Assassin's Creed: Die Bruderschaft (German Edition)
angefacht werden müssen oder mehr Holz gebraucht. Angestrengt spähte Ezio nach den beiden Wolfsmännern. Sie nahmen sich im Dunkeln wie graue Schatten aus. Ezio ließ sich in die Finsternis zurückfallen, verstaute die Papiere unter seiner Kleidung und wartete.
Die Wolfskreaturen mochten über die Kräfte eines Wahnsinnigen verfügen, aber besonders geschickt konnten sie nicht sein, außer vielleicht in der Kunst, Menschen zu Tode zu erschrecken. Zumindest konnten sie nicht leise sein und sich nicht lautlos bewegen. Indem er sich mehr auf seine Ohren als auf seine Augen verließ, gelang es Ezio, sie zu umgehen, immer dicht an der Wand entlang, bis er sich hinter ihnen wusste, während sie glaubten, er befände sich noch irgendwo in der Dunkelheit vor ihnen.
Er durfte keine Zeit verschwenden. Darum steckte er das Schwert weg, ließ die verborgene Klinge hervorschnellen, trat leise wie ein echter Wolf hinter einen seiner Gegner, packte ihn und schnitt ihm die Kehle durch. Der Mann starb auf der Stelle, ohne einen Laut von sich zu geben, und Ezio ließ den Leichnam leise zu Boden sinken. Er überlegte, ob er den anderen gefangen nehmen sollte, aber er hatte keine Zeit für ein Verhör. Es mochte noch mehr von ihnen geben, und Ezio war nicht sicher, ob er genug Kraft hatte, um gegen weitere dieser Kreaturen zu kämpfen. Er konnte die Panik des anderen Mannes spüren, und sein Gefühl bestätigte sich, als der andere seine Wolfsrolle aufgab und nervös in die stille Dunkelheit flüsterte: „Sandro?“
Daraufhin war es Ezio ein Leichtes, ihn zu finden, und abermals erwies sich die ungeschützte Kehle als das Ziel, auf das Ezio gehofft hatte. Diesmal wirbelte der Mann jedoch herum und fuchtelte mit seinen Klauen wild vor Ezio in der Luft herum. Er konnte Ezio sehen, doch der erinnerte sich daran, dass diese Kreaturen unter ihrer Verkleidung keinen Kettenschutz trugen. Er zog die verborgene Klinge ein und schnitt dem Mann mit seinem größeren und weniger eleganten Dolch, der den Vorteil einer gezahnten Klinge aufwies, die Brust auf. Das entblößte Herz und die Lungen glitzerten im Widerschein der niederbrennenden Flammen, als der letzte Wolfsmensch vornüberkippte und mit dem Gesicht ins Feuer fiel. Der Gestank von verbranntem Haar und Fleisch drohte Ezio fast zu übermannen, aber er sprang nach hinten und machte, dass er so schnell wie möglich hinaus an die frische Nachtluft kam.
Draußen stellte er fest, dass die Wolfsmänner sein Pferd nicht angerührt hatten. Vielleicht waren sie davon überzeugt gewesen, ihn in der Falle zu haben, sodass es die Mühe nicht lohnte, sich mit seinem Pferd zu befassen oder es wegzujagen. Er band es los und merkte, dass er zu sehr zitterte, um aufzusitzen. Darum nahm er das Tier stattdessen beim Zaum und führte es zurück zu den Bädern des Diokletian. Er hoffte, dass Machiavelli dort gut bewaffnet auf ihn wartete. Wenn er doch nur noch seine Kodexpistole hätte oder eine der Waffen, die Leonardo für seinen neuen Herrn angefertigt hatte. Aber andererseits hatte Ezio nun immerhin die Gewissheit, dass er einen Kampf auch noch kraft seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten gewinnen konnte, zwei Dinge, die sie ihm nicht nehmen konnten – bis zu dem Tag, an dem sie ihn gefangen nehmen und zu Tode foltern würden.
* * *
Auch auf dem kurzen Weg zurück zu den Bädern blieb Ezio auf der Hut. Hin und wieder zuckte er beim Anblick eines sich vermeintlich bewegenden Schattens zusammen – was ihm in jüngeren Jahren nie passiert wäre. Der Gedanke, bald in Sicherheit zu sein, wollte ihn nicht beruhigen. Was war, wenn ihn dort ein weiterer Hinterhalt erwartete? Und was war, wenn diese Kreaturen Machiavelli überrascht hatten? Wusste Machiavelli von der Secta Luporum ?
Wem galt Machiavellis Loyalität überhaupt?
Ezio erreichte die düstere, weitläufige Ruine – ein Denkmal für das vergangene Zeitalter, in dem Italien über die Welt geherrscht hatte – ohne weitere Zwischenfälle. Er machte kein Anzeichen von Leben aus, bis Machiavelli hinter einem Olivenbaum hervortrat und ihn knapp begrüßte.
„Was hat Euch so lange aufgehalten?!
„Ich war schon vor Euch hier. Aber dann wurde ich … abgelenkt.“ Ezio musterte seinen Verbündeten ungerührt.
„Was meint Ihr damit?“
„Ein paar Witzbolde in komischer Verkleidung. Kommt Euch das bekannt vor?“
In Machiavellis Augen blitzte es auf. „Waren sie als Wölfe verkleidet?“
„Dann kennt Ihr sie
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