Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
Lohn, und Ezio wusste nur zu gut, wie intelligent sein einstiger Freund war. Wenn Leonardo Cesare in die Geheimnisse des Apfels einweihte oder, schlimmer noch, wenn Rodrigo ihn wieder in die Finger bekäme …
Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Der Gefahr, die der Apfel bedeutete, würde er sich stellen, wenn sie akut wurde.
„Bleib doch noch! Rom liegt meilenweit im Süden. Kannst du nicht wenigstens noch einen oder zwei Tage warten?“, fragte Claudia.
„Die Borgia werden nicht ruhen, und der böse Geist der Templer reitet mit ihnen“, antwortete Ezio kühl. „Niemand wird ruhig schlafen können, bis ihre Macht gebrochen ist.“
„Und wenn es dazu nie kommt?“
„Wir dürfen den Kampf nie aufgeben. In dem Moment, da wir dies täten, hätten wir verloren.“
„È vero.“ Seine Schwester ließ die Schultern sinken, doch dann straffte sie sich wieder. „Der Kampf darf nie aufgegeben werden“, sagte sie mit fester Stimme.
„Bis zum Tod“, ergänzte Ezio.
„Bis zum Tod.“
„Pass auf dich auf!“
Ezio beugte sich aus dem Sattel nach unten und küsste Mutter und Schwester, dann wendete er das Pferd und lenkte es auf die Straße nach Süden. Sein Kopf pochte unter dem Schmerz seiner Wunde und der Erschöpfung durch den Kampf. Mehr noch taten ihm jedoch Herz und Seele weh wegen Marios Tod und der Gefangennahme Caterinas. Er fröstelte bei dem Gedanken daran, dass sie sich in den Fängen der bösen Borgia befand. Er konnte sich lebhaft vorstellen, welches Schicksal ihr in den Händen dieser Familie drohte. Er würde einen Bogen um die Borgia-Truppen schlagen müssen, aber sein Instinkt verriet ihm, dass Cesare sich nun, da er sein Hauptziel erreicht hatte – die Eroberung der Assassinen-Festung –, auf den Heimweg machen würde. Natürlich quälte Ezio auch die Frage um Caterinas Sicherheit, doch wusste er ebenso, dass sie sich niemals kampflos geschlagen geben würde.
Am wichtigsten war es jetzt, jenes Geschwür aufzustechen, das in Italien wucherte, und zwar bald, bevor es das ganze Land infizieren konnte.
Ezio trieb das Pferd an und galoppierte über die staubige Straße gen Süden.
Ihm war schwindlig vor Müdigkeit, aber er zwang sich, wach zu bleiben. Er schwor sich, nicht zu rasten, bis er die heruntergekommene Hauptstadt seines geplagten Landes erreicht hatte. Es lagen noch viele Meilen vor ihm, bis er sich würde schlafen legen können.
13
Wie dumm es doch gewesen war, mit seiner Verwundung so lange und so weit nach Süden zu reiten und nur um des Pferdes willen zu rasten. Ein Postpferd wäre die klügere Wahl gewesen, aber das braune Ross, Agnella mit Namen, war seine letzte Verbindung zu Mario.
Wo befand er sich? Er erinnerte sich an einen baufälligen, schmutzigen Vorort und dann, wie daraus emporwachsend, an einen ehemals majestätischen gelben steinernen Bogen, ein früheres Tor in der Mauer einer einst prächtigen Stadt.
Eigentlich wollte Ezio zuerst Machiavelli aufsuchen – um den Streit beizulegen, der entstanden war, weil er sich nicht vergewissert hatte, dass Rodrigo Borgia wirklich tot war.
Aber, lieber Gott, er war so müde.
Er ließ sich auf dem Strohlager, auf dem er sich wiederfand, nach hinten sinken. Er roch das trockene Stroh, versetzt mit einem schwachen Geruch nach Kuhmist.
Wo war er?
Plötzlich drängte sich mit aller Macht ein Bild von Caterina vor sein geistiges Auge. Er musste sie befreien. Sie mussten endlich zusammen sein.
Aber vielleicht sollte er auch sich von ihr befreien, obgleich ihm sein Herz sagte, dass er das eigentlich nicht wollte. Wie konnte er ihr vertrauen? Wie konnte ein einfacher Mann je das komplexe Gebilde weiblicher Gedanken begreifen? Die Qualen der Liebe schienen auch mit zunehmendem Alter nicht geringer zu werden.
Benutzte sie ihn?
Ezio hatte sich immer so etwas wie ein geheimes Zimmer in seinem Herzen bewahrt, ein sanctum sanctorum , ein Allerheiligstes, das verschlossen blieb, selbst für seine engsten Freunde und seine Mutter – die davon wusste und es respektierte –, für seine Schwester sowie seine verstorbenen Brüder und seinen Vater.
War Caterina in diesen Raum eingebrochen? Er war nicht imstande gewesen, die Ermordung seines Vaters und seiner Brüder zu verhindern, doch beim Herrn und dem Kreuz, er hatte sein Möglichstes getan, um seine Mutter und Claudia zu schützen.
Caterina konnte auf sich selbst aufpassen. Sie war wie ein Buch, das sich nicht so ohne Weiteres aufschlagen ließ. Und
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