. Für ihn gab es jetzt kein Entkommen mehr.
„Am anderen Ende des Laufs ist das Vergnügen nicht so groß, was?“, meinte ich, und mein Finger krümmte sich um den Abzug …
In genau diesem Moment wurde das Regiment mit ohrenbetäubendem Kriegsgeheul angegriffen! Verdammt, die Falle war zu früh zugeschnappt! Mein Pferd zuckte zusammen, und der Schuss ging fehl. In Braddocks Augen blitzten Hoffnung und Triumph auf, als plötzlich überall um uns her Franzosen waren und Pfeile aus den Bäumen auf uns niederzuregnen begannen. Im nächsten Augenblick trieb Braddock sein Pferd schon in Richtung der Bäume, während ich wie gelähmt von der unvermittelten Wende der Ereignisse im Sattel saß, meine leer geschossene Pistole in der Hand.
Dieses Zögern kostete mich um ein Haar das Leben. Ich war einem Franzosen – blaue Jacke, rote Hose – im Wege, der schwertschwingend direkt auf mich zuhielt. Es war zu spät, um meine versteckte Klinge zum Einsatz zu bringen. Zu spät, um mein Schwert zu ziehen.
Und dann, ebenso plötzlich, flog der Franzose förmlich aus dem Sattel, wie von einem Seil vom Rücken seines Pferdes gerissen, sein Kopf explodierte an der Seite in einer roten Wolke. Im selben Moment hörte ich den Schuss und sah hinter dem Franzosen meinen Freund Charles Lee auf einem Pferd.
Ich nickte ihm zu, würde ihm später aber noch ausdrücklicher danken, denn jetzt sah ich Braddock zwischen den Bäumen verschwinden. Seine Füße hieben regelrecht auf die Flanken seines Pferdes ein, während er hastig einen Blick nach hinten warf und sah, wie ich die Verfolgung aufnahm.
II
Ich trieb mein Pferd mit lauten Rufen an, setzte Braddock in den Wald nach, passierte Indianer und Franzosen, die den Hügel herunter auf die Kolonne zustürmten. Vor mir regneten Pfeile auf Braddock herab, aber keiner davon traf ihn. Jetzt schnappten auch die Fallen zu, die wir errichtet hatten. Ich sah, wie der Karren, den wir mit Schießpulver beladen hatten, zwischen den Bäumen hervorrollte und eine Gruppe von Grenadieren auseinandertrieb, bevor er explodierte und reiterlose Pferde von der Kolonne fortscheuchte, während über mir einheimische Scharfschützen angsterfüllte und orientierungslose Soldaten abschossen.
Braddock blieb mir frustrierend weit voraus, bis das Terrain schließlich zu beschwerlich für sein Pferd wurde. Es bäumte sich auf und warf ihn ab.
Vor Schmerz aufheulend rollte Braddock durch den Dreck und tastete kurz nach seiner Pistole, bevor er es sich anders überlegte, sich aufrappelte und zu rennen anfing. Mir war es ein Leichtes, ihn einzuholen. Ich spornte mein Pferd an.
„Ich hatte Euch nie für einen Feigling gehalten, Edward“, sagte ich, als ich ihn erreichte und meine Pistole auf ihn richtete.
Er blieb stehen, kreiselte herum und sah mich an. Da war sie, diese Arroganz in seinem Blick. Die Verachtung und der Spott, die ich so gut kannte.
„Dann kommt doch“, höhnte er.
Ich lenkte mein Pferd auf ihn zu, die Waffe fest in der Hand, als plötzlich ein Schuss krachte, mein Tier tot unter mir zusammenbrach und ich schwer zu Boden stürzte.
„Ich wusste schon immer“, hörte ich Braddock rufen, „dass Euch Euer Hochmut eines Tages zu Fall bringen würde.“
Jetzt war George Washington an seiner Seite, der seine Muskete anhob und auf mich richtete. Augenblicklich empfand ich ein heftiges, bittersüßes Gefühl von Trost darüber, dass ich wenigstens durch Washingtons Hand sterben würde, der offenkundig ein Gewissen besaß und ganz anders war als der General. Ich schloss meine Augen, bereit, den Tod zu empfangen. Ich bedauerte, dass es mir nicht gelungen war, die Mörder meines Vaters zur Rechenschaft zu ziehen, und dass ich den Geheimnissen jener, die vorher kamen, fast zum Greifen nahegekommen war, das Lagerhaus jedoch nie betreten hatte. Und ich wünschte, ich hätte sehen können, wie die Ideale meines Ordens sich über die Welt verbreiteten. Unterm Strich hatte ich es zwar nicht geschafft, die Welt zu verändern, aber ich hatte mich selbst geändert. Ich war nicht immer ein guter Mensch gewesen,
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