Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
verließen Valencia, und nachdem sie einige Tage lang auf ihren ersten Pferden geritten waren – während derer Leonardo sich unaufhörlich bitterlich beklagt hatte –, erreichten sie die wunderschöne Gebirgslandschaft rund um die kleine Stadt Cuenca. Dann ging es wieder hinunter in die Ebene von Madrid und durch die Königsstadt, wo sich die Banditen, die sie auszurauben versuchten, im Handumdrehen tot auf der Straße wiederfanden. Von dort aus ritten sie in nördlicher Richtung nach Segovia. Die Stadt wurde von der Burg Alcázar überragt, und sie verbrachten die Nacht als Gäste des Seneschalls von Königin Isabella von Kastilien.
Sie setzten ihren Weg über offenes Land fort, wo sie von maurischen Wegelagerern, die König Ferdinand durch die Finger geschlüpft waren und dort draußen bereits zwölf Jahre lang überlebt hatten, überfallen und beinah ausgeraubt wurden. Ferdinand, König von Aragon, Sizilien und Neapel, war durch seinen Großinquisitor Tomás de Torquemada zum Gründer der spanischen Inquisition und zur Geißel der Juden geworden; aber durch seine Heirat mit Isabella hatte er Aragon und Kastilien vereinigt und war auf dem Weg, Spanien zu einer einzigen Nation zusammenzuschmieden. Ferdinand hatte es auch auf Navarra abgesehen, allerdings fragte sich Ezio, welchen Einfluss die Pläne des bigotten Königs auf dieses Land haben würden, an das Cesare doch so enge familiäre Bindungen hatte.
Ständig am Rande ihrer Kräfte ritten sie weiter und beteten, dass sie noch rechtzeitig kommen würden, um Michelettos Plan zu vereiteln. Aber trotz aller Eile, die sie an den Tag gelegt hatten, besaß er einen gehörigen Vorsprung.
60
Micheletto und seine kleine Gruppe unentwegter Anhänger zügelten ihre Pferde und stellten sich in den Steigbügeln auf, um zur Burg La Mota zu schauen. Sie beherrschte das Städtchen Medina del Campo und war erbaut worden, um Schutz vor den Mauren zu bieten.
Micheletto hatte gute Augen, und er konnte selbst über diese Entfernung den roten Schal sehen, den Cesare aus seinem Zellenfenster gehängt hatte. Es war das oberste Fenster im mittleren Turm, und es brauchte keine Gitter, weil es niemals jemandem gelungen war, aus La Mota zu fliehen. Kein Wunder! Die Mauern waren von begabten Steinmetzen des elften Jahrhunderts gebaut worden, und die Steinblöcke waren so kunstfertig aneinandergefügt, dass die Oberfläche glatt wie Glas war.
Es war gut, dass sie auf die Idee mit dem roten Schal gekommen waren; andernfalls wäre es Micheletto schwergefallen, seinen Herrn zu finden. Der Mittelsmann, ein Wachfeldwebel der Burg, der vor einiger Zeit in Valencia für die Sache der Borgia gewonnen werden konnte, war perfekt, und einmal bestochen, hatte er sich als absolut zuverlässig erwiesen. Dennoch würde es schwierig werden, Cesare zu befreien. Seine Zellentür wurde ununterbrochen von zwei Gardisten bewacht, die zu einem Trupp gehörten, den Papst Julius zur Verfügung gestellt hatte und der durch und durch unbeugsam und unbestechlich war. Somit war es also nicht möglich, Cesare auf dem direkten Weg aus seiner Zelle zu holen.
Micheletto maß die Höhe des Mittelturms mit dem Auge. Wenn sie erst einmal in der Burg wären, müssten sie an einer fast fugenlos glatten Wand hundertvierzig Fuß weit in die Höhe steigen. Diese Möglichkeit fiel also ebenfalls aus. Micheletto dachte über das Problem nach. Er war ein praktischer Mann, aber seine Spezialität war das Töten, nicht das Lösen von Problemen, und darum tauchte in seinen Gedanken immer wieder das Werkzeug auf, dessen er sich in der Ausübung seiner bevorzugten Tätigkeit hauptsächlich bediente – das Seil.
„Wir reiten etwas näher“, sagte er zu seinen Begleitern. Anstatt ihrer gewohnten schwarzen Gewänder trugen sie alle Jagdkleidung, um möglichst wenig oder besser noch gar kein Misstrauen zu erregen. Er hatte zehn Männer dabei, und jeder von ihnen war im Rahmen der üblichen Ausrüstung mit einem langen Seil ausgestattet.
„Wir sollten uns nicht zu nahe heranwagen“, warnte sein Adjutant, „sonst können uns die Wachen von den Wehrgängen aus sehen.“
„Und was würden sie da sehen? Eine hungrige Jagdgesellschaft, die nach Medina kommt, um sich zu stärken. Mach dir keine Sorgen, Girolamo!“
Doch die Bemerkung ließ in Micheletto eine Idee keimen, und er fuhr fort: „Wir reiten zur Stadt.“
Der Ritt dauerte eine halbe Stunde, in der Micheletto schweigsamer als gewöhnlich war. Die narbige Stirn
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