Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
weil sie ihn für einen der ihren hielten.
Als er am Tor angesprochen wurde, schlug ihm das Herz bis zum Halse. Doch zum Glück kam Juan zu seiner Rettung.
„Ist schon gut. Ich bringe ihn zum Wachhaus.“
Was war los? So nah und doch so fern.
„Keine Sorge“, flüsterte Juan.
Im Wachhaus trafen sie auf zwei schlafende Männer. Juan weckte einen von ihnen mit einem Tritt.
„Wach auf, Domingo! Dieser Mann hat die Erlaubnis, in die Stadt zu gehen. Man hat vergessen, mehr Stroh für die Ställe zu bestellen, und es wird gebraucht, bevor die Frühpatrouille ausrückt. Bring ihn zum Nebentor, erklär’s den Wachen dort und lass ihn hinaus!“
„Jawohl!“
Cesare folgte dem Mann durch die Seitenpforte, die hinter ihm fest verschlossen wurde, und hinkte durchs Mondlicht in die Stadt hinunter. Welch ein Segen es war, nach so langer Zeit wieder die kühle Nachtluft auf seiner Haut zu fühlen! Seit 1504 hatte er in diesem Loch gesessen, aber jetzt war er frei. Und er war erst dreißig – er würde sich alles zurückholen, und an seinen Feinden, insbesondere an der Bruderschaft der Assassinen, würde er so furchtbare Rache üben, dass Caterina Sforza mit ihren Liquidationen in Forlì dagegen wie ein gütiges Kindermädchen wirken würde.
Am vereinbarten Treffpunkt hörte und roch er die Pferde, und er dankte Gott für Micheletto. Dann sah er sie – sie waren alle da – im Schatten der Kirchenmauer. Für ihn stand ein edles schwarzes Ross bereit. Micheletto saß ab und half ihm in den Sattel.
„Seid willkommen, Excellenza“, sagte er. „Jetzt müssen wir uns beeilen. Dieser elende Assassino Ezio Auditore ist uns auf den Fersen.“
Cesare schwieg. Er dachte über den langsamsten Tod nach, den er dem Assassinen bescheren konnte.
„Ich habe mich in Valencia bereits um alles gekümmert“, fuhr Micheletto fort.
„Gut.“
In südöstliche Richtung ritten sie in die Nacht davon.
61
„Er ist entkommen!?“ Ezio war die letzten Meilen nach La Mota geritten, ohne sich, seine Gefährten oder ihre Pferde zu schonen, denn seine unguten Vorahnungen hatten sich zunehmend verstärkt. „Nach über zwei Jahren? Wie war das möglich?“
„Das Ganze war sorgfältig geplant, signore“, sagte der unglückselige Statthalter der Burg, ein dicklicher Mann von sechzig Jahren mit einer stark geröteten Nase. „Wir sind gerade dabei, den Vorfall offiziell zu untersuchen.“
„Und was habt Ihr herausgefunden?“
„Bis jetzt …“
Aber Ezio hörte schon nicht mehr hin. Er ließ den Blick durch die Burg schweifen. Sie sah genauso aus, wie der Apfel sie ihm gezeigt hatte. Und dieser Gedanke weckte in Ezio die Erinnerung an eine weitere Vision, die der Apfel ihm geschenkt hatte, von einer Armee, die sich in einem Hafen sammelte … Das war der Hafen von Valencia gewesen!
Seine Gedanken rasten.
Er musste so schnell wie möglich zurück zur Küste.
„Gebt mir frische Pferde!“, rief er.
„Aber, signore …“
Machiavelli und Leonardo sahen einander an.
„Ezio, so dringend es auch sein mag, müssen wir uns doch erst einmal ausruhen, wenigstens für einen Tag“, sagte Machiavelli.
„Für eine Woche“, stöhnte Leonardo.
Letztlich verzögerte sich ihr Aufbruch, weil Leonardo krank wurde. Er war erschöpft und vermisste Italien. Ezio war beinah versucht, ihn kurzerhand zurückzulassen, aber Machiavelli riet ihm, die Ruhe zu bewahren.
„Er ist Euer alter Freund, und in weniger als zwei Monaten können unsere Feinde keine Armee und Flotte auf die Beine stellen.“
Ezio gab nach.
Die Ereignisse sollten zeigen, dass er recht hatte – und dass Leonardo von unschätzbarem Wert war.
62
Binnen eines Monats waren Ezio und seine Gefährten wieder in Valencia, wo sie die Stadt in heller Aufruhr vorfanden. Machiavelli hatte das Tempo, in dem die Dinge sich in einer so wohlhabenden Stadt entwickeln konnten, unterschätzt.
Männer hatten heimlich Musterungen vorgenommen, und jetzt gab es gleich außerhalb von Valencia ein riesiges Soldatenlager mit rund tausend Mann. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass die Borgia den Söldnern gute Bezahlung boten. Angehende Soldaten kamen von weit her, sogar aus Barcelona und Madrid und aus allen Provinzen, von Murcia bis La Mancha. Borgia-Geld sorgte dafür, dass eine Flotte von etwa fünfzehn Schiffen – schnell zu besteigende Truppenschiffe und dazu ein halbes Dutzend kleiner Kriegsschiffe zu ihrem Schutz – aufgestellt wurde.
„Nun, ich würde sagen, wir
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